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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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etwas, und es war bedeutsam. Wenn die Kopfschmerzen das bewirkten, dann waren sie trotz allem kein Fluch, sondern ein Segen.
    Die heiligen Märtyrer des Altertums müssen sich so gefühlt haben, ging ihr eines Morgens auf, als sie auf die Interstate 10 fuhr, einen Wärmebecher mit Kaffee in der Hand, dessen Polyesterpolster sich in ihrer Hand erwärmte wie ein kleines, zum Leben erwachendes Tier. Jede Wunde eine Gabe Gottes. Jeder Peitschenschlag ein göttlicher Kuß.
    Aber die Märtyrer starben, sagte sie sich. Dadurch wurden sie erst Märtyrer.
    Selbst dieser Gedanke konnte sie nicht aus der Ruhe bringen. Der Himmel war grau und kalt, die zusammengekauerten Vögel saßen als regungslose Knäuel auf den Straßenschildern, aber etwas in ihr war so lebendig, daß sie fast nicht an den Tod glauben konnte.
    Tausend Meilen von allem entfernt, was sie kannte, und viele tausend mehr von dem Ort, wo sie geboren war, wußte Olga Pirofsky auf unerklärliche Weise, daß sie dabei war, endlich nach Hause zu kommen.

Kapitel
Ein Obolos für Persephone
    NETFEED/SITCOM-LIVE:
    »Sprootie« peppt dein Liebesleben auf!
    (Bild: Wengweng Chos Wohnzimmer)
    Cho: Chen Shuo, hilf mir! Ich kann mein Sprootie-Implantat nicht finden, und jeden Augenblick wird die Witwe Mai zu unserem Rendezvous erscheinen. Ohne Implantat wird sie mich wegen meiner Impotenz verspotten!
    Shuo (flüstert Zia zu): Dein Vater setzt viel zuviel Vertrauen in dieses chimärische Sprootie-Implantat. (Laut) Hier, Bürgermeister Cho. Ich habe es gefunden.
    Cho: Dem Himmel sei Dank! (Stürzt davon.)
    Zia: Du bist ein garstiger Kerl, Chen Shuo. Das war mein Panda-Implantat für den Biologieunterricht.
    Shuo: Sorg dafür, daß genug Bambussprossen im Kühlschrank sind!
    (Off: Lachen)
    Cho (aus dem Off): Ich bin heilfroh, daß ich jetzt die Witwe Mai mit stolzgeschwellter Männlichkeit beglücken kann – sie ist so attraktiv! Ihre Augen, ihre feuchte Nase, ihr schönes Fell …!
    (Off: anschwellendes Gelächter)
    Shuo: So geht’s, wenn ein Schwachkopf meint, daß Sprootie seine ganzen sexuellen Probleme löst.
    (Off: Lachen und Applaus)
     
     
    > Das angreifende Trojanerheer wirkte mehr wie eine rohe Naturgewalt als wie eine formierte Menschenansammlung – eine bronzen und silbern funkelnde gepanzerte Masse, die brüllend aus dem Skäischen Tor auf die Ebene hinausfegte wie ein alles niederwerfender Sturm. Die Griechen waren noch dabei, sich ihrerseits zu panzern, als die ersten trojanischen Streitwagen bereits die Mauer um das griechische Schiffslager erreichten. Pfeile flogen über die Brustwehr und zischten herab wie ein tödlicher Regen. Männer taumelten und fielen in der sandigen Erde aufs Gesicht, von gefiederten Schäften starrend. Ihre Gefährten konnten nicht einmal die Getroffenen bergen oder die Verwundeten von den Toten trennen – Leichen und Lebende wurden gleichermaßen von den Fliehenden niedergetrampelt, als die Griechen vor den trojanischen Bogenschützen Schutz suchten.
    Die Sonne lugte gerade erst über die Berge, und schon war das Tor des griechischen Lagers Schauplatz eines wütenden Gefechts. Der riesige Ajax, der in seinem Panzer so gewaltig wirkte wie ein in die Schlacht eingreifender Gott, war ausgesperrt worden, als man das Tor hastig geschlossen und verriegelt hatte; er hielt dem ersten trojanischen Angriff stand, aber er hatte nur wenige Männer dabei, und mehrere waren bereits von Pfeilen durchbohrt gefallen.
    Paul hatte noch nie im Leben etwas derart grauenhaft Entmenschtes gesehen. Als die erste Welle der trojanischen Wagen und Schützen ihre Pferde von der Mauer weglenkte und am Rand des großen Verteidigungsgrabens entlangjagte, kam die zweite Welle herangebraust, daß die Hufe donnerten wie gedämpfte Kesselpauken. Einer von Pauls Ithakesiern ging mit einem schwarzgefiederten Pfeil im Bauch zu Boden und rief noch hustend und Blut speiend die Götter an, ihm zu helfen.
    Wie kann ich mich aus einer Schlacht raushalten, in der ich mitten drin stehe? dachte Paul verzweifelt, als der verwundete Mann seine Beine ergriff. Er duckte sich tiefer und bemühte sich, das sterbende, spuckende Wesen neben sich möglichst zu ignorieren. Zwei in den Schild schlagende Pfeile rissen an seinem Arm. Was soll ich tun? Die Lanze, die er gepackt hielt, war ihm schon so schwer in der Hand wie eine Laternenstange. Ich kann mit diesen Scheißdingern nicht kämpfen, das hat mir nie jemand beigebracht!
    Die griechischen Bogenschützen hasteten jetzt die

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