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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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von Odysseus, hier im alten Griechenland. Sie … schlagen irgendwie Wurzeln in den Simulationen, füllen eine Lücke darin, vielleicht in der gleichen Weise, wie wirkliche Menschen bestimmte Rollen übernehmen, ihr zum Beispiel die Rollen von Achilles und Patroklos und ich die von Odysseus.«
    »Sag mal, wer zum Teufel ist dieser Patroklos eigentlich?« fragte Fredericks dazwischen. »Wir wissen, daß Achilles der Typ mit der schlappen Ferse ist, aber von diesem Patroklos haben wir noch nie was gehört.«
    Orlando fand, daß Jonas auf die Frage hin ein wenig leidend dreinblickte, aber sich bemühte, es nicht zu zeigen. »Das erzähl ich dir später. Erst würde ich das gerne fertig sortieren, nachher krieg ich’s vielleicht nicht mehr zu fassen.«
    Fredericks nickte betreten. »Chizz.«
    »Also, was können das für Personen sein«, fragte Jonas, »diese Waisen, die einfach herumirren, bis sie eine Figur finden, in die sie schlüpfen können?«
    Trotz seiner Erschöpfung fühlte Orlando, wie sein Interesse wieder wach wurde. »Die Kinder, so wie Renies Bruder?«
    »Könnte sein.«
    »Puh.« Orlando schüttelte ratlos den Kopf. »Und auch wie die Kinder im Gefrierfach. Das wäre total scännerös.« Er überlegte. »Aber würde das nicht bedeuten, daß deine Vogelfrau auch eine von der Sorte ist?«
    »Tja, möglicherweise.« Jonas schien die Vorstellung unangenehm zu sein. »Irgendwie kommt es mir nicht so vor – aber wie soll man hier irgendwas richtig beurteilen können?«
    »Hast du eine Idee, wer aus deinem Leben sie sein könnte? Ich meine, aus deinem Leben vorher …?«
    »Eine kleine Schwester? Meine erste Liebe?« Paul zuckte mit den Achseln. »Nein. Aber möglich ist alles.«
    »O Mann, ist das alles viel!« klagte Orlando. »Diese ganze Geschichte wird nur immer noch und noch und noch verrückter.«
    Jonas wurde durch ein energisches Klopfen an der Erwiderung gehindert. Als Fredericks sich erhob und aufmachte, stand der greise Phoinix im ersten Schimmer des Morgengrauens kaum erkennbar in der Tür. Der Alte hielt sich nicht mit förmlichen Begrüßungen auf.
    »Ihr Herren, ich komme, um euch mitzuteilen, daß die Trojaner in mächtigen Heerscharen durch das große Skäische Tor strömen. Mit donnernden Rädern jagen ihre Wagen bereits über die Ebene. Odysseus, deine Ithakesier sind in hellem Aufruhr, da sie nicht wissen, wo du bist.«
    »O Gott«, sagte Paul leise. Seine Augen huschten umher, als suchte er einen Platz, um sich zu verstecken, oder eine freundliche Hintertür, durch die er aus der Simulation hinausspazieren konnte.
    »Ich werde nicht kämpfen«, erklärte Orlando. »Ich kann kaum die Augen offenhalten. Ich kann noch nicht mal stehen!«
    »Bitte, edler Achilles«, bat Phoinix, »vergiß deinen Streit mit Agamemnon. Die Trojaner drängen mit Macht heran und haben es in ihrem Sinn, unsere wohlverdeckten Schiffe anzuzünden, damit wir nicht in die Heimat und zu unseren Familien zurückkehren können.«
    »Wenn er sagt, er kann nicht kämpfen, kann er nicht kämpfen«, fertigte Jonas den Alten barsch ab. Er wandte sich an Orlando und Fredericks. »Ich kann mich nicht einfach dünnemachen«, sagte er leise. »Damit würde ich riskieren, daß alles vor die Hunde geht.«
    »Du hast doch nicht etwa vor zu kämpfen?« Orlando entsetzte die Vorstellung, sie könnten Jonas schon wieder verlieren, nachdem sie ihn eben erst gefunden hatten.
    Der Mann, den die Griechen Odysseus nannten, drehte sich zu dem im Eingang stehenden Phoinix um, der hin- und hergerissen zwischen Schrecken und Erregung von einem Fuß auf den anderen trat. »Geh zurück und sage den Ithakesiern, ich komme. Achilles ist noch nicht fähig zu kämpfen. Spute dich, es wird noch andere geben, die deines Rates bedürfen. Ich folge dir auf dem Fuße.«
    Phoinix zögerte, dann nickte er kurz und eilte davon.
    »Ich werde mir alle Mühe geben, mich nicht umbringen zu lassen«, sagte Jonas, als der alte Mann fort war. »Glaubt mir, es liegt mir nichts dran, daß irgendwelche Lieder über mich gesungen werden. Aber wenn die Trojaner die Griechen schlagen, kommen wir nie in die Stadt, sofern das wirklich unsere Aufgabe ist, höchstens als Gefangene. Soweit ich mich an das verdammte Epos erinnere, waren die Kräfte ziemlich ausgeglichen, zumal solange Achilles nicht mitkämpfte. Wenn alle Männer, die mit Odysseus gekommen sind, kopflos die Flucht ergreifen, weil ich nicht da bin, könnte das die ganze Sache kippen – dann stecken die

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