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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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die Dinge liegen. Aber er is auch ’n Mensch, verstehste? Er hat Gefühle. Darum will ich nich, daß du ’ne blöde Bemerkung machst – außerdem glaub ich nich, daß du sein Typ bist. Er mag reife Männer. Deshalb ham wir uns auch unterhalten müssen, er und ich, damit ihm klar is, daß ich keiner von seiner Sorte bin.«
    Del Ray fing an zu lachen.
    »Was is?« Joseph blickte finster. »Meinste, das is ’n Witz, was ich dir erzähle?«
    »Nein, nein.« Del Ray schüttelte den Kopf und rieb sich den Augenwinkel, als ob es ihn dort juckte. »Nein, ich dachte bloß grade, daß du eine einmalige Nummer bist, Long Joseph Sulaweyo. Du solltest im Netz kommen. Sie sollten dir eine eigene Sendung geben.«
    »Ich glaub nich, daß du das ernst meinst.« Joseph war verstimmt. »Du willst dich bloß über mich lustig machen. Wenn du mir so kommst, beacht ich dich gar nich mehr. Dann kannst du von mir aus alle Fehler machen, die du willst.«
    »Hoffentlich überleb ich das«, sagte Del Ray, bevor er im nächsten Moment laut »Scheiße!« schrie. Er trat hart auf die Bremse, und der Wagen schleuderte ein wenig auf dem Kies. Del Ray stellte das Fernlicht an. »Das hätte ich beinahe nicht gesehen.«
    »Das is das Tor«, erklärte ihm Joseph. In dieser kritischen Situation wollte er ausnahmsweise seinen neuen Vorsatz, kein Wort mehr zu sagen, brechen.
    Del Ray stieß die Tür auf und stieg aus, dann beugte er sich wieder hinein und stellte den Schalthebel auf Parken. Joseph trat mit ihm an den Maschendrahtzaun. »Zu. Ich dachte, du hättest gesagt, ihr hättet es aufbrechen müssen.«
    »Ham wir auch. Ich hab Jeremiah dazu gebracht, aufs Gas zu treten, obwohl er Schiß hatte, und dann sind wir durchgebrettert wie der Typ in Zulu 942, wo sie das gepanzerte Auto haben. Bumm!« Er klatschte in die Hände. In dem dichten, feuchten Buschwerk, das die Straße säumte, erstarb der Ton rasch. »Und schon war es auf.«
    »Tja, jetzt ist es zu.« Del Ray warf ihm einen giftigen Blick von der Seite zu. »Wir werden drüberklettern müssen. Ich stell den Motor ab, derweil kannst du einen Stock suchen gehen, damit wir das Stachelband hochdrücken und uns drunter durchzwängen können, ohne die Haut abgezogen zu bekommen.«
    Obwohl er sich ärgerte, daß er den Laufburschen spielen sollte, ging Joseph einen abgebrochenen Ast holen, der ihm geeignet erschien, als er sich plötzlich an die kostbaren Einkäufe erinnerte, die er im Wagen gelassen hatte. Er steckte sich eine Flasche Mountain Rose in jede Hosentasche, die übrigen zwei fanden in seinem Hemd Platz.
    Del Ray hatte bereits die Spitze seines abgestoßenen, einst so schicken Stiefels in eine Masche des Tors geschoben, als Joseph ihm plötzlich eine Hand auf die Schulter legte.
    »Was ist?«
    »Ich … ich überleg grad.« Er starrte auf die blanke Kette, die die beiden Hälften des Tors zusammenhielt, auf das sehr massiv aussehende Schloß. »Wer hat die Kette da hingehängt?«
    Del Ray stellte seinen Fuß wieder auf den Boden. »Ich dachte, dein Freund Jeremiah.«
    »Er is nich mein Freund, wie schon gesagt, er is bloß ein Mann da im Berg, und ich war auch in dem Berg.« Joseph schüttelte den Kopf. »Aber Jeremiah hat da kein Schloß hingetan, kann ich mir nich vorstellen. Es is nich leicht, aus dem Stützpunkt rauszukommen – zum Reinkommen haben wir schon fast ’nen Tag gebraucht, und dabei harrt wir noch Hilfe von dem alten Mann und der Franzosenfrau gehabt.« Er rieb sich seine Bartstoppeln. »Ich weiß nich. Vielleicht mach ich mir zuviel Gedanken, aber ich kapier nich, wie das Tor hier ’ne Kette vorhaben kann – wieso es so ordentlich verschlossen is.«
    Del Ray sah sich um. »Vielleicht gibt es hier … was weiß ich, Parkwächter oder so. Gehört das hier nicht zu einem Naturschutzgebiet?«
    »Kann sein.« Joseph sah vor seinem inneren Auge das unangenehme Bild des schwarzglänzenden Vans und seiner getönten Scheiben. »Kann sein, aber mir gefällt das ganz und gar nich.«
    »Aber wenn du hier nicht wieder raus bist, wie dann?« Del Ray ließ sich von Long Joseph den Stock geben und stieß damit gegen die Kette. Sie gab ein schweres Klirren von sich.
    »Durch einen von diesen – wie sagt man? – Luftschächten.« Er machte eine deutende Handbewegung. »Der kommt da drüben auf der andern Seite des Buckels raus.«
    Del Ray seufzte, aber er sah besorgt aus. »Also was denkst du? Daß jemand nach dir und Renie hier reingekommen ist? Wer könnte das gewesen sein?«
    Long

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