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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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der Basis, und Del Ray kam aus dem Staunen nicht heraus. Unter anderen Umständen hätte Joseph ihn mit dem größten Vergnügen herumgeführt und ihm stolz alles erklärt – soweit er das bei seinen Erkundungsgängen selbst herausbekommen hatte –, aber jetzt wollte er nichts weiter als sich in den tiefsten, sichersten Winkel der unterirdischen Anlage verkriechen und sich mit allem verschanzen und zudecken, was er finden konnte. Er bereute bereits die hirnverbrannte Rührseligkeit, die ihn gezwungen hatte, durch den Luftschacht einzusteigen. Der leere Stützpunkt war voller Echos und Schatten. Bei dem Gedanken, von bewaffneten Männern durch diese Hallen gejagt zu werden, wurde ihm speiübel.
    Es dauerte ein Weilchen, bis er den ersten, dann den zweiten Fahrstuhl gefunden hatte. Als sie ganz unten in dem tief im Berg versteckten Labor ankamen und die Tür aufzischte, zögerte Joseph mit klopfendem Herzen. Die Dunkelheit draußen schien etwas unheimlich Lauerndes zu haben.
    »Jeremiah …?«
    »Komm raus!« sagte eine gepreßte Stimme, die er nicht gleich erkannte. Joseph trat aus dem Fahrstuhl. Ein jäher Lichtstrahl blendete ihn.
    »Oh, dem Himmel sei Dank, du bist es doch. Sulaweyo, du alter Knallkopf, was treibst du bloß?« Es klickte, und die Leuchtstoffröhren über ihnen gingen zur Hälfte an und verbreiteten ein warmes gelbes Licht in dem riesigen unterirdischen Labor. Jeremiah Dako stand mit einer Taschenlampe in der Hand vor ihnen; er hatte einen Bademantel und ungeschnürte Stiefel an. »Und wer ist das …?« fragte er mit einem Blick auf Del Ray.
    »Wir haben keine Zeit für lange Erklärungen«, antwortete Del Ray. »Ich bin ein Freund. Da draußen sind Männer, Verbrecher, die hier einzudringen versuchen …«
    Jeremiah sprach klar und gefaßt, aber er hatte sichtlich Angst. »Ich weiß. Ich dachte schon, ihr wärt das. Ich wollte mich verstecken, dann jemand damit eins überbraten und mich wieder verstecken.« Er hob das metallene Tischbein hoch, das er in der anderen Hand hielt. »Wenn ich Zeit gehabt hätte, hätte ich den Fahrstuhl blockiert. Das könnten wir eigentlich jetzt machen. Kommt, wir schieben den Tisch da rein.«
    »Woher weißt du das?« fragte Joseph. »Woher weißt du das mit diesen Männern? Und wie geht’s meiner Renie?«
    »Deiner Renie geht’s soweit ganz gut«, erwiderte Jeremiah, dann verzog er das Gesicht. »Wenn du dir solche Sorgen um sie machst, wieso zum Teufel bist du dann abgehauen?«
    »Menschenskind, du bist nicht meine Frau!« Joseph stampfte wütend auf. »Woher weißt du das mit diesen Männern da draußen?«
    »Weil ich mit jemand geredet habe und er mich informiert hat. Er ist ein Freund, wenigstens behauptet er das.« In dem Moment merkte man Jeremiah die Anspannung, unter der er stand, erst richtig an. Als er weiterredete, klang aus seiner Stimme der erschöpfte Fatalismus eines Mannes, der soeben eine Herde fliegender Schweine gesehen oder einen unwiderleglichen Beweis für Schneegestöber in der Hölle erhalten hat. »Er ist übrigens grade am Fon. Sagt, er heißt Sellars. Willst du mit ihm reden?«
     
     
    > Christabel war müde, obwohl sie einen Großteil der Fahrt über auf dem Rücksitz geschlafen hatte. Sie wußte nicht, wo sie waren, aber es kam ihr so vor, als ob ihr Papi einen großen Kreis gefahren wäre. Sie hatten mehrmals gehalten, immer an abgelegenen Rastplätzen oder Nebenstraßen, und jedesmal war ihr Papi nach hinten gegangen, hatte die Abdeckung von der Radmulde genommen und mit Herrn Sellars geredet. Der gräßliche Junge hielt sich weiterhin still, aber er hatte einen ganzen Schokoriegel gegessen, den Christabels Mami eigentlich für sie beide gedacht hatte, und sich sogar die Schokolade von den Fingern geschleckt, als würde er nie etwas Süßes bekommen oder so.
    Sie fuhren langsam durch eine Stadt. Christabel war alles unbekannt, was sie sah, aber an vielen Geschäften stand der Name »Courtland«, und daher nahm sie an, daß die Stadt so hieß.
    »Wir müssen ein kurzes Päuschen einlegen«, sagte ihr Vater. »Ich hab was zu erledigen. Ihr andern bleibt im Wagen. Es dürfte nicht allzu lange dauern.«
    »Sind wir deshalb den ganzen Weg bis Virginia gefahren, Mike?« fragte ihre Mutter.
    »Mehr oder weniger, aber ich dachte, es könnte nicht schaden, einen kleinen Umweg zu machen.« Er blickte eine Weile aus dem Fenster und sagte nichts, dann lenkte er den Wagen an eine Tankstelle. »Tankst du ihn bitte voll, Liebling?« bat er

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