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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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weg und komisch aus, ein bekanntes Ding an einem unbekannten Ort, und sie mußte an Herrn Sellars denken, der zusammengekrümmt dort im Dunkeln lag.
    Im Restaurant herrschte Hochbetrieb, und viele Frauen und Männer in brauner Dienstkleidung gingen von Tisch zu Tisch, servierten Essen und schenkten Wasser ein. Die Sitze waren von der Art, die sie mochte, flatschige Polsterbänke, auf denen man von einem Ende zum anderen rutschen konnte, was ihren Vater regelmäßig ganz fuchtig machte. »Christabel«, sagte er immer, »du bist ein Kind, keine Flipperkugel. Bleib jetzt bitte vor deinem Teller sitzen, ja?«
    Ihr Papi war da drin, fiel ihr dabei ein. Er machte irgendwas, vielleicht telefonieren. Sie mußte eigentlich gar nicht aufs Klo, nicht dringend, deshalb stellte sie sich vor der Theke auf die Zehenspitzen und schaute sich in dem großen Raum um, ob sie ihn irgendwo sah.
    Hinten in der Kommzelle war er nicht. Zu ihrem Erstaunen saß er nur ein kleines Stück weiter auf einer der Polstergruppen, den Rücken zu ihr gekehrt. Er war es – sie kannte seinen Kopf von hinten fast genauso gut wie von vorn –, aber es saß noch jemand mit ihm am Tisch.
    Einen Moment lang glaubte sie an das nächste große, schlimme Geheimnis, und sie wollte sich schon umdrehen und über den Parkplatz zurückgehen und in den Van steigen, auch wenn der Junge über sie grinsen und Sachen sagen würde, daß sie sich schämte. Aber der Mann, mit dem ihr Papi redete, sah gar nicht unheimlich aus, und außerdem wollte sie gern das Gesicht ihres Papis sehen, wollte sehen, ob er lächelte oder ernst war oder was, weil sie das wissen mußte, damit die verwirrende Situation nicht mehr so verwirrend war.
    Sie ging so langsam auf den Tisch zu, daß zwei von den Frauen in Braun sie beinahe umgerannt hätten. »Paß auf, wo du hingehst, Dummchen«, sagte eine, und als Christabel der weitereilenden Kellnerin ihre Entschuldigung hinterhergestammelt hatte und sich wieder umdrehte, starrte ihr Papi sie an.
    »Christabel! Was zum … was machst du denn hier, Kleines?« Dann schien ihm ein Gedanke zu kommen. »Ist alles in Ordnung?«
    »Ich wollte bloß aufs Klo.« Sie blickte scheu auf den Mann, der bei ihrem Vater saß. Er trug einen braungrauen Anzug und hatte sehr dunkle Haut und ganz kurz geschnittene schwarze Kringelhaare. Als er ihren Blick sah, lächelte er. Es war ein nettes Lächeln, aber wahrscheinlich sollte sie lieber nicht zurücklächeln, auch nicht, wenn ihr Papi dabei war.
    »Also … herrje«, sagte ihr Vater. »Ich bin grad mitten in was Wichtigem, Schätzchen.«
    Der ihm gegenüber sitzende Mann sagte: »Das macht doch nichts, Major Sorensen. Vielleicht möchte dein Töchterlein sich einen Augenblick zu uns setzen.«
    Ihr Papi zog ein Gesicht, aber zuckte mit den Achseln. »Ich kann sowieso nicht mehr lange bleiben – meine Frau wollte bloß noch tanken.«
    »Wie heißt du?« fragte der Mann sie. Als sie es ihm gesagt hatte, hielt er ihr die Hand hin. Seine Hände wirkten innen ganz rosig, weil die übrige Haut so dunkel war, fast als ob er sie saubergeschrubbt hätte, aber sie waren trocken. Er drückte nicht fest zu, und das mochte sie. »Schön, dich kennenzulernen, Christabel. Ich heiße Decatur, aber meine Freunde nennen mich einfach Catur.«
    »Sag Herrn Ramsey guten Tag«, forderte ihr Papi sie auf.
    »Oh, bitte, nicht Herr Ramsey. Wie in dem alten Witz: Herr Ramsey, das ist mein Vater. Wenn ich genau sein wollte, müßte ich wahrscheinlich sagen: Captain Ramsey ist mein Vater. Weißt du, ich habe das Soldatenleben auch ein wenig kennenlernen dürfen. Als Junge habe ich auf etlichen Stützpunkten gelebt.« Lächelnd wandte er sich wieder Christabel zu. »Gefällt es dir auf dem Stützpunkt, wo du wohnst, Mäuschen?«
    Sie nickte, aber sie sah ihrem Papi am Gesicht an, daß er sie nicht wirklich dahaben wollte, und so sagte sie gar nichts und setzte sich einfach auf den Platz neben ihm.
    »Nun gut, Major«, sagte der andere Mann, »jetzt haben wir uns gegenseitig beschnuppern können, und ich hoffe, ich habe die Prüfung bestanden. Ich kann verstehen, wenn ihr euch erstmal ein Quartier suchen wollt, vor allem mit der Kleinen hier – sie muß müde sein nach einem Tag Autofahren. Aber wie wär’s, wenn ich heute abend bei euch im Motel vorbeikäme? Ich muß diesen Sellars dringend persönlich sprechen, das ist fast noch wichtiger, als daß wir uns begegnet sind. Es … es gibt einfach so vieles zu bereden.«
    »Das seh ich ein,

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