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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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die Augen auf und sah …
    Schwärze, totale Schwärze, völlige Vernichtung, alles war …
    Aus …
     
     
    > Zum zweitenmal in einer Spanne, die ihm sehr kurz vorkam, schien er wieder im Krankenhaus zu sein. Er hatte die Augen zugekniffen, und da die Möglichkeit bestand, daß die beiden beängstigenden Gestalten ihn immer noch flankierten wie Bücherstützen, hatte er es nicht eilig, sie zu öffnen, aber Orlando merkte, daß er flach auf dem Rücken lag, fest in Decken eingewickelt oder sonstwie gefesselt, und daß jemand mit einem kalten, feuchten Tuch seine Stirn abtupfte.
    Für die Krankenhaustheorie sprach auch, daß er sich absolut grauenhaft fühlte.
    »Grad hat er geblinzelt«, sagte Fredericks in dem aufgeregten Ton eines Menschen, der lange auf etwas gewartet hat.
    »O Gott«, stöhnte Orlando. »Bin ich denn … noch am Leben? Herrje, sowas Verblocktes!«
    »Das ist nicht witzig, Gardiner.«
    Als er die Augen aufschlug, erstarb ihm eine zweite sarkastische Bemerkung auf den Lippen. Es war nicht Fredericks, der ihm die Stirn kühlte, sondern eine runde Ägypterin mit dunkler Haut und ungeduldiger Miene. »Wer bist du?« fragte Orlando.
    »Schön still, hörst du.« Ihr Tonfall klang, als hätte sie sich im Fluß geirrt, denn sie war jedenfalls eher am Mississippi als am Nil zuhause. »Du warst fast tot, Junge, da denk ich, du hältst dich lieber noch ein Weilchen ruhig.«
    Orlando blickte den hinter ihr stehenden Fredericks an und formte mit den Lippen die Worte: Wer ist sie? Sein Freund zuckte ratlos mit den Achseln. Der Raum selbst gab keinen Aufschluß – die Wände waren aus weiß getünchten Lehmziegeln, die Decke war weiß verputzt, und außer dem knubbeligen, kissenlosen Bettgestell, auf dem er lag, standen keine Möbel im Zimmer.
    Die Frau legte ihm sanft, aber bestimmt eine Hand auf die Brust und drückte ihn auf die raschelnde Matratze zurück. Als er sich wehren wollte, merkte er, daß er ganz fest in eine rauhe Decke eingepackt worden war: die Arme klebten ihm buchstäblich an den Seiten.
    »Was soll das?« protestierte er. Es war ihm nicht geheuer, derart hilflos zu sein. »Willst du ’ne Mumie aus mir machen oder was?«
    »Red keinen Unfug.« Sie tupfte ein letztes Mal, dann stand sie auf, die Fäuste in ihre fülligen Hüften gestemmt. Obwohl Fredericks den schmächtigen Pithlitsim trug, ging sie ihm nur bis zur Schulter. Aufrecht stehend hätte Orlandos Thargorkörper aus luftiger Höhe auf sie herabgeblickt. »Du bist kein König, du bist bloß ein gewöhnlicher Gott wie dein Freund hier, außerdem bist du nicht mal tot. So einer wie du wird nicht mumifiziert, Junge. Jetzt sprich dein Gutenachtgebet und schlaf noch ein Ründchen.«
    »Was soll der Käse? Wer bist du? Was läuft hier eigentlich?«
    »Dir ging’s wieder echt dreckig, Orlando.« Fredericks sah die Frau an, als müßte er um Redeerlaubnis bitten, doch sie wandte den Blick nicht von ihrem Patienten ab. »Als wir durch waren … als wir aus diesem Tempeldings raus waren … hast du …«
    »Du hast dich aufgeführt wie ein Irrer«, stellte die Frau nüchtern fest. »Rumgetobt und gebrüllt und ein Heidentheater gemacht hast du. Du wolltest irgendeine Hauswand eintreten, und dann wolltest du zu Fuß über den Nil.«
    »Oh, verdammt …« Orlando schauderte. »Aber wie bin ich hier gelandet? Und warum willst du mir nicht sagen, wer du bist?«
    Die Frau musterte ihn scharf, wie um einzuschätzen, ob er die Mühe eines ernsthaften Gesprächs überhaupt wert war. »Gewöhn dir das Fluchen ab, Junge. Ich heiße Bonita Mae Simpkins. Meine Familie nennt mich Bonnie Mae, aber du kennst mich noch nicht so gut, deshalb kannst du einstweilen Missus Simpkins zu mir sagen.«
    Die Kopfschmerzen, die anfangs bloß gräßlich gewesen waren, wurden mit jedem Moment unerträglicher. Orlando fühlte ein Augenlid heftig zucken, aber das war seine geringste Sorge. »Ich … ich hätt gern ein paar Erklärungen, aber ich fühl mich ziemlich gedumpft«, räumte er ein.
    »Du bist nicht gesund, Junge, da ist das kein Wunder. Du brauchst Schlaf.« Sie kniff die Brauen zusammen, aber ihre Hand auf seiner Stirn fühlte sich sanft an. »Hier.« Sie zog etwas aus einer Falte ihres lockeren weißen Baumwollkleides. »Schluck das. Danach wird’s dir ein bißchen bessergehen.«
    Unter dem Druck dieses Blickes widersprach er nicht, sondern schluckte die pulverige Kugel trocken hinunter. »Was ist das?«
    »Ägyptische Arznei«, antwortete sie. »Viel davon

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