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Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas

Titel: Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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ist aus Krokodils-Aa.« Beim Anblick von Orlandos entsetzter Miene gestattete sie sich zum erstenmal ein flüchtiges Lächeln. »Aber die hier nicht. Bloß Weidenrinde. In ein paar tausend Jahren, nehm ich mal an, werden die Leute Aspirin dazu sagen.«
    Orlando fand das nicht so heiter wie Missus Simpkins, aber er hatte nicht mehr die Kraft, ihr das mitzuteilen. Er legte sich zurück. Fredericks hockte sich neben ihn und nahm seine Hand. »Du wirst schon wieder okay, Gardiner.«
    Orlando wollte seinen Freund daran erinnern, daß er mit tödlicher Sicherheit nie wieder okay werden würde, aber da wurde er auch schon wie von Flußschlingpflanzen, die sich um die Beine eines Ertrinkenden wickelten, in die Tiefe hinabgezogen.
     
    Als er das nächste Mal erwachte, fühlte er sich ein wenig besser, und nach einigen Verhandlungen durfte er sich sogar hochsetzen. Ihm war, als ob in seinen sämtlichen Nerven das Leben neu zu prickeln begänne. Was immer in seiner Matratze steckte, es stachelte wie eine Roßhaarfüllung, und das durch die Tür einfallende Licht übergoß die weißen Wände mit einer nahezu schmerzhaften Helligkeit.
    Als Missus Simpkins kurz einmal ins Nebenzimmer ging, rief er Fredericks zu sich. »Was läuft hier?« flüsterte er. »Was ist mit dem Tempel passiert, und wie sind wir hierhergekommen? Und wo sind wir hier überhaupt?«
    »Bei irgend jemand zuhause.« Fredericks blickte über die Schulter, um sicherzugehen, daß die erschröckliche Missus Simpkins nicht in Sicht war. »Ziemlich groß, das Haus. Aber sie hat die Wahrheit gesagt, du hast echt total gescännt. Ein Haufen Typen mit Keulen und so wollt dich lynchen, aber sie hat dich beruhigt gekriegt.«
    »Aber wo sind wir? Immer noch in Ägypten, stimmt’s? Wie hat’s uns hierher verschlagen?«
    Fredericks zog ein unglückliches Gesicht. »Ägypten, bong, aber sonst hab ich keine Ahnung. Als wir endlich bei diesem Tempel waren – ich dachte wirklich, da kommt gleich’n Monster raus und frißt uns voll auf oder so –, hatt ich ’nen Blackout, glaub ich, und hinterher bin ich einfach irgendwie … wieder aufgewacht. Du warst weg. Aber ich war dicht am Fluß, und rundrum war so ’ne große Stadt. Auf einmal hör ich irgendwelche Leute schreien, und als ich nachgucken geh, bist du das, und du stehst im Fluß und scännst megamäßig und brüllst irgendwas vom Amt Gottes.«
    »Ich kann mich an nichts erinnern«, sagte Orlando kopfschüttelnd. »Aber ich hatte echt unheimliche … ich weiß nicht, Träume, Erfahrungen … wo’s um diesen Tempel ging.« Plötzlich erschrak er, denn ihm war etwas eingefallen. »Wo sind die Affenkids?«
    »Sie sind hier. Sie wollen bloß nicht ins Haus kommen – sie haben Bammel vor dieser Frau. Sie sind auf dir rumgeklettert, als du noch geschlafen hast, am ersten Nachmittag, und sie hat sie mit ’nem Besen rausgescheucht. Ich glaube, sie haben sich auf einen Baum da draußen im Hof verzogen.«
    »Ich kapier das alles nicht …«, sagte Orlando. »Herrje, was hat eine, die Bonnie Mae heißt, im alten Ägypten zu schaffen …?«
    »An den Pyramiden des Pharaos haben auch nicht haufenweise Leute mitgebaut, die Orlando Gardiner hießen«, ließ sich eine scharfe Stimme von der Tür vernehmen. »Oder?«
    Fredericks fuhr schuldbewußt auf. »Es geht ihm besser«, meldete er, »da hat er ein paar Fragen gestellt.«
    »Kann er gern«, sagte Missus Simpkins. »Kann er gern. Und ich hätte auch die eine oder andere. Zum Beispiel, wo du das herhast, und warum du es so fest in der Hand gehalten hast, daß noch Fingerabdrücke im Ton zu sehen sind.« Sie hielt Orlando die Urnenscherbe mit der eingezeichneten Feder vor die Nase und schwenkte sie hin und her. »Red offen mit mir, Junge. Der liebe Gott ist auf Lügner nicht gut zu sprechen – er kann Leute nicht ausstehen, die nicht die Wahrheit sagen.«
    »Hör mal«, entgegnete Orlando, »nichts für ungut und so, aber warum sollte ich dir irgendwas sagen? Ich weiß nicht, wer du bist. Ich meine, vielen Dank, daß du dich um uns gekümmert und uns hier aufgenommen hast, aber vielleicht sollten wir uns jetzt verabschieden, damit du dein Haus wieder für dich hast.« Er riß sich zusammen und stellte sich hin, doch dann mußte er sich noch mehr zusammenreißen, um nicht gleich wieder hinzufallen. Seine Beine fühlten sich wie weichgekocht an, und schon die Anstrengung, sich aufrecht zu halten, brachte ihn zum Keuchen.
    Bonita Mae Simpkins’ Lachen klang alles andere als

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