Otherland 3: Berg aus schwarzem Glas
dorthin?«
»Weil dort das einzige Gateway ist, das ihr erreichen könnt«, antwortete sie leise. »Und Bes ist der einzige, der euch hinbringen kann.«
»Nicht falls wir den ganzen Tag hier rumgammeln wie die alte Taweret, wenn sie mit Verstopfung in den Seerosen steht und wartet, daß ihr Darm in Schwung kommt«, bemerkte Bes.
Missus Simpkins griff sich einen dicken weißen Umhang, den sie Orlando über die Schultern legte. »Der hält dir die Sonne vom Leib, Junge. Du bist noch nicht ganz auf dem Damm.« Auf ihre Anweisung, aber nicht ohne gedämpftes Protestgequieke begab sich das Affengeschwader unter den Umhang. »Wir müssen hier nicht mehr Zirkus haben, als unbedingt nötig ist«, sagte sie.
Aber wenn sie nach etwas aussahen, sinnierte Orlando grämlich, als er dem erstaunlich leichtfüßigen Zwerg zur Tür hinaus und durch den Garten der Villa folgte, dann am ehesten nach einer Zirkustruppe.
»He, wenn wir schon in diesen Tempel gehen und Wolfi wiedersehen müssen«, sagte Fredericks munter, »vielleicht können wir uns dann wenigstens dein Schwert zurückholen, was meinst du?«
Orlandos Müdigkeit wurde noch größer, als er sah, wie Bes über die Gartenmauer kletterte, wohl in der Absicht, sie auf einem unauffälligeren Weg aus dem Haus zu führen. »Ich kann’s kaum erwarten«, sagte er.
> In Zeiten wie diesen, ging es dem Mann durch den Kopf, der sowohl Felix Jongleur war als auch Osiris, Herr über Leben und Tod, war das Dasein als höchstes Wesen ziemlich einsam.
Das Treffen mit Jiun Bhao war ermutigend gewesen, aber die Wirkung hatte nicht lange angehalten. Als er jetzt im ewigen blauen Nichts der Vorebene seines Systems lag, zerbrach er sich bereits den Kopf darüber, was für einen Teufelspakt der chinesische Finanzier ihm aufgenötigt hatte. Jongleur war es nicht gewohnt, Geschäfte abzuschließen, bei denen er das Kleingedruckte nicht gelesen hatte.
Noch größere Sorgen jedoch machten ihm die jüngsten Meldungen über den Andern, der sich weiter tief im K-Zyklus befand und keinerlei Anzeichen erkennen ließ, das in nächster Zeit zu ändern. Niemand sonst in der Bruderschaft ahnte, wie instabil das System hinter dem Gralsnetzwerk in Wirklichkeit war, und während die Tage bis zur Zeremonie dahinschwanden, regte sich in Jongleur immer mehr der Verdacht, er könnte einen furchtbaren Fehler gemacht haben.
Gab es eine Möglichkeit, das Netzwerk vom Andern abzukoppeln und ihn durch ein anderes System zu ersetzen, noch zu diesem späten Zeitpunkt? Robert Wells und seine Jericholeute bei Telemorphix hatten durchaus Sachen entwickelt, mit denen es gehen könnte, auch wenn bei dem Wechsel mit Sicherheit eine gewisse Funktionstüchtigkeit verlorenginge. Zum mindesten würden die Umsetzungszeiten länger werden, und vielleicht müßte man auch in Kauf nehmen, daß einige der weniger wichtigen Speicherelemente dabei draufgingen, ganz zu schweigen davon, daß die Zeremonie selbst noch weiter verschoben werden müßte, aber die wesentlichen Funktionen des Netzwerks würden bestimmt erhalten bleiben, und die Vollendung des Gralsprojekts könnte voranschreiten. Aber konnte er das riskieren? Wells hoffte genauso inbrünstig auf den Erfolg des Projekts wie Jongleur selbst, doch das bedeutete noch lange nicht, daß er still und brav sitzenbleiben würde, wenn der Vorsitzende der Bruderschaft sein Scheitern eingestand. Nein, der Amerikaner würde das Projekt retten und dann das größtmögliche politische Kapital daraus schlagen. Die Aussicht war unerträglich. Doch im anderen Fall machte er alles, absolut alles von einem System abhängig, das sich mit jedem Tag mehr als unberechenbar und unkontrollierbar erwies.
Er zuckte unruhig oder hätte es getan, wenn sein Körper nicht in der viskosen Flüssigkeit seiner Konservierungskammer von einem porösen Mikrofasermaterial festgehalten worden wäre. Seit weit über hundert Jahren hatte er niemanden mehr voll und ganz in seine Pläne eingeweiht, aber in Zeiten wie diesen wünschte er beinahe, anders gehandelt zu haben.
Jongleurs Gehirn schickte wieder ein Bewegungssignal aus, um nervöse Energie zu entladen, und abermals funkte das Signal ins Nichts. Er lechzte nach Bewegungsfreiheit, aber konkreter lechzte er nach der wohltuenden Umgebung seiner Lieblingssimulation. Vorher jedoch mußte er sich noch um ein paar Sachen kümmern.
Mit einem Gedanken öffnete er ein Kommunikationsfenster. Wenige Momente später erschien darin Finneys Gesicht
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