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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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hat einen ziemlichen Totalschaden gebaut. Und dann hat ihn einer seiner eigenen Untergebenen abserviert, wer hätte das gedacht? Einen firmeninternen Machtkampf könnte man es vermutlich nennen, nur leider war der Zeitpunkt sehr schlecht gewählt.« Sein nicht ganz menschliches Lächeln verschwand nicht. »Derzeit ist alles mehr oder weniger am Arsch. Aber das Spiel ist noch nicht ganz verloren. Wir müssen uns einfach im Sattel halten, bis die Dinge sich wieder beruhigt haben.«
    Kunoharas Ausdruck blieb unverändert. »Du reißt Witze, Wells, aber währenddessen versuchst du, meinen Sitz zu zerstören, alles, was ich hier gebaut habe.«
    Wells schwankte ein wenig, als der Käfer unter ihm die Position veränderte. »Ich doch nicht! Ich bin nur als Zuschauer mitgekommen. Du mußt dich an meine neuen Freunde wenden.« Er steckte zwei Finger in den Mund und pfiff. Pauls Herz fing wie wild zu schlagen an, als zwei extrem gegensätzliche Figuren über dem Rand des Felsens auftauchten. Er mußte sich mit Gewalt zusammennehmen, um weiter auf Kunoharas schwindende Kräfte zu vertrauen und nicht auf der Stelle wegzulaufen. »Auf dich haben sie’s gar nicht abgesehen, Kunohara, nur auf deine Gäste«, sagte Wells. Mit einem trägen und etwas unmotivierten Lächeln sah er Paul wieder an. »Offenbar haben sie sich mit der neuen Geschäftsleitung überworfen. Wenn du sie den Jungs da«, er deutete mit dem Kopf auf das heranrückende Paar, »einfach auslieferst, wirst du bestimmt gern in unsern illustren Kreis aufgenommen.« Er beugte sich vor und zwinkerte. »Jetzt heißt es, Seiten wählen, weißt du. Im Moment keine besonders schwere Wahl.«
    Paul achtete kaum auf Wells’ Worte. Er starrte wie gelähmt die zwei auf sie zukommenden Kreaturen an, die wabbelige, fleischrosa Raupe und die Albinogrille, Mullet und Finch – nein, so hatten sie nur im Schützengraben geheißen. Mudd und Finney.
    Ein Erinnerungsblitz. Mudd und Finney … ein dunkler Raum, zwei groteske Gestalten …
    Weg. Paul erschauerte. Sie waren genauso gräßlich anzuschauen wie immer, einerlei in welcher Verkörperung sie auftraten, und jede vernünftige Regung in ihm drängte ihn mit aller Macht, so schnell und so weit wie möglich vor ihnen davonzulaufen – aber dennoch spürte er diesmal einen minimalen Unterschied. Erst als sie Wells erreicht hatten und sich beiderseits des Käfers aufstellten, erkannte Paul, was es war.
    »Was willst du?« fragte die Finney-Grille mit kratziger Quengelstimme. »Der neue Herr will, daß wir uns beeilen. Wir sollen diese Kerle auf dem schnellsten Wege schnappen.«
    »Wenn wir ihm helfen«, polterte die Mudd-Raupe, »gibt er uns die kleine Königin.«
    »Ja, die kleine Königin.« Die augenlose Grille rieb voller Vorfreude die Vorderbeine aneinander. »Wir jagen sie schon so lange …!« Sie wandte ihren glatten Kopf zu Kunohara und Paul um. »Und was sind das für welche? Gefangene?«
    »Fressen wir sie auf?« erkundigte sich die Raupe und richtete sich auf, so daß die vordere Hälfte ihres massigen Körpers die beiden drohend überragte.
    Erschrocken trat Paul einen Schritt zurück, aber gleichzeitig durchzuckte ihn Freude. Es stimmt, dachte er. Ich fühle nicht diese furchtbare, lähmende Angst wie früher. Und überhaupt, sie erkennen mich gar nicht!
    Wells schien sich die Frage der Raupe einen Moment lang durch den Kopf gehen zu lassen. »Nein, ich glaube nicht. Wenigstens Kunohara wird an diesem gottverlassenen Ort ein nützlicher Gesprächspartner sein.« Er grinste und nickte. »Aber die andern solltest du ihnen wirklich überlassen, mein lieber Doktor. Diese beiden hier sind ausgesprochen hartnäckig in der Verfolgung ihrer Ziele …«
    »Wir werden dem neuen Herrn die Kerle bringen, die da durch die Luft gesprochen haben«, krächzte die blinde Grille, »und dann wird er uns die kleine Königin überlassen. Unser süßes Lärvlein.«
    »Sie fehlt mir so«, sagte die Raupe, und das Maul mit den scheußlichen Hauern verzog sich zu einem geradezu zärtlichen Grinsen. »So bleich, so dick …! Wenn wir sie finden, werde ich alle ihre Dutzende von Zehlein anknabbern!«
    Paul war sich nunmehr ganz sicher, daß diese Version der Zwillinge nicht mit den erbarmungslosen Jägern identisch war, die ihn durch so viele Welten gehetzt hatten, sondern eher den Pankies glich, die auch nur ihre eigene Suche im Sinn gehabt und sich gar nicht für ihn interessiert hatten. Die Erinnerung an Undine Pankie kam ihm, an die hungrige

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