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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Verzückung auf ihrem teigigen Gesicht, ähnlich wie jetzt auf dem der Raupe, als sie von ihrer »lieben Viola« geschwafelt hatte …
    Viola. Ein Zusammenhang dämmerte ihm. Viola. Vaala. Avialle.
    Ava.
    »… Ich bestehe darauf, daß du sie wegschickst, Wells«, ereiferte sich Kunohara. »Dies ist mein Haus, mein Reich, und ich beharre auf meinem Recht, ganz gleich, was sich geändert hat. Niemand vergreift sich unter meinem Dach an einem Gast.«
    Wells nickte, die Einsicht in Person. »Oh, selbstverständlich, ich verstehe. Aber wie war nochmal das alte Sprichwort vom Naseabschneiden, um das Gesicht zu bestrafen? Ich kann dir wirklich nicht empfehlen, dich mit dem neuen Boß anzulegen, Kunohara. Was mich betrifft, so habe ich nicht den geringsten Einfluß auf ihn – wenigstens noch nicht. Ich habe persönlich nichts gegen dich, aber ich kann dir leider nicht helfen.«
    So schwer von Begriff und mit sich selbst beschäftigt sie waren, wurden die Grille und die Raupe doch langsam aufmerksam. »Der ist es?« schrillte die Grille und drehte ihr bleiches, blindes Gesicht Kunohara zu. »Der ist es, der uns von den andern fernhält?«
    Mit einem schwappenden Geräusch wie eine riesige Wassermatratze kroch die Raupe näher. Eine Welle lief durch ihren Leib, und die vordersten Glieder streckten sich mit krallenden Klauen nach Paul aus. »Sie halten uns von der kleinen Königin fern …?«
    »Genug«, sagte Kunohara und machte eine Geste. Im Nu war der Felsen verschwunden, und der verdutzte Paul stand wieder schwankend in der Mitte von Kunoharas Blasenhaus.
    »Was ist geschehen?« fragte Florimel. »Wir konnten nicht hören …«
    Paul wandte sich an Kunohara. »Warum hast du ihnen keine Lektion erteilt, Schnee oder Wind oder sowas, einen von deinen Göttertricks? Wir waren weit genug vom Haus entfernt…«
    »In ihrer Gegenwart war ich durch irgend etwas blockiert.« Kunohara war sichtlich beunruhigt. »Ihr neuer Herr, vermutlich dieser Dread, beschützt sie. Er manipuliert an meiner Welt herum.« Der sorgenvolle Blick wurde finster. »Aber so leicht bin ich nicht zu vernichten. Nicht in meinem eigenen Haus.«
    Die Aufregung unter den Wespen auf der Blase hatte zugenommen. Aus dem langsamen Geschiebe in dem geschlossenen Chitinmantel ringsherum war ein wildes Rasen geworden, und das Summen war so durchdringend laut, daß die Luft in dem durchsichtigen Haus davon vibrierte.
    »Op an!« schrie T4b. Er machte einen hastigen Schritt zurück und rempelte Paul beinahe um. Direkt über ihren Köpfen sackte die Kuppel unter dem Gewicht der schwärmenden Scheusale langsam nach unten durch. »Nix wie raus hier, oder wir sind Schrotthack!«
    Einer der Stacheln stieß schließlich durch die Blasenhaut, und durch das drückende Gewicht verbreiterte sich der Schlitz. Selbst Kunohara war sichtlich schockiert, als eine der entstellten Kreaturen durch das Loch in der rasch weiterreißenden Membran rutschte. Sie hing einen Moment lang über ihnen und strampelte mit ihren großen schwarzen Beinen wie ein Pferd an einem Kronleuchter.
    »Nach unten!« schrie Kunohara. Er packte Paul am Arm und stieß ihn auf die ins Untergeschoß führende Treppe. Während die anderen hinterherstolperten, machte sich die erste Wespe endlich von der Decke los und plumpste auf den Boden des oberen Raumes. Kaum hatte sie sich aufgerappelt, einen stier glotzenden Ausdruck in ihrer Karikatur eines menschlichen Gesichts, da krachten auch schon mehrere ihrer Genossen auf sie nieder. Unter ihren blindwütigen Versuchen, voneinander loszukommen, ging Kunoharas Einrichtung zu Bruch.
    Als alle Menschen im unteren Raum waren, deutete Kunohara fingerschnippend nach oben, um die Klappe über der Treppe hinter ihnen zu schließen. Da sie nicht reagierte, packte er sie und machte Anstalten, sie zuzuziehen. T4b und Florimel sprangen ihm bei, aber ein zappelndes Bein schob sich in die Lücke, bevor sie die Tür zu hatten. Mit einem Schrei, der nicht aus seinem eigenen Mund zu kommen schien, grapschte Paul sich das erste, was ihm in die Hand kam, einen kleinen Tisch, und hämmerte damit auf das Bein ein, bis es abbrach. Eine graue Flüssigkeit spritzte herein, doch jetzt gelang es Kunohara und den anderen, die Bodenklappe zuzuschlagen und zu verriegeln.
    Erschüttert starrte Paul das abgetrennte Bein an, das auf dem transparenten Boden lag und immer noch leicht zuckte. Angezogen von dem Tumult an der Oberfläche umschwärmten unter seinen Füßen die Garnelenlarven mit

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