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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Kaffeetablett umgestoßen hätte. »Das hat sie nicht verdient – sie weiß nicht, worauf sie sich einläßt!«
    Da zuckte es in den strohfarbenen Augen, und einen Moment lang blitzte der Raubvogel durch, der Sellars als Flieger gewesen war. »Niemand hat das verdient, Herr Ramsey. Aber andere haben die Karten gegeben, und uns bleibt nichts anderes übrig, als unser Blatt auszuspielen.« Er wandte sich an die Sorensens, die beide innegehalten hatten und sie beobachteten, der Major mit einem gewissen widerwilligen professionellen Interesse, seine Frau mit wachsendem Unbehagen. »Ich kann euch beide nicht zwingen, aber ich weiß, wo ich hinmuß, und ich vermute stark, daß Herr Ramsey mich begleiten wird, wenn er erst einmal darüber nachgedacht hat.«
    »Nämlich wohin …?«
    »Mike, hör nicht auf ihn!« rief Kaylene Sorensen. »Ich will es gar nicht wissen. Das ist Irrsinn …!«
    »Nach New Orleans natürlich«, antwortete Sellars. »Zum direkten Kampf mit dem Drachen. Unsere Lage ist so verzweifelt, daß es mir rückblickend wie der logische Abschluß erscheint. Ich wünschte, ich wäre früher darauf gekommen.«
     
     
    > Sie fuhren wieder. Christabel wußte nicht so recht, warum, aber das spielte bei solchen Sachen nie eine große Rolle. Sie fragte sich, ob sie, wenn sie älter war, Erklärungen für alles bekommen würde, oder ob sie als Erwachsene ganz einfach Bescheid wissen würde.
    Am allertraurigsten, trauriger noch, als gerade jetzt aus dem neuen Motel abzureisen, wo sie den Süßigkeitenautomaten entdeckt hatte, fand sie, daß Herr Sellars wieder in das Loch hinten im Van kriechen mußte, wo Papi normalerweise den Ersatzreifen hatte. Es kam ihr ganz gräßlich vor, so eng und winzig.
    Der alte Mann saß in der Tür des Vans und wartete darauf, daß ihr Vater mit anderen Verrichtungen fertig wurde und ihm einsteigen half, als Christabel ihn erblickte.
    »Ach, laß nur, kleine Christabel«, meinte er, nachdem sie ihm ihre Sorgen anvertraut hatte. »Es macht mir wirklich nichts aus. Ich kann mit meinem Körper zur Zeit ohnehin nicht viel anfangen. Solange nur mein Geist frei ist – wie sagt Hamlet? ›Wäre ich in eine Nußschale gebannt, könnte ich mich doch für einen König über unendliche Weiten halten …‹, so etwas in der Art.« Einen Moment lang schaute er sehr traurig drein. Falls er sie hatte aufheitern wollen, dachte Christabel, war ihm das gründlich mißlungen.
    »Mami sagt, du hast Kabel in dir drin«, sagte sie schließlich. »Stimmt das?«
    Herr Sellars lachte leise. »Ich denke schon, meine kleine Freundin.«
    »Tun die weh?«
    »Nein. Ich habe Schmerzen, aber eher wegen meiner Verbrennungen, wegen … wegen anderer alter Verletzungen. Und die meisten Kabel sind eigentlich gar keine Kabel mehr. Mit viel Hilfe habe ich … Sachen in mir ändern können. Es gibt reichlich ehrgeizige Gearhersteller, mehr als genug arbeitslose Nanotechniker, die ein paar Extrakredite gut gebrauchen können.«
    Christabel hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Bei »Nanotechniker« mußte sie an Ophelia Weiners Nanoo-Kleid denken. Die Vorstellung von vielen Elektrikern und Klempnern in Partykleidchen mit veränderlicher Farbe und Form half ihr auch nicht weiter, und so ließ sie es dabei bewenden, eine der vielen Sachen, die man als Kind einfach ausklammerte. »Du meinst, du hattest mal Kabel in dir, aber jetzt nicht mehr?«
    »Kabel sind ein wenig altmodisch, vor allem wenn man Informationen auf so vielen andern Wegen übertragen kann. Ich bringe dich durcheinander, stimmt’s? Weißt du noch, wie du mir mal Seife zu essen gebracht hast?«
    Sie nickte und freute sich, auf vertrautem Gelände zu sein.
    »Ich muß manchmal solche komischen Sachen essen, weil mein Körper etwas Neues für mich macht oder etwas repariert, das nicht mehr richtig funktioniert. Ich esse manchmal auch kleine Polymerfitzelchen – Plastik sagst du dazu. Oder ich muß mehr Metall zu mir nehmen. Manchmal reichen mir Tabletten aus, aber meistens enthalten sie nicht genug von dem, was ich brauche. Früher mußte ich jede Woche ein paar Kupfermünzen essen, aber heute nicht mehr.« Er nickte ihr zu und lächelte. »Es spielt keine Rolle, Christabel. Ich habe merkwürdige Sachen in mir drin, aber ich bin immer noch ich. Es kümmert mich auch nicht, was in dir drin ist. Magst du noch meine Freundin sein?«
    Sie nickte heftig mit dem Kopf. Sie hatte gar nichts Böses im Sinn gehabt, ganz gewiß nicht, daß sie nicht mehr seine Freundin

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