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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Kids wie ich oder vielleicht richtige Gangster und so. Und wenn dein Papa schmuggelt el viejo von Armeebasis und nimmt ganze Familie mit, sogar ’ne kleine gatita wie du, eh, dase Scheiße mejor, ich schwör.« Er sah zum Wagenfenster hinaus. »Werd bald ab’aun, denk ich, ex und weg.« Er wandte sich ihr abrupt wieder zu. »Sagse einem, bring ich dich um. Null dupp.«
    Wenige Tage zuvor hätte Christabel bei der Aussicht, daß der kleine Junge weglaufen würde, noch vor Freude getanzt. Jetzt fühlte sie sich dabei einsamer und ängstlicher als ohnehin schon.
    Irgend etwas stimmte überhaupt nicht, aber Christabel hatte nicht die geringste Ahnung, was.
     
     
    > Eine schwere rote Feuerwehraxt in der Hand stahl sich Long Joseph in gebückter Haltung den Gang hinunter, ungefähr so, wie er sich wahrscheinlich das Anschleichen seiner kriegerischen Zuluvorfahren an ihre Feinde vorstellte. Jeremiah Dako hatte noch immer keine bessere Waffe gefunden als das Tischbein, mit dem er Joseph und Del Ray bei ihrem unerwarteten Eindringen um ein Haar den Schädel eingeschlagen hätte, aber er rechnete ohnehin kaum mit einer Situation, in der sie dazu kommen würden, jemanden mit irgend etwas zu schlagen.
    Jeremiah hätte Joseph lieber nicht mit dabeigehabt, aber er hätte ihn unmöglich überzeugen können, bei den Geräten und ihren schlummernden Schutzbefohlenen Renie und !Xabbu zu bleiben, und da er kaum in der Lage war, Del Ray allein zurückzuschleppen, hatte Jeremiah nicht auf seiner Ablehnung bestanden. Gott sei Dank hielt Joseph Sulaweyo diesmal wenigstens den Mund.
    Jetzt blieb der Mann vor einem kreuzenden Seitengang stehen und machte eine theatralische Bewegung: Finger an die Lippen, die andere Hand auf den Korridor zur Rechten deutend. Die Albernheit des Gehabes – Jeremiah wußte genau, wo sie waren und wo Del Ray regungslos lag – machte ihm schlagartig die furchtbare Gefahr klar, in der sie schwebten.
    Da draußen sind Männer, die uns umbringen wollen. Männer mit Maschinengewehren und Gott weiß was noch alles. Vielleicht dieselben Männer, die Doktor Susan so zusammengeschlagen haben, daß sie daran gestorben ist.
    Er wußte, wenn er aufhörte, daran zu denken, würden ihm die Beine einknicken, aber jetzt brannte auch die Flamme des Zorns in ihm. Jeremiah legte Joseph eine Hand auf die Brust, erwiderte dessen empörten Blick mit der entschlossensten Miene, die er fertigbrachte, und schob sich an ihm vorbei zur Einmündung des Seitengangs. Er ließ sich auf Hände und Knie nieder und kroch vorwärts, bis er Del Rays Füße sah, einer nur mit Strumpf, der Schuh dazu einen halben Meter daneben. Jeremiah drehte sich der Magen um.
    Weiter, Mensch! Was anderes bleibt dir nicht übrig. Weiter!
    In der Gewißheit, daß jeden Moment jemand aus einem düsteren Winkel treten würde – was irgendwie schlimmer wäre, wollte ihm scheinen, als einfach erschossen zu werden –, schlich Jeremiah auf Del Ray zu … oder wenigstens auf seine Beine …
    Lieber Himmel, und wenn ihn nun eines dieser Maschinengewehre mitten durchgeschossen hat?
    Er wand sich noch ein paar Meter über den Teppichboden, der so alt und abgewetzt war, daß Jeremiah an ein paar Stellen den nackten, kalten Beton am Bauch fühlte, bis er schließlich nahe genug war, um Del Rays unbeschuhten Fuß zu berühren. Wenigstens fühlte er sich warm und lebendig an, aber das hatte nichts zu bedeuten – der Vorfall war ja erst wenige Minuten her. Die Augen vor Angst zugekniffen tastete er sich mit der Hand außen an Del Rays Hosenbein hinauf, bis er zu seiner großen Erleichterung den gestauchten Stoff des Hemdes fühlte, dann Arm, Schulter und zuletzt die Unterseite des Kinns. Immerhin war der Mann in einem Stück.
    Jeremiah hatte soeben den Arm gehoben, um Joseph heranzuwinken, als jemand in sein Ohr zischte. »Wo ham s’ ihn erwischt? Im Bauch? Zwischen den Augen?«
    Als Jeremiahs Herz aus der Kehle an seinen gehörigen Platz zurückgerutscht war, schaute er sich wütend um. »Sei still! Wir müssen ihn hier wegschaffen.«
    »Da gibs ’n Problem«, flüsterte Joseph. »Er hat ’n Mordsrohr auf’m Arm liegen, da.«
    Nachdem er jetzt schon eine Minute hier lag und ihm immer noch niemand eine Kugel in den Rücken gejagt hatte, schöpfte Jeremiah den Mut, sich neben Del Ray hinzuknien. Er berührte die Brust des jungen Mannes, die sich zu bewegen schien, und fühlte dann in der Halsschlagader den lebendigen Puls. Seine Freude verflog jedoch sofort, als er

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