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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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dich hierhergeschafft. Du hast anscheinend einen Schlag auf den Kopf bekommen. Was ist passiert?«
    Del Ray stöhnte wieder, aber diesmal hörte es sich eher nach Ärger als nach Schmerz an. »Ich … ich weiß nicht so recht. Ich kam gerade vom Fahrstuhl, als irgendwas an der Decke gekracht hat.« Er kniff die Augen zusammen und versuchte sich vom Licht wegzudrehen, doch das Hemdpolster an seinem Kopf behinderte ihn. Jeremiah lehnte sich vor, um seine Augen zu beschatten. »Ich denke … ich denke, sie sprengen dort oben mit irgendwas rum. Versuchen, in unsern Teil des Stützpunkts durchzubrechen.« Er verzog schmerzlich das Gesicht und führte langsam eine Hand an den Kopf. Seine Augen weiteten sich ein wenig, als er den Verband fühlte. »Was … Wie schlimm ist es?«
    »Nicht schlimm«, beruhigte ihn Jeremiah. »Ein Rohr ist runtergefallen, denke ich. Wenn sie oben gesprengt haben, wäre das eine Erklärung. Ich habe es laut knallen gehört, dreimal, glaube ich – bumm, bumm, bumm!«
    »Was, wollen die uns jetzt ausbomben?« sagte Joseph. »Schwachsinn! So leicht kriegen die mich nich. Wennse ’n Loch machen, steig ich durch und brat ihnen eins über.«
    Jeremiah verdrehte die Augen. »In einer Beziehung hat er immerhin recht«, meinte er zu Del Ray. »Ich glaube nicht, daß sie durch die Betondecke oder die schwere Fahrstuhltür kommen – wenigstens nicht so schnell.«
    Del Ray murmelte etwas und machte dann Anstalten, sich aufzusetzen. Jeremiah wollte ihn daran hindern, doch der jüngere Mann ließ sich nicht abhalten. Er war blaß und zitterte am ganzen Leib, ansonsten aber machte er einen fast normalen Eindruck.
    »Die Frage ist«, sagte Del Ray schließlich, »wie lange müssen wir durchhalten? Eine Woche? Das könnten wir schaffen. Unbegrenzt lange? Nie und nimmer.«
    »Nich wenn du so rumdödelst und dich von Rohren k.o. schlagen läßt«, erklärte Joseph. »Hab’s ja gesagt, du hättst mich gehen und das machen lassen sollen.«
    In seinem müden und angekratzten Zustand konnte Jeremiah sich nicht bremsen. »Weißt du was, Del Ray? Du warst ein sehr erfreulicher Anblick ohne Hemd. Joseph hat recht gehabt – du bist wirklich ein schöner junger Mann.«
    »Was?« Long Joseph Sulaweyo sprang auf und spuckte fast vor Empörung. »Was redste da? Sowas hab ich nie nich gesagt! Haste ’n Knall oder was?«
    Vor Lachen konnte Jeremiah den Spaß nicht weitertreiben. Sogar Del Ray brachte ein gequältes Grinsen zustande, als der ältere Mann wütend aus dem Raum stampfte, vermutlich um diese Kränkung seiner männlichen Würde mit ein paar Schluck seines kostbaren Weins zu ersäufen.
    »Das sollte ich lieber lassen«, sagte Jeremiah, als er fort war, aber konnte sich dennoch ein letztes Kichern nicht verkneifen. »So schlimm ist er gar nicht, und wir müssen zusammenhalten. Uns gegenseitig helfen.«
    »Mir hast du geholfen«, meinte Del Ray. »Danke.«
    Jeremiah winkte ab. »Nicht der Rede wert. Aber ich hatte Angst. Ich dachte, sie wären durchgekommen, hätten auf dich geschossen. Zum Glück sind sie immer noch draußen, und wir sind hier drinnen sicher, bis auf weiteres. Ach.« Er bückte sich und hob Del Rays Jackett vom Boden auf. »Und wir haben sogar eine Waffe.«
    Del Ray zog den schweren Revolver aus seiner Tasche, drehte ihn in der Hand und betrachtete ihn, als sähe er ihn zum erstenmal. »Ja«, sagte er. »Eine Waffe, aber nur zwei Kugeln.« Er wischte einen kriechenden Blutstropfen von seinem Ohr ab und warf Jeremiah einen kummervollen Blick zu. »Wenn sie es doch schaffen, hier einzudringen, können wir uns damit nicht mal selbst erschießen.«

Kapitel
Der Junge im Brunnen
    NETFEED/MUSIK:
    Christ nicht glücklich als »Superstar«
    (Bild: Christ mit Blond Bitch auf der Bühne)
    Off-Stimme: Lose angelehnt an die Geschichte des Sängers Johann Sebastian Christ, den sowohl die schweren körperlichen Schädigungen einer Adrenochromsucht als auch den Verlust seiner Band bei einem grausigen Bühnenunfall überstand, soll ein Netzdrama gedreht werden – aber dazu müßte eine entscheidende Hürde genommen werden.
    (Bild: Entertainmentjournalistin Patsy Lou Corry)
    Corry: »Anscheinend wird das Netzwerk stark von fundamentalistischen Werbekunden unter Druck gesetzt, weil diese keine Figur namens Christ haben wollen, die eine Hundemaske trägt und von der Taille abwärts nackt auftritt, von etwas weniger krassen Ticks ganz zu schweigen. Das Netzwerk hat den Vorschlag gemacht, die Figur in ’Johann

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