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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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»Und sie hätte dich nicht bestrafen sollen.« Es stieß Renie etwas Weiches in die Hände – eine dünne Decke. »Die hab ich dir mitgebracht, damit dir nicht so kalt ist. Ich geh mit dir.«
    Renie war gerührt, aber auch ein bißchen im Druck. Während sie sich die Decke um die Schultern schlang, fragte sie sich, ob sie da einen großen Gefallen getan bekam oder ob ihr eine große Verantwortung aufgehalst wurde. »Aber … wohin?«
    »Ich geh mit dir zum Wutschbaum. Ihn um Hilfe bitten. Da wollte ich heute schon hin, aber das Auslöschen hat den Weg gefressen, den ich sonst immer gegangen bin. Wir müssen durch den Wald.«
    »Jetzt?«
    Die kleine Gestalt nickte. »Jetzt ist die beste Zeit, um ihn zu finden. Aber wir müssen aufpassen, es sind Jäger unterwegs. Schnöre – und auch Tecks.« Sie blickte ein wenig unsicher auf. »Falls du mit mir kommen willst, heißt das.«
    Renie atmete lange aus. »Klar, versteht sich doch von selbst. Aber du mußt mir unterwegs ein paar Sachen erklären.«
    Es sah etwas seltsam aus, wie sich die dunkle Mundlinie des Steinmädchens verzog, aber das Lächeln war herzlich. »Stimmt, du stellst ja so gerne Fragen, nicht wahr?«
     
     
    > Die Welt um sie herum, hatte Sam das Gefühl, wurde gleichzeitig wirklicher und unwirklicher.
    Wirklicher insofern, als jetzt, wo auf dem Weg flußaufwärts zunehmend stoffliche Dichte an die Stelle gläserner Durchsichtigkeit getreten war, die Wiesen und Hügel alle festkörperlich erschienen und der Fluß selbst richtiges Wasser führte und geräuschvoll neben ihnen einherströmte. Unwirklicher, weil nichts richtig normal aussah, so als ob alles bloß ein Bild wäre, ungenau nach dem Leben kopiert – oder sogar bloß nach einem anderen Bild. Die Farben und Formen waren alle leicht falsch, zu regelmäßig oder schlicht nicht ganz erkennbar.
    »Es ist rein erfunden, denke ich«, sagte !Xabbu , während er eine kleine Gruppe locker zusammenstehender Bäume am Flußufer betrachtete, deren Rinde fingerkuppenähnliche Wirbelmuster hatte und deren völlig kreisrunde Blätter wie durchscheinende Silbermünzen aussahen. »Wie die erste Blume, die ich machte, eine Blume, die mehr eine Idee war als sonst etwas.«
    »Die erste Blume, die du gemacht hast?« fragte Sam nach.
    »Als Renie mir beibrachte, wie man in diesen virtuellen Welten arbeitet.« Er schüttelte den Kopf. »Das hier kommt mir genauso vor – wie von einem spielenden Kind gemacht oder von einem, der etwas ausprobiert.«
    »Hat Renie nicht sowas in der Art gesagt? Sie sagte, der Berg könnte von … dem Andern gemacht worden sein. Von diesem Systemding. Also vielleicht dies alles auch.«
    »Das könnte gut sein. Es ist jedenfalls keine gelungene Kopie einer Landschaft in der realen Welt.« Er strich über einige der silbrigen Blätter und lächelte. »Sieh nur, sie haben zuviel Glanz, zuviel Farbe. Ein Kind würde das ganz ähnlich machen.«
    Jongleur schaute sich mit steinernem Gesicht nach ihnen um. »Vertrödelt ihr beiden immer noch Zeit? Es wird bald dunkel werden.«
    !Xabbu zuckte mit den Achseln. »Vielleicht. Wir kennen die Regeln nicht, die hier gelten.«
    »Willst du von etwas gefressen werden, nur weil du die Regeln nicht kennst?«
    Der kleine Mann mußte sich sichtlich beherrschen. Bis vor kurzem hatte er auf Sam einen allzeit gutmütigen Eindruck gemacht, aber das lange Zusammensein mit Jongleur zehrte sogar an !Xabbus außerordentlichen Höflichkeits- und Gelassenheitsreserven. »Es ist wahrscheinlich eine gute Idee, einen Platz für die Nacht zu suchen, ja«, sagte er mit erzwungener Ruhe. »Wolltest du das damit andeuten?«
    »Wir werden diese … deine Freundin nicht finden. Nicht vor Einbruch der Dunkelheit.« Der Zustand innerer Zurückgezogenheit, in dem Jongleur eine Zeitlang gewesen war, war vorbei. Er sah Sam und !Xabbu an, als würde er sie beide liebend gern mit einem Stock verprügeln, doch er wahrte einen beinahe gesitteten Ton. »Die Verhältnisse hier sind anders als auf dem Berg. Hier könnte es Lebewesen geben, denen wir lieber nicht begegnen möchten.«
    »Na schön«, meinte !Xabbu . »Dann ist dieser Platz hier zum Übernachten nicht schlechter als irgendein anderer. Wenigstens ist der Boden flach.« Er wandte sich an Sam. »In einem Punkt hat der Mann recht: Wir wissen nicht, was uns in diesem neuen Land erwartet.«
    »Wenn du willst, geh ich Holz sammeln oder sonstwas, dann könntest du noch ein letztes Mal nach Renie schauen. Sie rufen oder so.«
    Er

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