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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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war die Gestalt bereits im hohen Gras verschwunden.
    »Halt!« rief !Xabbu . »Es hat sich uns gegenüber nicht feindlich benommen.«
    Jongleur sah ihn grimmig an. »O ja, und der erste Piranha, der dich im Wasser erreicht, ist bestimmt auch lieb und brav. Aber da draußen sind noch viele. Ich habe sie gehört.«
    !Xabbu und Sam setzten beide zu einer Entgegnung an, doch da erschien das großäugige Gesicht abermals am Rand der Lichtung. Obwohl das Wesen wie eine Mißgeburt aussah, war Sam von seiner Tapferkeit gerührt – es war halb so groß wie Sam und ihre Gefährten und hatte offensichtlich furchtbare Angst. Dennoch erschrak sie, als es zu reden begann.
    »Ihr … ihr könnt sprechen?« Es vernuschelte die Worte, aber sie waren trotzdem gut zu verstehen.
    »Ja, wir können sprechen«, entgegnete !Xabbu . »Wer bist du? Magst du kommen und dich zu uns ans Feuer setzen?«
    »Sich ans Feuer setzen …!« explodierte Jongleur. Das schmächtige Geschöpf zuckte vor ihm zurück, aber lief nicht weg.
    »Ja. Dort, wo ich herkomme, vertreiben wir jemanden, der keine feindlichen Absichten erkennen läßt, nicht von unserem Feuer.« !Xabbu drehte sich wieder zu ihrem kleinen, haarigen Besucher um. »Komm und setz dich. Sag uns, wie du heißt.«
    Das Wesen zögerte. Es wippte auf seinen langen Beinen und rieb sich die Vorderpfoten. »Noch andere sind bei mir. Frieren und fürchten sich. Können sie mit ans Feuer kommen?«
    !Xabbu zügelte Jongleur mit einem scharfen Blick, was Sam unheimlich beeindruckte, obwohl sie in diesem besonderen Fall eher zu Jongleurs Auffassung neigte als zu der ihres Freundes. »Ja«, erklärte !Xabbu dem fremden Gast, »wenn sie nichts Böses im Schilde führen.«
    Das Wesen lächelte nervös. »Alle nett. Schlimm … was passiert. Alle haben Angst.« Es machte auf seinen langen Beinen kehrt, doch dann besann es sich noch einmal. »Hans Kuckeldiluff. So heiße ich. Ihr seid nette Leute.« Es wandte sich der Dunkelheit zu und machte einen flötenden Ton, um seine Begleiter herbeizurufen.
    Es war, als hätte jemand die Tür einer Tierhandlung aufgerissen und sämtliche Insassen entkommen lassen. Die vielen Geschöpfe, die vorsichtig aus dem Gestrüpp in den fahlen Feuerschein gekrochen kamen, waren größtenteils klein und hätten für Ratten, Hunde oder Katzen gelten können, bis im Licht ein paar Merkwürdigkeiten sichtbar wurden. Während Sam noch ebenso beunruhigt wie fasziniert beobachtete, in wie vielen winzigen Einzelheiten sie sich von den Tieren unterschieden, denen sie ähnelten, hörte sie ein Schwirren in der Luft und erblickte beim Aufschauen eine weitere Schar Besucher, vogelartige Wesen, die sich ringsherum in den Zweigen niederließen.
    »Was jetzt, hat die Arche ein Leck bekommen?« knurrte Jongleur.
    »He! Er hat fast sowas wie einen Witz gemacht.« Sam bemühte sich um einen lockeren Ton, doch sie nahm nicht die Augen von der Unmenge kleiner, sonderbarer Kreaturen, die jetzt um ihr Lagerfeuer herumstanden. »Er muß echt scännen wie verrückt.«
    »Ich werde das Feuer größer machen«, erklärte !Xabbu dem ersten der Neuankömmlinge. »Wir können euch nichts zu essen anbieten, aber wärmen dürft ihr euch gern.«
    Hans Kuckeldiluff machte mit seinen langen Beinen eine komische Verbeugung. »Nett. Sehr.« Er flötete abermals, und die kleinen Tiere trippelten über die Lichtung und bildeten einen dichten Kreis um das Feuer.
    »Wer sind deine Gefährten?« erkundigte sich !Xabbu , während er mehr buntscheckiges Totholz auf das Feuer legte. »Oder sind es deine Kinder?«
    Sam kam die Frage mehr als komisch vor – wie konnte ein Affenkänguruh Vögel und dreiohrige Kaninchen zu Kindern haben? –, aber Hans Kuckeldiluff schien sie überhaupt nicht ungewöhnlich zu finden. »Nein, nicht meine. Ich mache …« Er stockte und kniff nachdenklich seine großen Rundaugen zusammen. »Ich bringe … ich sorge? Ich sorge für sie? Ja, für die Neuen, ich finde Plätze für sie, Familien. Aber es gibt keine Familien mehr. Außerhalb der Versammlungsstätten ist es sehr schlimm.« Er schüttelte seinen kleinen Kopf. »Wir versuchen, eine Brücke zu finden. Die Welt wird so klein! Ich glaube, der Eine ist uns böse.«
    »Wer … ist der Eine?« fragte Sam. »Und was heißt das, ›Familien für sie finden‹?«
    Der Schatten des Mißtrauens, der über Hans Kuckeldiluffs Gesicht huschte, war selbst in dem trüben Licht deutlich zu erkennen. »Das wißt ihr nicht? Ihr kennt den Einen

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