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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sprachen. Der Eine …! Das ist mein Betriebssystem, von dem sie da sprachen, als ob es ein Gott wäre! Er … es, egal, wie man dazu sagt, der Andere hat Sachen ohne meine Erlaubnis gemacht, sich ungeheure Freiheiten herausgenommen! Deshalb war das System so schwerfällig, deshalb die Probleme mit dem Netzwerk, deretwegen die Gralszeremonie so lange hinausgeschoben werden mußte! Weil das elende Betriebssystem Energie für dieses kleine Privatprojekt hier abzog, für diesen lachhaften, verkorksten Garten Eden. Lieber Himmel, ich bin von allen verraten worden!«
    Nach einer Weile sagte !Xabbu : »Ja, du hast in der Auswahl deiner Diener keine glückliche Hand bewiesen, nicht wahr?«
    Jongleur sah ihn mit einem wölfischen Grinsen an. »Das habe ich auch begriffen, daß du gar kein Wilder bist. Du hast einen unangenehm scharfen Verstand, wenn du ihn mal benutzen willst – wie einer der Giftpfeile deines Volkes, was?« Ächzend ließ er sich auf den Boden sinken. Da erst begriff Sam, daß der Mann nicht vor Wut bebte, sondern daß die Müdigkeit und vielleicht noch etwas anderes schuld war. Sie sah, was er hinter der Maske in Wahrheit war: ein uralter Mann. »Es geschieht mir recht. Ich habe zwei schwere Fehleinschätzungen gemacht, und jetzt muß ich dafür bezahlen. Na, das verschafft euch beiden sicher ein bißchen Befriedigung.«
    Bevor sie etwas erwidern konnte, berührte !Xabbu sie am Arm. »Nichts von alledem verschafft uns irgendwelche Befriedigung«, sagte er leise. »Wir versuchen, am Leben zu bleiben. Dein Betriebssystem und dein … Angestellter, dein ehemaliger Angestellter, sie sind genausosehr unsere Probleme wie deine.«
    Jongleur nickte langsam. »Er ist beängstigend schlau, der junge Mister Dread. Mit dem Namen wollte er mich reizen – More Dread nannte er sich. Versteht ihr die Anspielung? Aber nicht einmal ich habe die volle Bedeutung gesehen.«
    Sam runzelte die Stirn. Sie wußte, !Xabbu wollte, daß der Mann weiterredete, da konnte eine Frage bestimmt nicht schaden. »Ich weiß nicht, was das bedeutet – More Dread.«
    »Die Gralssage. Mordred war König Artus’ Sohn. Der Bastard, der die Tafelrunde verriet. Genau wie Dread mich verraten und möglicherweise meinen Gral zerstört hat.« Jongleur blickte auf seine Hände, als könnten auch sie sich als Verräter erweisen. »Er hat Talente, o ja, die hat er, mein kleiner Johnny Dread. Wußtet ihr, daß er gewissermaßen Wunder tun kann?«
    !Xabbu setzte sich mit der stillen Unauffälligkeit eines Jägers zurecht, der seine Beute nicht aufscheuchen will. »Wunder?«
    »Er verfügt über telekinetische Kräfte. Große Kräfte. Ein genetischer Zufall, eine Begabung, die wahrscheinlich seit einer Million Jahren im menschlichen Erbgut vorhanden ist, aber kaum je bemerkt wurde. Er kann elektromagnetische Ströme beeinflussen. Die Kraftwirkung ist derart verschwindend gering, daß die Fähigkeit dazu vermutlich überhaupt erst wahrnehmbar geworden ist, seit die Menschheit eine Gesellschaftsform ausgebildet hat, die von diesen Strömen abhängig ist. Er könnte mit seiner Geisteskraft keinen Pappbecher vom Tisch schieben, aber elektronische Informationsabläufe kann er verändern. Zweifellos hat er einen Weg gefunden, damit in mein System einzubrechen, die elende Kröte. Aber die Ironie bei der Geschichte liegt darin, daß ich ihm beigebracht habe, diese Kraft zu beherrschen.«
    Das Feuer war wieder dabei niederzubrennen, aber weder Sam noch !Xabbu machten Anstalten, es zu schüren. Flackernd sanken die Flammen in die Glut zurück, und die schematischen Bäume verschmolzen fast mit der Dunkelheit.
    »Ich interessiere mich schon lange für solche … Talente. Ich habe vielerorts Augen und Ohren, und als Meldungen über einen Jungen namens Johnny Wulgaru zu mir drangen, sorgte ich dafür, daß er zur Beobachtung in eines meiner Institute überwiesen wurde. Er besaß nur ein ungeformtes, rohes Talent, aber das war auch kein Wunder, denn er war ein roher Junge. Als ich ihn aufgabelte, hatte er bereits mehrere Morde auf dem Gewissen. Seitdem sind noch viele dazugekommen – die wenigsten davon in meinem Auftrag, muß ich hinzufügen. Aber ich hätte wissen müssen, daß ein Besessener wie er niemals ein gutes Werkzeug abgibt.«
    »Du hast ihn … ausgebildet?«
    »Meine Wissenschaftler haben ihn und sein ungeformtes Talent bearbeitet, ja. Wir lehrten ihn, seine ungewöhnliche Fähigkeit gezielt einzusetzen. Beherrschung, Unterscheidung, Strategie lernte er

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