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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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daß diese unzusammenhängenden Bruchstücke wirklich Dread betrafen. Es war der logische Schluß, aber gänzlich unbeweisbar. Schlimmer noch war jedoch die Tatsache, daß die ganze Arbeit ihr genau nichts von dem lieferte, was sie gesucht hatte, nämlich Informationen über ihren Auftraggeber auf dem Umweg über seine Beziehung zu seinem eigenen Boß, Felix Jongleur.
    Der einzige nennenswerte Datenblock, der einen gewissen Zusammenhang bewahrt hatte, war eine Bilddatei, der Signatur zufolge eine von Hunderten, aber die einzige, die die Datenexplosion überstanden hatte. Es gelang ihr, sie zu öffnen und laufen zu lassen, aber sie konnte mit dem kleinen, körnigen Bild nichts anfangen – eine Aufnahme in einem schlecht beleuchteten Raum, wie es aussah, und vielleicht mit einer Kamera gemacht, deren Akku fast leer war. Auf einen Helligkeitsblitz folgte eine starre Einstellung auf eine kleine, dunkelhaarige Gestalt, die an einem Tisch in einem weißen Raum saß. Eine Off-Stimme gab eine Testnummer an, und sofort zoomte die Kamera auf die Hände der Versuchsperson und einen kleinen Gegenstand, der zwischen ihnen auf dem Tisch lag. Ansonsten geschah zwanzig Sekunden lang nichts, dann ging die Kamera wieder zurück, eine Stimme nannte ein paar Zahlen, und das Segment war vorbei.
    Konsterniert setzte sich Dulcy zurück. Normalerweise hätte sie die ganze Sache als Reinfall verbucht und abgebrochen, aber sie war nach wie vor aufgedreht und nervös und bestimmt noch stundenlang außerstande zu schlafen. Zudem gestand sie sich eine Niederlage nur höchst ungern ein, auch wenn diese Niederlage noch so offensichtlich war. Sie durchsuchte ihr System nach einem Bildoptimierungsgear – sie hatte einmal einem flüchtigen Bekannten, der ebenfalls in den dunkleren Zonen des Informationstransfers tätig war, einen Gefallen getan, und er hatte sich bei ihr mit einem Paket revanchiert, das nach seinen Angaben den ultimativen Standard der militärischen Bildzauberei enthielt – und begann dann zu experimentieren, um zu sehen, ob sie damit an diesem mehr als spärlichen Filmausschnitt etwas ausrichten konnte.
    Als erstes probierte sie, das Gesicht der Versuchsperson optisch zu verbessern. Viel besser wurde es nicht, aber immerhin bekam sie das Bild klar genug, um sicher sagen zu können, daß es sich um einen dunkelhaarigen und ziemlich dunkelhäutigen Jungen handelte. Sie starrte einen Moment verdattert darauf und wußte nicht, ob sie glauben sollte, was doch offensichtlich zu sein schien.
    Kann das Dread sein? Aber er sieht aus wie dreizehn. Wieso sollte Jongleur Filmmaterial von ihm als Dreizehnjährigem haben? Was könnte das für eine Bedeutung haben?
    Jetzt wollte sie es wissen. Sie tüftelte mit dem unbekannten Gear herum, um eine bessere Auflösung zu bekommen, und wünschte dabei, sie würde sich mit dieser Art von Tätigkeit besser auskennen. Es gelang ihr, den Kontrast soweit zu verändern, daß Backenknochen und Kinn unter den glatt herabhängenden schwarzen Haaren hervortraten, und ihr Puls schlug schneller – das Gesicht war auf jeden Fall ähnlich wie Dreads geformt. Aber so sehr sie auch daran herummanipulierte, sie bekam das Bild nicht schärfer, was merkwürdig war, wo sie doch Sachen wie die Tischkante oder die Hände der Person zu einem zwar körnigen, aber deutlichen Bild optimieren konnte.
    Enttäuscht, aber innerlich fest überzeugt, daß er es war, nahm sie sich als nächstes den zwischen seinen Händen liegenden Gegenstand vor, eine dunkle Rautenform, ungefähr zehn Zentimeter hoch und fünf breit. Als sie begriff, daß es kein alltäglicher Gegenstand war, und sie aufhörte, ihn als solchen zu sehen, bekam sie ihn besser fokussiert. Es war eine Art Timer mit einer Digitalanzeige, ungefähr wie eine längliche Armbanduhr ohne Armband. Sie ließ die Aufnahme vor- und zurücklaufen und konnte nach und nach die Zahlenfolgen ausmachen, obwohl sie sich mehrmals vertat, bevor ihr endlich aufging, daß etwa in der Mitte des Experiments oder Tests die Zahlen auf der Anzeige plötzlich rückwärts zu laufen begannen.
    Dulcy schüttelte den Kopf. Ein präpubertärer Dread mit einem Timer vor sich, der erst normal vorwärtslief, dann umschaltete und die Zahlen rückwärts abspulte? Was für ein Experiment war das, zum Donner? Und wieso hatte Jongleur es in dieser streng geheimen Personalakte, oder was es sonst war, abgelegt?
    Sie ließ die Versuchsbilder ein ums andere Mal ablaufen, und obwohl sie mittlerweile keinen

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