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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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raus.«
    Das kleine Steinmädchen holte tief und zittrig Luft. »W-w-wirklich?«
    »Ja, versprochen«, sagte Renie bestimmt. Dabei schlang sie die Arme um sich, um das Zittern zu beruhigen. Was sollte sie denn sonst sagen?
     
     
    > Drei leere Plastikflaschen Mountain Rose lagen vor ihm auf dem Boden wie ausgebleichte Knochen. Long Joseph betrachtete sie mit einem Gefühl, das nicht sehr weit von Verzweiflung entfernt war.
    Mußte so kommen, haderte er mit sich. Auch wenn du immer nur ’nen Tropfen trinkst, irgendwann is trotzdem mal Schluß…
    Und das Verreckte war, daß er absolut nichts machen konnte und insofern einen heilenden, wärmenden Schluck hin und wieder dringender denn je gebraucht hätte. Und gerade jetzt, wo ein kleines Stück über ihm Männer darauf aus waren, ihn und seine Tochter umzubringen, und er zudem schon wochenlang hier in diesem Berg lebendig begraben war, als Gesellschaft nur den langweiligen, pingeligen Jeremiah Dako und noch Del Ray Chiume, auf den er auch hätte verzichten können – ausgerechnet jetzt hatte er nichts zu trinken.
    Er fuhr sich mit der Hand über den Mund. Er wußte, daß er kein Säufer war. Er kannte Säufer, er sah ständig welche, Männer, die vor den Kneipen herumtorkelten und sich kaum noch auf den Beinen halten konnten, Männer mit eingetrockneten, alten Pisseflecken auf den Hosen und einem Atem, der wie Farbverdünner roch, Männer mit Augen wie Gespenster. So einer war er nicht. Aber er wußte auch, daß er ein bißchen Trost gut gebrauchen konnte. Es war gar nicht so sehr, daß er unbedingt trinken wollte, es war nicht der Geschmack, nicht einmal das sanfte, beglückende Glühen, wenn die ersten paar Schlucke sich im Magen sammelten. Aber ihm war, als ob sein ganzer Körper ein bißchen locker wäre und schlecht paßte, als ob sein Gerippe sich nicht richtig ins Fleisch fügte, als ob seine Haut die falsche Größe hätte.
    Joseph grunzte und stand auf. Wozu das alles überhaupt noch? Selbst wenn Renie zurückkam und aus ihrer elektrischen Badewanne stieg wie dieser Dingsbums, dieser Lazarus aus der Bibel, gesund und glücklich und stolz auf ihren Papa, selbst dann würden sie nicht lebendig aus diesem Berg herauskommen. Nicht mit vier Killern da oben, brutalen, gnadenlosen Kerlen, die entschlossen waren, sie auszugraben wie ein Ameisenbär einen Termitenbau.
    Joseph begab sich mit steifen Schritten zur Reihe der Monitore hinüber. Die Männer oben hatten zwar den Rauch noch nicht ganz hinausgewedelt, aber die Luft sah schon viel klarer aus. Sie würden sich bald wieder an die Arbeit machen und durch den Rest der Betondecke brechen. Was dann – Granaten? Loderndes Benzin auf sie kippen, damit sie verbrannten wie Ratten? Er zählte die Gestalten in der trüben Atmosphäre. Ja, vier. Na, wenigstens hatten sie einen von ihnen mit Sellars’ Großbrand erledigt. Aber das bedeutete nur, daß die übrigen noch fieser mit ihnen umspringen würden, wenn es soweit war.
    Fieser? Du machst wohl Witze, Mann. Dies hier war nicht wie in Pinetown, bloß eine von diesen Massenkeilereien nach zuviel Bier, bei denen die Leute mit Fäusten und Brettern aufeinander losgingen und das Weite suchten, sobald ein Messer gezückt wurde, nicht einmal eine von der üblen Sorte, wo die rivalisierenden Horden junger Männer plötzlich ihre Ballermänner tackern ließen, wie wenn ein Stock über einen Zaun gezogen wird, und die Leute mit langen Gesichtern stehenblieben und genau wußten, daß gerade etwas Schreckliches passiert war … Nein, dies war von Anfang an eine ganz andere, sehr viel härtere Nummer gewesen.
    Der Druck war jetzt ziemlich schlimm, der Impuls zu fliehen, abzuhauen, so schnell wie möglich ins Freie zu kommen. Vielleicht konnte er ja noch einen anderen Weg nach draußen finden als den vorher, ein Heizungsrohr oder so etwas. Sie würden Renie und den kleinen Mann aus diesen Badewannen holen müssen, diesen verkabelten Särgen, aber das, was sie da drin machten, konnte auf keinen Fall wichtiger sein als ihr Leben.
    Und was dann? Über die Berge rennen, verfolgt von diesen Männern in ihrem großen gepanzerten Laster?
    Er schlug mit der Hand auf die Konsole und wandte sich ab. Er wollte nichts weiter als sich irgendwas in die Kehle kippen. War das zuviel verlangt, wenn einer zum Sterben verurteilt war? Selbst im Westville Prison kriegte das arme Schwein vor der Hinrichtung eine Henkersmahlzeit, nicht wahr, und ein Bier oder einen Wein dazu.
    Joseph knetete nervös mit

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