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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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winkte ab und setzte sich wieder. Azador flüsterte Jongleur etwas ins Ohr, dann begab er sich zu der um Orlando versammelten Gruppe zurück. Jongleur fixierte Paul eine ganze Weile, bevor er sich wieder niederließ. »Du wirst kein Wort mehr davon sagen«, erklärte er herrisch.
    »Ich werde sagen, was ich will. Wenn du sie nicht eingesperrt und wie ein Museumsstück behandelt hättest, wäre das alles nicht geschehen.«
    »Du begreifst nichts«, versetzte Jongleur, doch die Bissigkeit war aus seiner Stimme gewichen. »Gar nichts.«
    Eine Zeitlang lauschte Paul nur dem fernen Zischen und Knacken des Feuers, der murmelnden Unterhaltung seiner Gefährten. »Du hast mich also in diesen simulierten Ersten Weltkrieg gesteckt«, sagte er schließlich. »Du hast mich bewachen lassen. Ich war der Köder.«
    Jongleur betrachtete ihn wie aus großer Ferne. »Ich hoffte, sie anlocken und fangen zu können, ja. Vielleicht irgendwann genug Kopien für eine möglichst genaue Rekonstruktion der wirklichen Avialle beisammen zu haben.«
    »Warum? War sowas Normales wie väterliche Liebe die Ursache? Oder etwas Perfideres? Hast du es nur deswegen gemacht, weil sie dir gehörte und du dein rechtmäßiges Eigentum wiederhaben wolltest?«
    Der alte Mann versteinerte. »Was in meinem Herzen ist … geht niemanden etwas an.«
    »Herz? Du hast ein Herz?« Er rechnete mit einem Wutausbruch, doch diesmal war Jongleur für eine Erwiderung anscheinend zu matt und verbittert. »Was sollte das Ganze dann? Das Haus, der Park, dieses ganze irrsinnige Museum, in dem die Zeit stillstand – was hast du damit bezweckt?«
    Jongleur reagierte lange nicht. »Weißt du, was ein Uschebti ist?« fragte er schließlich.
    Paul schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich kenne das Wort nicht.«
    »Es spielt keine Rolle«, sagte Jongleur. »Überhaupt ist dieses ganze Gerede sinnlos. Wir werden beide bald tot sein. Wenn das System zusammenbricht, werden alle hier sterben.«
    »Wenn es keine Rolle spielt, dann kannst du mir genausogut die Wahrheit sagen.« Paul beugte sich vor. »Du wolltest mich umbringen, nicht wahr? Ava hatte recht damit. Du wolltest mich umbringen, mich zertreten wie einen Wurm. Stimmt’s?«
    Felix Jongleur musterte ihn mit einem langen, abschätzenden Blick, dann sah er wieder ins Feuer. »Ja.«
    Paul setzte sich mit einem makabren kleinen Triumphgefühl zurück. »Aber warum?«
    Jongleur schüttelte den Kopf. »Es war ein Fehler. Ein fehlgeschlagenes Projekt. Benannt wurde es nach den Uschebtis der ägyptischen Gräber, den kleinen Statuetten, die im Jenseits für den toten Pharao arbeiten sollten.«
    »Da komm ich nicht ganz mit. Du wolltest, daß ich für dich arbeite, wenn du tot bist?«
    Ein eisiges Lächeln zog über Jongleurs Gesicht. »Nicht du. Du nimmst dich selbst zu wichtig, Herr Jonas. Eine verbreitete Angewohnheit bei den Bewohnern deiner kleinen Insel.«
    Paul schluckte eine scharfe Entgegnung hinunter. Der alte Franzose wollte also die Briten beleidigen – na schön. Er hatte niemals im Ernst mit der Möglichkeit gerechnet, mit dem Mann von Angesicht zu Angesicht reden zu können. Er durfte die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen. »Wer dann? Oder was?«
    »Ich nahm das Uschebtiprojekt vor vielen Jahren in Angriff, zu einem Zeitpunkt, an dem ich mir ziemlich sicher war, daß der Gralsprozeß nicht gelingen würde. Die ersten Ergebnisse mit dem Thalamusdoppler waren sehr schlecht, und das Betriebssystem des Gralsnetzwerks – der Andere, wie manche es nennen – war instabil.« Jongleur runzelte die Stirn. »Ich war schon sehr, sehr alt. Wenn das Gralsprojekt nicht glückte, mußte ich sterben. Aber ich wollte nicht sterben.«
    »Wer will das schon?«
    »Wenige verfügen über Mittel wie ich. Wenige haben den Mut, die feige Kapitulation der Menschen vor dem Tod nicht mitzumachen.«
    Paul bezähmte seine Ungeduld. »Du hast also dieses … Uschaktiprojekt begonnen?«
    »Uschebti. Ja. Wenn ich schon mein tatsächliches Ich nicht verewigen konnte, wollte ich wenigstens das Zweitbeste tun. Wie die Pharaonen wollte ich meine Linie unsterblich machen. Ich wollte das heilige Blut bewahren. Zu diesem Zweck wollte ich eine Version von mir erschaffen, die meinen Tod überlebte.«
    »Aber du hast doch gerade gesagt, daß das technisch nicht ging …«
    »Gewiß. Deshalb dachte ich mir die bestmögliche Alternative aus. Ich konnte, wie es schien, dem Tod nicht entkommen, deshalb erzeugte ich einen Klon.«
    Eine Reihe von

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