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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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abgeblasen, deshalb war es sowieso ohne Bedeutung.«
    »Es war von Bedeutung für mich«, sagte Paul mit verhaltenem Zorn. »Es war von Bedeutung für mich und Ava.«
    »Du sollst nicht mehr so von Avialle reden. Ich bin deine Vertraulichkeit leid.«
    Paul preßte die Augen zu, um die Wut zu unterdrücken, deren Ausbruch alle Fragen und Antworten beendet hätte. »Dann sag mir noch eines: Warum hast du von allen armen Schweinen auf dieser Welt gerade mich ausgesucht? War es purer Zufall? Hast du einfach den ersten akzeptablen Kandidaten für diese kleine … Ehre genommen? Oder gab es an mir irgend etwas Besonderes?«
    Als er wieder aufschaute, waren die Augen des alten Mannes abermals glasig und tot. »Weil du in Cranleigh warst.«
    »Was?« Das war die letzte Antwort, mit der er gerechnet hatte. »Das ist nicht dein Ernst! Meine Schule?«
    Jongleurs Feixen sollte wohl hämisch wirken, doch zu Pauls Überraschung sah es beinahe wehleidig aus. »Ich wurde als Kind dorthin geschickt. Die englischen Jungen nahmen mich als schwächlichen Ausländer aufs Korn. Ich wurde von ihnen gepeinigt.«
    »Und aus dem Grund hast du mich ausgewählt? Du wolltest mich bloß deshalb ermorden, weil ich in Cranleigh war?« Wider Willen brach ein wildes, fast hysterisches Gelächter aus Paul heraus. »Herrje, ich hab den Laden gehaßt. Die älteren Jungen haben mich genauso behandelt wie dich.« Mit Ausnahme von Niles, fiel ihm ein, und der Gedanke zog einen anderen nach sich. »Und was ist dann später mit mir passiert – mit meinem wirklichen Körper? Bin ich tot wie Ava? Hast du mich umbringen lassen?«
    Der alte Mann war erschlafft. »Nein. Wir haben einen Autounfall inszeniert, aber nicht mit deinem Körper. Der liegt immer noch hoch und trocken in einem der am Projekt beteiligten Labore und lebt, soweit ich weiß. Die nach England überführten Überreste waren die irgendeines Penners. Die britischen Behörden hatten keinen Anlaß, die Identität der Leiche anzuzweifeln.«
    Na schön, ich bin nicht wirklich tot, aber der Unterschied ist gering, dachte er. Niles setzt mit Sicherheit nicht Himmel und Hölle in Bewegung, um mich zu finden. Er wird den Spruch über den »armen, alten Paul« schon vor langem abgelassen haben. »Wie lange?« fragte er.
    Jongleur blickte ihn mit gereiztem Unverständnis an. »Was?«
    »Wie lange bin ich schon in deinem verdammten System? Wie lange ist es her, daß du deine Tochter getötet hast und mich so gut wie?«
    »Zwei Jahre.«
    Mit buttrigen Beinen und zitternden Knien rappelte Paul sich auf. Er konnte dem Mörder nicht länger gegenübersitzen. Zwei Jahre. Zwei Jahre gelöscht und sein Leben ruiniert, ohne jeden Grund. Wegen eines gescheiterten, geisteskranken Projekts. Weil er auf die falsche Schule gegangen war. Es war der trostloseste Witz, den man sich vorstellen konnte. Er stolperte vom Feuer weg, zum Brunnen. Er wollte weinen, doch er konnte nicht.
     
     
    > Orlando regte sich, wehrte sich sogar ein wenig gegen sie. Widerstrebend ließ Sam ihn los und setzte sich hin. »Hat er was?«
    »Er wacht einfach auf, denke ich«, antwortete Florimel.
    Über T4bs Schulter hinweg sah Sam, daß Paul Jonas abrupt aufstand und durchs Lager davonwankte, auf den Krater zu. !Xabbu fiel ihr ein, und sie war hin- und hergerissen zwischen der Furcht um Paul und dem abgrundtiefen Widerwillen dagegen, von Orlandos Seite zu weichen, doch Martine erhob sich bereits.
    »Ich gehe Paul nach«, erklärte sie. »Ich kann auch später noch mit Orlando sprechen.«
    Orlandos Lider flackerten, dann gingen sie auf. Er blickte in die über ihn gebeugten Gesichter. »Ich hatte einen total irren Traum«, sagte er nach ein paar Sekunden. »Du warst darin, und du und du und du!« Seine Lippen zitterten. »Das sollte ein Witz sein.« Er brach in Tränen aus.
    Sam schlang die Arme um den weinenden Barbarenkrieger. »Schon gut. Wir sind ja da. Ich bin da. Du bist gut aufgehoben.«
    Florimel räusperte sich und stand auf. »Es gibt hier viele Verletzte überall. Ich will mal sehen, ob ich für irgend jemand was tun kann.« Von den anderen hatte sich niemand erhoben. Florimel bedachte T4b mit einem strengen Blick. »Javier, ich bin immer noch ziemlich empört, daß du uns angelogen hast, aber vielleicht verzeihe ich dir eher, wenn du mitkommst und mir hilfst.«
    »Will aber noch Orlando auschecken …«, begann er, doch dann verstand er Florimels Gesichtsausdruck. »Yeah, tacko, komm schon.« Er stand auf, bückte sich noch einmal

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