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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Vorstellung zu einem Riesen angewachsen, der mit schwarzen Klauen die kreischenden Flüchtlinge händeweise aufschaufelte, sie prüfend beäugte und dann von sich schleuderte, so daß sie zerbrochen und zermatscht auf dem Boden landeten.
    Er sucht uns, dachte Sam. Uns! Jeden Moment wird er diesen Pfad runterkommen … Sie war vor Furcht ganz außer sich, so daß sie beinahe in Ohnmacht gefallen wäre, als sie um eine Biegung auf ein breiteres Stück des Weges kam und von hinten gegen Paul Jonas lief.
    »Sam?« rief er, genauso erschrocken wie sie.
    Sie hatten Martine abgesetzt, und sie lag wie ein Embryo zusammengerollt mitten auf dem Weg. Orlando trat um sie herum und faßte Sam so fest am Arm, als ob er sie nie wieder loslassen wollte. »Menschenskind …« Er warf einen flüchtigen Blick auf den schlaff dahängenden Cho-Cho, als ob er ihn nicht richtig wahrnehmen würde. »Mann, Frederico, ich wußte nicht, wo du warst!«
    »Ich … mußte zurück«, japste sie. »Es ist der kleine Junge – das heißt, es ist Sellars…«
    »Ich kann nicht länger bei euch bleiben.« Sellars’ gehetzte Stimme neben ihrem Ohr jagte ihr den nächsten Schreck ein. »Es gibt zuviel zu tun. Sagt Martine, sie muß die Verbindung um jeden Preis offenhalten. Ich komme wieder.«
    »Geh nicht!« sagte Paul. »Dieser Mörder … Dread … er ist direkt hinter uns.«
    »Ich kann nichts mehr für euch tun«, erklärte Sellars kurz angebunden. »Tut mir leid, aber mir wächst hier bei mir alles über den Kopf. Was auch geschieht, Martine darf auf keinen Fall die Verbindung zum Herzen des Systems verlieren. Sie muß um jeden Preis daran festhalten!«
    »Verdammt, Sellars, untersteh dich und …!« begann Paul, da torkelte Sam gegen ihn und wäre beinahe vom Pfad in die Tiefe gefallen: Der kleine Körper, den sie über der Schulter hängen hatte, fing plötzlich an, wie wild um sich zu schlagen.
    »Laß mich runter!« schrie Cho-Cho. Mit einer freien Hand grapschte er nach ihrem Gesicht, und sie geriet abermals ins Stolpern. Auf einmal spürte sie keinen Boden mehr unter ihrem linken Fuß, fand dann aber mit der Ferse den Rand des Weges. Sie schwankte und versuchte verzweifelt, das Gleichgewicht wiederzugewinnen.
    »Laß los!« Der Ellbogen des Jungen traf sie so fest an der Schläfe, daß ihr die Knie weich wurden und sie zur Seite kippte. Das Gewicht schwand von ihren Schultern.
    Ich hab ihn fallenlassen, durchfuhr es sie, und schon schien auch sie ins Leere zu stürzen, da packte eine mächtige Faust sie hinten am Hemd und riß sie wieder auf den Felsabsatz zurück.
    Ein kurzes Flackern tief unten im Brunnen malte schwache silberne und blaue Streifen auf Orlandos Heldengestalt. Er hielt den immer noch zappelnden Cho-Cho an die nackte Brust gedrückt. »Bist du total durchgescännt?« herrschte er den Kleinen an und stieß ihm hart mit dem Kinn auf die Schädeldecke. Die erzieherische Wirkung machte sich augenblicklich bemerkbar, denn Cho-Cho hörte auf, sich zu sträuben, und hing mucksmäuschenstill in der Beuge von Orlandos muskulösem Arm.
    »Ihr seid alle da unten im Loch, stimmt’s?« Es war wieder Dread, halb belustigt und halb verärgert. Seine Worte kribbelten durch Sams Schädel wie eine Ameisenstraße. Orlando hörte es auch, denn er verzog gequält das Gesicht. »Wollt ihr wirklich, daß ich euch holen komme? Habt ihr die Spielchen nicht langsam satt?«
    Paul Jonas war neben Martine in die Knie gegangen und machte Anstalten, sie wieder hochzuheben.
    Orlando drückte noch einmal Sams Arm. »Tja, vielleicht bild ich mir das ja bloß ein, Frederico.« Sein heroischer Versuch, einen beiläufigen Ton anzuschlagen, konnte das Beben in seiner Stimme nicht verbergen. Seine Hand zitterte wahrscheinlich auch, aber Sam schlotterte ihrerseits so heftig, daß sie es nicht sagen konnte. »Aber könnte unser Freund Graf Dreadula vielleicht Australier sein?«
     
     
    > Catur Ramsey platzte gerade noch rechtzeitig ins Nebenzimmer, um Sellars’ letzte Worte zu hören. Der alte Mann klang schlimmer denn je, so schwach, als spräche er vom anderen Ende der Galaxis durch einen Gartenschlauch.
    »… keine Zeit, alles nochmal zu erklären«, sagte er. »Es geht jetzt um Minuten.«
    Kaylene Sorensen stand breitbeinig und mit geballten Fäusten vor Christabel, als stellte die versagende, körperlose Stimme, die vom Wandbildschirm kam, eine unmittelbare Bedrohung für ihre Tochter dar. »Du mußt verrückt sein! Mike, bin ich denn die einzige hier, die

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