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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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wirklich.
    Eine Gestalt bewegte sich zuckend in dem vorderen Behälter und stemmte sich dann schwerfällig in die Höhe, beschienen von der sanften Beleuchtung am Innenrand des Deckels.
    Auf Ramseys Seite war die Leitung offen, und er schrie jetzt den Bildschirm an, kam aber offensichtlich nicht zu Olga durch. Er konnte nur immerzu ihren Namen brüllen, während ein ungeheuer dicker, nackter Mann aus dem leuchtenden Behälter kletterte.
     
     
    > Sie setzte die MärchenBrille auf. Es war gut, im Dunkeln hinter den Gläsern zu sein. Sie konnte die Stimme ihrer Mutter im Nebenzimmer hören. Mami war echt wütend – wütend auf Herrn Sellars, wütend auf Papi, sogar wütend auf Herrn Ramsey, obwohl der gar nichts gemacht hatte, soweit Christabel sehen konnte.
    Es war gut, im Dunkeln zu sein. Sie wünschte, sie hätte auch eine Brille für die Ohren.
    »Erzähl mir eine Geschichte«, sagte sie zu der Brille, doch nichts geschah. Die Gläser blieben schwarz. Es gab nicht einmal eine Mitteilung von Herrn Sellars. Das machte sie traurig – er hatte so müde geklungen, so weh. Sie wünschte beinahe, ihre Eltern hätten die Geheimnisse nicht herausgefunden, die sie mit ihm gehabt hatte, ihre Besuche, die Sachen, mit denen sie ihm geholfen hatte, alles, die ganzen geheimen Sachen. Wie er lächelte und sie »kleine Christabel« nannte.
    Ihr geheimes Wort.
    »Rumpelstilzchen«, sagte sie. Licht entfaltete sich vor ihren Augen wie eine Blume.
    »Das ist jetzt wie ein Anruf an jemanden, der ganz weit weg ist«, sagte Herrn Sellars’ Stimme in ihren Ohren. »Oder wie wenn du ins Netz gehst. Ich werde gleich bei dir sein …«
    »Wo bist du?« fragte sie, doch seine Stimme redete einfach weiter, er hörte sie nicht. Es war wieder eine aufgezeichnete Mitteilung, wie das Mal davor.
    »… und dann werde ich bei dir bleiben, das verspreche ich. Aber ich mache gerade viele Sachen auf einmal, kleine Christabel, und es kann einen Moment dauern, bis ich dich erreiche. Hab keine Angst. Warte einfach.« Das Licht bewegte sich jetzt, tanzte, kreiselte. Sie bekam davon Kopfweh. Sie wollte die Brille absetzen, aber aus irgendeinem Grund konnte sie sie nicht finden, als sie hinfaßte. Sie tastete ihren Kopf, aber er schien sich zu verändern – erst fühlten sich ihre Haare an den Fingern ganz komisch an, dann überhaupt nicht mehr wie Haare. Auf einmal strömte das Licht von ihr fort und zog sie mit, als ob sie in den Abfluß der Badewanne gesaugt würde, und das Licht hatte auch einen Ton, ein Heulen wie der Wind oder wie weinende Kinder.
    »Hör auf!« kreischte sie. Sie hatte jetzt ganz arg Angst. Ihre Stimme klang verkehrt, laut in ihrem Kopf drin und dabei doch so echoig und weit weg. »Ich will nicht …!«
    Das Licht war überall. Dann war das Licht fort. Alles war dunkel, und sie hatte gar kein Gefühl mehr. Ein paar Sekunden lang war sie ganz allein, so allein, wie sie im Leben noch nie gewesen war, wie in einem bösen Traum, nur wach, und es gab niemand anders mehr auf der ganzen Welt, Herrn Sellars nicht, Mami nicht, Papi nicht …
    Aber dann gab es doch noch jemanden.
    Sie hielt ängstlich den Atem an, doch es war mehr wie ans Atemanhalten Denken, weil sie keinen Druck auf der Brust spürte. Ihr war, als würde sie gleich Pipi in die Hose machen, aber auch das fühlte sich nicht wirklich an. Irgend etwas suchte sie. Etwas Großes. Es war in der Dunkelheit.
    Es berührte sie. Christabel wollte schreien, schlagen, doch sie hatte keinen Mund, keine Hände. Es war so kalt! Es war, als ob das ganze Schwarz gefroren wäre, als ob sie im Kühlschrank wäre, und die Tür war zu und das Licht aus, und sie konnte nicht raus und niemand hörte sie und niemand hörte sie und niemand …
    Das große, kalte Etwas berührte sie in ihrem Kopf drin.
    Diese Geschichte im Netz, die eine da, die ich nicht gucken durfte, von einem Riesengorilla, der eine Frau hochnimmt und sie beschnüffelt und betrachtet, und es war so gruselig, daß ich dachte, gleicht schmeißt er sie auf den Boden, oder er steckt sie in sein Maul und zerkaut sie mit seinen Zähnen, und dann hab ich in die Hose gemacht, und ich hab’s nicht mal gemerkt, bis Mami reingekommen ist und gesagt hat Ach du liebe Güte was schaust du dir denn da an Mike du hast den Bildschirm angelassen und jetzt hat sie in die Hose gemacht und die Couch ruiniert bloß wegen deinem dämlichen Monster ich hab dir doch gesagt daß sie zu klein ist …
    Und dann ließ es sie los. Das große, kalte Etwas

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