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Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Otherland 4: Meer des silbernen Lichts

Titel: Otherland 4: Meer des silbernen Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Zorneswallung unterdrücken. Na klar, wenn sie sich im Innern des Systems selbst befanden, gab es natürlich keine normalen Effektordaten. Aber irgendwo im virtuellen Raum des Netzwerks mußte diese Märchenwelt angesiedelt sein; genau wie er dem Betriebssystem durch seine Lücken nachgejagt war, würde er dieser Verbindung nachjagen, bis er das eine oder andere Ende gefunden hatte.
    Er griff jetzt danach, streckte sich geistig danach aus, und sein Dreh erwachte zum Leben wie ein weißglühender Faden. Der offene Kommunikationskanal war ein silbernes Drähtchen, zart, vibrierend. Er würde hindurchströmen und sie alle aufspüren. Er würde das System aus seinem Loch treiben und es peinigen, bis die Barriere fiel, und dann würde er die anderen packen, und sie würden ihm ausgeliefert sein, ganz und gar, bis zu ihrem letzten hechelnden Atemzug.
     
     
    > »Ich glaube, ich … fühle !Xabbu «, keuchte Martine. Sam erschrak über ihr gequältes, fratzenhaftes Gesicht. »Aber er ist eine Million Kilometer entfernt – eine Milliarde! Auf der anderen Seite das Universums! Es ist zu … zu weit.«
    Martine Desroubins erhob sich taumelnd, hielt sich den Kopf. Paul Jonas wollte sie stützen, doch sie machte sich mit einem Ruck von ihm los.
    »Laß mich!« bat sie. »Es ist so schwer … so schwer … zu hören …«
    »Du mußt die Verbindung offenhalten«, sagte Sellars durch den Mund des kleinen Cho-Cho. »Ich bin noch nicht bereit.«
    »Kann nicht …« Martine krümmte sich und preßte die Finger gegen den Schädel, als fürchtete sie, er könnte zerbersten. »Etwas Schreckliches … ah! Aaah! Der Andere! Er leidet … ganz furchtbar!« Dann knickten ihre Knie ein, und sie fiel vornüber aufs Gesicht.
    Paul Jonas stürzte zu ihr. Als er sie hochhob, hing sie schlaff in seinen Armen.
    »Ob bereit oder nicht.« Es war Dread, und er flüsterte direkt in Sams Kopf. »Jetzt komme ich!« Sie schrie vor Angst auf.
    Die anderen hatten ihn offensichtlich auch gehört: Vor Schreck ließ Paul Martine beinahe zu Boden plumpsen. Dann erbebte die ganze Szenerie ein weiteres Mal und blieb stehen. Es dauerte nur einen Moment, doch als die Welt um Sam herum sich wieder ruckend in Bewegung setzte, war alles anders.
    Es ist so kalt…! Ein tiefwinterlicher Frost war über das raumtemperierte Universum hereingebrochen. Und mit der Kälte kam noch etwas, eine würgende Todesangst, die ihr fast den Atem benahm. Sie hörte mehrere ihrer Gefährten aufschreien, doch sie hielt die Augen fest geschlossen, weil ihre sämtlichen kindlichen Instinkte sie drängten, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und darunter zu bleiben, bis das Grauen vergangen war.
    Aber es gab keine Decke.
    »Um Gottes willen, jetzt ist es aus!« rief Paul. Über den anschwellenden Lärm, den die am Brunnenrand verteilten Märchenwesen in ihrer Panik machten, konnte Sam seine Stimme kaum verstehen. Starke Finger schlossen sich um ihren Arm, und sie schrie auf.
    »Steh auf, Sam«, sagte Orlando. »Es geht los.«
    Sie machte die Augen auf. Orlandos Thargorkörper kam ihr anders vor, irgendwie nicht richtig, und das lag nicht allein an dem merkwürdigen Licht. Er sah unfertig aus, so als ob die äußere Schicht der Wirklichkeit abgeschält worden und nur das Grundgerüst übriggeblieben wäre.
    »Es stirbt wirklich«, sagte er, und sie konnte die Angst in seiner Stimme hören. »Das ganze Ding stirbt. Guck uns an.«
    Sam besah sich ihren vertrauten braunen Arm, jetzt rötlichgrau in dem trübe glimmenden Licht des Brunnens und so unwirklich wie alles andere. Der Krater, die Landschaft, ihre Gefährten, alles hatte etwas Wesentliches eingebüßt, wodurch es naturgetreu wurde, war in einen primitiveren Zustand zurückgefallen, genau wie vorher der schwarze Berg während des langen Abstiegs nach und nach degeneriert war.
    Wir sind keine Menschen, dachte sie, während sie die glatten Flächen von Paul Jonas’ Gesicht betrachtete, Orlandos steife Muskelpakete. Wir sind in Wirklichkeit Puppen.
    Sie rappelte sich auf, krampfhaft bemüht, die aufsteigende Furcht niederzuhalten. Nein, es ist das Betriebssystem, der Andere, nicht wir. Es verliert die Kontrolle. Der Traum entgleitet ihm …
    »O Mann, das dumpft ultra«, schnaufte Orlando. Er hielt sein Schwert hoch, aber nicht kampfbereit, sondern wie um damit einen erschreckenden Anblick zu verdecken.
    Die Barriere war dabei zu verschwinden.
    Am Rand der großen Ansammlung zerfiel das schillernde Wolkennetz, das sie geschützt

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