Outback
hat, am 22. September in Sydney vor den Bus geworfen hat. Seine Frau hat ihn übrigens mit der dreijährigen Tochter am Tag davor verlassen.“
„Aha ...“ Shane erinnerte sich an jenen Abend an dem Kim mit Pamela an der einen Hand und einem Koffer in der anderen ausgezogen war. Kurz danach hatte sie die Scheidung eingereicht.
„Hallo, sind Sie noch dran?“, fragte Russell.
„Ja, ja “ , sagte Shane rasch. „W ir sollten uns treffen, heute Abend . “
„Heute Abend? Geht nicht. Ich muss nach Longreach ... “
„Morgen.“
„Am Samstag?“
„Genau, am Samstag. Neun Uhr.“ Shane legte auf. Russell schien genauso kooperativ wie Paddy zu sein. Er versuchte, seine Wut herunter zu schlucken. Webster kam zurück, schüttete Wasser in die Kaffeemaschine. Er wirkte immer etwas ungelenk in seinen Bewegungen als fürchte er ständig, zurechtgewiesen zu werden.
„Wie gefällt es Ihnen hier eigentlich?“, fragte Shane. Webster wurde knallrot, schluckte – und z uckte die schmächtigen Schulte r n .
„Ich hab es gern ruhig.“ Er blinzelte mit seinen rotblonden Wimpern.
„Keine Freunde? Freundin?“
„Na, ja. Aber mir gefällt es hier.“ Webster lachte nervös.
Shane wollte ihn nicht weiter quälen. Da war er wieder, dieser Gedanke, dass man ihn loswerden wollte. Coocooloora, das Ende seiner Karriere. Als Webster ihm eine Tasse Kaffee hinstellte, riss sich Shane zusammen und machte sich an die Arbeit. Je zügiger er vorankam, desto schneller wä r e er wieder in Brisbane.
Am Nachmittag quälte sich das Fax aus der Maschine. „Sagen Sie nichts gegen die alte Matilda, funktioniert immer, ohne Mucken“, hatte Paddy auf Shanes herablassende Bemerkung gesagt. Warum er das Faxgerät Ma tilda, die Kaffeemaschine Babe und die Schreibmaschine Eleanor nannte, erklärte er nicht näher. Das Auto, der Computer und die Pistole waren männlich. Das Auto hieß Charly, der Computer Teddy und die Waffen Mickey. Sicher nannte Paddy seinen Schwanz Willy, dachte Shane noch bevor er sich dem Fax widmete.
Ob der Tod durch die Dekapitation eingetreten war, ließ sich leider nicht mehr feststellen, schrieb Eliza Lee. Eine Verletzung setzte blitzschnell Produktion und Wanderung von Leukozyten in Gang, die an der verletzten S telle die eintretenden Bakterie n angriffen. Wäre also im lebendigen Zustand die Enthauptung vorgenommen worden, hätten sich diese Leukozyten an den durchtrennten Gewebeteilen befunden. Der Tote war etwa fünfundvierzig Jahre alt, e insneun undsiebzig b is eins fünfundachtzig groß und z irka fünfundsiebzig Kilo schwer. Der Kopf musste mit einem kräftigen Schlag eines scharfen und schweren Gegenstandes, einer Axt womöglich, abgeschlagen worden sein. Nach dem Winkel der Knochenbeschädigung zu urteilen, war der Schlag direkt von oben durchgeführt worden. Offenbar hatte der Kopf also auf einer ebenen F läche gelegen als die Enthauptung vo r g e nommen worden war. Auffallend war ein alter Bruch des Waden- und Schienbeins, typisch für einen Beinbruch beim Skifahren, wie Eliza anmerkte. D ie Ergebnisse der DNA-Untersuch ung würde noch eine Weile brauchen. Bei der Leiche war nichts gefunden worden: Keine Uhr, kein Ring, keine Gürtelschnalle, keine Schuhe – nichts, was näher Auskunft über die Identität des Toten hätte geben können. Sie hatte Röntgenaufnahmen gemacht, die gegebenenfalls mit vorhandenen verglichen werden konnten. Sofern es irgendeinen Anhaltspunkt dafür gab, um wen es sich überhaupt handelte. Eliza würde ihn selbstverständlich auf dem Laufenden halten und schickte ihm viele Grüße.
Jetzt wartete er nur noch auf die Auswertungen der Fotos und der Spuren, die die Kollegen aus Charleville gesichert und nach Brisbane geschickt hatten.
Aus der Forensik in Brisbane teilte man mit, dass der Unbekannte nicht länger als ein halbes Jahr tot war.
„Wir haben Glück gehabt, dass der Körper vergraben war, sonst wäre wahrscheinlich nichts mehr übrig außer ein paar abgenagten Knochen“, fügte der zuständige Sergeant zu.
Shane forderte eine Liste und Fotos aller im letzten halben J ahr im der Gegend zwischen Longreach, Charleville und Roma als vermisst gemeldeten männlichen Personen an. Auf der Suche nach allen innerhalb des vergangenen Jahres begangenen Verbrechen in der Umgebung von Charleville und Coocooloora durchforstete er die Datenbank. Er fand Hauseinbrüche, Autodiebstähle, mehrere Einbrüche in den Bottle Shop, Delikte wie Körperverletzung, Vergewaltigung
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