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Outback

Outback

Titel: Outback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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– das Übliche.
    Shane blätterte weiter, er wusste nicht, was er suchte. Irgendetwas, das einen Hinweis auf den Toten geben konnte. Irgendetwas. Weitere Überfälle auf die Heinemann’s Country Bakery , auf einen Elektronikladen in der Wills Street, auf E.W. Wilkinson’s Schmuck- und Blumenladen , auf das China-Restaurant Ming Court und den Modeladen Pall Mall . Mehrere Selbstmorde, ein paar Messerstechereien und Schießereien, aber nichts, was Shane in irgendeiner Weise als Hinweis betrachten konnte. Dann aber berührte ihn etwas: Am ersten Mai Suizid einer Frau namens Betty Williams, Teilaborigine, neununddreißig Jahre alt, Malerin, wohnhaft in Brisbane. Sie war auf Besuch bei ihrem Bruder Moodroo Graham. Der fand sie mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne. In ihrem Abschiedsbrief stand:
    Warum quälst du mich? Ich habe dir nichts getan. Wenn man um die Liebe gebracht wird, ist es aus.

    Die Kopie des Briefes lag bei den Akten. Die Handschrift hätte von einer Dreizehnjährigen stammen können. Er schluckte, und sein Magen fühlte sich plötzlich an, wie damals auf dem Schiff.
    „He, vertragen Sie die Luft hier nicht?“ Paddy, der gerade hereinkam, warf ihm einen musternden Blick zu. „Ich sag Ihnen, es wird noch viel heißer, das ist erst der Anfang.“
    „Kannten Sie Betty Williams?“, fragte Shane und hatte sich wieder im Griff .
    „Wie kommen Sie denn auf die?“ Paddy kratzte sich am Kinn. „Naja, ist hier als Kind aufgewachsen, war lange weg und kam dann auf Besuch, um sich umzubringen.“
    „Seltsam, oder?“
    Paddy zog die Schublade auf und holte eine Tüte heraus. „Hab schon Seltsameres erlebt.“
    „Ihr Bruder hat sie gefunden“, beharrte Shane.
    „Versteh gar nicht, warum Sie sich dafür interessieren“, sagte Paddy mit vollem Mund. Er hielt einen Donut in der Hand.
    „Können Sie mir keine normale Antwort geben?“, fuhr Shane ihn an. Paddy hörte auf zu kauen und musterte ihn . „Sie verlieren schnell die Nerven, was? Das ist die Stadt. Der Lärm, der Dreck, die vielen Menschen. Sie sollten sich wirklich überlegen, ob Sie sich nicht ein ruhigeres Plätzchen suchen, ich meine ... man hat ja nur ein Leben, und ich kenn ein paar solcher Typen wie Sie. Mit fünfzig hatten die ihren ersten Herzinfarkt und ihren Fünfundfünfzigsten haben Sie mit Petrus und den Engeln gefeiert. Nicht, dass Ihnen ...“
    „Meine Schwester hat sich umgebracht“, fiel Shane ihm ins Wort ohne dass er es gewollt hatte. Und Paddy verstummte augenblicklich.
    „Hat sich in ihrem Abschiedsbrief für das schlechte Timing ent schuldigt. Es war Weihnachten“, redete Shane weiter. Irgendwie konnte er jetzt nicht aufhören.
    Paddy blickte zu Boden.
    „ Bitte vergebt mir meinen miserablen Sinn fü r den richtigen Zeitpunkt, hat sie geschrieben. “ Shane kannte die Worte auswendig.
    „Tut mir leid “, brachte Paddy schließlich hervor und legte den angebissenen Donut zurück in die Tüte. „Wollen Sie `n Rum?“ Ohne Shanes Antwort abzuwarten nahm er eine Flasche Bundaberg Rum und zwei Gläser aus dem Schreibtisch und goss ein. Es war das erste Mal, dass Shane Sympathie für den dicken Polizisten empfand.
    „Coke ist mir ausgegangen“, sagte Paddy.
    Sie tranken den Rum pur und schwiegen. Dann verabschiedete sich Paddy , murmelte: „Charly wird schon ungeduldig“ Shane brauchte einen Moment, um sich wieder daran zu erinnern, dass Charly ja das Auto war und Paddy zu seiner Kontrollfahrt aufbrach .
    Shane lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und hätte gern einen weiteren Rum getrunken. Heute Abend würde er nicht mehr viel in die Wege leiten können. Hoffentlich fand Eliza endlich etwas Brauchbares heraus. Dieser Fall schien sich sonst irgendwo im Nebel zu verlieren. Er bemerkte, dass Kathy McKenzie vom Missing Persons Bureau ihm eine Mai l geschickt hatte:
    Zwei Personen waren von ihren Angehörigen in Charleville als vermisst gemeldet worden. Doch die Beschreibungen passten nicht auf die Leiche. Shane schickte eine Mail an Kathy und bat sie in einem weiteren Umkreis nach Vermissten zu suchen. Er wusste: a lle achtzehn Minuten wurde i m ganzen Land eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Fünfunddreißigtausend Menschen verschwanden jährlich – und das bei kaum fünfundzwanzig Millionen Einwohnern. Die Hälfte der Vermissten waren Jugendliche, die ausrissen, sich aus Abhängigkeiten befreiten, ein neues Leben oder überhaupt ihr Leben beginnen wollten. Und nicht immer wollten sogenannte

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