Outback
nickte Shane zu. „Bin gleich wieder weg, aber Martin Oxley hat wegen heute Abend angerufen, es sei wichtig.“
„Sag ihm, ich rufe ihn gleich zurück.“
„Okay.“ Shane sah ihr nach.
„Ihre Assistentin?“
„Tracy, ja.“
„Könnten Sie mir nicht auch so eine Assistentin besorgen?“ Er lächelte. Doch Lorraine ging auf die als Auflockerung gedachte Bemerkung nicht ein. Sie hatte sich wieder vollends unter Kontrolle.
„Sind Ihre Fragen nun beantwortet, Detective?“
„Was war das für ein Buch, das Copeland über Betty schreiben wollte?“
Lorraine betrachtete ihn, als wäge sie ab, ob er es wert sei, ihn in die persönliche Geschichte Bettys einzuweihen. Offenbar entschied sie sich dafür, denn sie zog eine Schublade auf und holte einen dünnen Stapel Papier hervor.
„Er hat mir kurz vor Bettys Tod den Anfang des ersten Manuskriptentwurfs geschickt. Er wollte meine Meinung wissen.“
Shane streckte die Hand aus, doch Lorraine machte keine Anstalten, ihm die Seiten zu überreichen.
„Es ist das Orginal“, erklärte sie. Der Umschlag war am fünfundzwanzigsten April in Coocooloora abgestempelt. Betty Williams hatte sich am dreißigsten April umgebracht. Die Arbeiten am Parkplatz hatten am siebenundzwanzigsten April begonnen, geteert worden war am dritten Mai. Vorausgesetzt, dass es sich bei dem Toten wirklich um Frank Copeland handelte, wovon Eliza Lee ja auf Grund der Röntg e naufnahmen mit ziemlicher Sicherheit ausging, hatte Frank also noch am fünfundzwanzigsten April gelebt. Falls er und nicht jemand anders das Kuvert zur Post gebracht hatte.
„Haben Sie danach noch mit Frank gesprochen oder telefoniert?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Hat er mal den Namen John Morgan erwähnt?“
„Nein, soweit ich mich erinnere...“
„Was wissen Sie sonst noch über Frank Copeland?“
Sie zuckte die Schultern.
„Freunde? Familie? Könnte es jemand auf ihn abgesehen haben?“
Sie wirkte abwesend. Shane stand auf, er wollte gehen. Da sah sie ihn an.
„Warum hat jemand es auf einen anderen Menschen abgesehen?“ Sie stockte und zuckte erneut die Schultern. Die Glut der Zigarette würde gleich ihre Finger verbrennen.
„Geben Sie Acht“, warnte Shane und streckte seine Hand bereits nach ihrer aus. Lorraine schreckte auf und drückte hastig die Zigarette aus. Sein Blick fiel auf eine Broschüre mit dem Foto einer Frau. Darunter stand: Betty Williams. Auf den Tat ortfotos war ihm das goldblonde Haar aufgefallen. Jetzt bemerkte er ihre fremde, geheimnisvolle Schönheit .
Bettys blondes Haar, das sie straff nach hinten gebunden trug, stand in besonderem Kontrast zu ihrer hellbraunen Haut. Ihr Gesicht war schmal, die voll en Lippen waren unverkennbar ihr Aborigine-Erbe. Selbst auf dem Foto noch schien sie dem Betrachter bis tief in die Seele schauen zu können.
„Sie sieht nicht so aus, als hätte man ihr etwas vormachen können“, bemerkte er.
Offenbar überraschte er Lorraine mit der Bemerkung. Sie lächelte nervös. „Nein, Betty Williams war eine außergewöhnliche Künstlerin.“ Ganz sachlich fügte sie hinzu: „ Ich habe sie nie mit dem Label Aborigine-Malerin verkauf t. Sie thematisierte nicht Aborigine-Sein und den damit verbundenen Konflikt, wie es Robert Campbell jr., Richard Bell oder auch Gordon Bennett tun, die auch in Brisbane arbeiten. Sie war losgelöst, sie schuf Universelles.“
„Für wie viel verkaufen Sie Bettys Bild da draußen?“, wollte er wissen. Lorraine sah durch ihn hindurch und antwortete leise: „Es ist unverkäuflich.“
Dass er ging, schien sie nicht mehr zu bemerken.
„Wiedersehen“, sagte er, als er an Tracy vorbeilief, die am Boden kniete und ein Bild auspackte. „Bye“, sagte sie, ohne aufzusehen.
Das Erste, was er sah, als er die Tür zu seinem und Jacks Büro öffnete, war ein glattrasierter Junge, der an seinem, Shanes, Schreibtisch saß.
„Shane, das ist Spencer, mein Assistent.“
„Hi, schon viel von Ihnen gehört!“, sagte Spencer.
„Na, Jack, du machst ja jetzt Karriere! Eigener Assistent ... “ Shane hörte seinen gönnerhaften Ton, der nichts anderes als Neid verriet.
„Tut mir leid, dass mit dir, aber du wirst sehen, die rehabilitieren dich schon wieder.“
„Sicher.“ Es klang bestimmt nicht sehr überzeugend.
„Mensch, Shane, du kannst froh sein, hier raus zu sein. Ist wirklich kein Vergnügen, der Fall“, sagte Jack. „Ich komm überhaupt nicht mehr nach Hause. Ann will unbedingt noch ein Kind und ein neues
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