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Outback

Outback

Titel: Outback Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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die hat die Historical Society in Charleville gemacht. Fragen Sie doch mal bei denen nach. Übrigens, erinnern Sie sich, dass ich Ihnen beim Pferderennen Ian Henderson vorgestellt habe? Er ist der Präsident.“

    Von außen sah das Haus aus wie viele andere in der Straße. Maggie von der Aborigine-Community hatte ihm erklärt, dass sie nicht so ohne weiteres Informationen über eine Person herausgeben können, nannte ihm aber den Namen einer Verwandten Lilys. Grace sei einverstanden, dass er sie zu Hause aufsuche.
    Er klopfte an, doch niemand öffnete. So drückte er die Tür auf und stand in einem großen Raum voller Möbel. Die Aircondition blies ihm ins Gesicht. Er konnte kaum die Augen offenhalten. In der Mitte stand ein großes Bett, dahinter ei ne Couch, auf der anderen Seite ein langer Tisch mit sechs Stühlen . Obwohl es helllichter Tag war, brannte das Licht und die Gardinen waren zugezogen.
    „Grace?“, rief er gegen den Lärm der Aircondition und den Fernseher an. Eine fette alte Hündin watschelte aus einem dunklen Flur auf ihn zu, wedelte mit dem Stummelschwanz und leckte seine Hand.
    „Grace?“, rief er noch einmal.
    Er hörte ein Schlurfen. Aus dem Flur tauchte eine Gestalt auf, deren Körperumfang so immens war, wie Shane es selten gesehen hatte. Sie trug ein bodenlanges grün-gelb gemustertes Kleid, unter dem ihre nackten Füße hervorsahen. Langsam schlurfte sie auf ihn zu. Sie schnaufte. Ihr graues Haar war dicht und lockig und ihr Gesicht ebenmäßig und dunkelbraun .
    „Detective O’Connor aus Brisbane“, stellte er sich vor, als Grace fast am Tisch angekommen war. Sie wies auf einen Stuhl. Er wartete, bis sie ihren Stuhl herausgezogen und sich dann langsam niedergelassen hatte, dabei die fleischigen Arme auf den Tisch stützte, deren Fett über den Ellbogen Beulen bildete.
    Als sie endlich saß atmete sie stöhnend aus. Sie sah ihn nie richtig an. Shane wusste, dass es in der Kultur der Aborigines unhöflich und rüde war, jemandem direkt in die Augen zu blicken.
    „Grace, ich untersuche den Tod von Betty Williams. Vielleicht hat es mit dem Buch zu tun, das ein Journalist über Betty schrieb. Sagen Sie mir, wissen Sie, wer der Vater von Betty ist?“
    Grace schloss für einen Moment die Augen. Um ihre nackten Füße strich die Hündin.
    „Die Vorhänge, sie macht die Vorhänge nicht richtig zu“, sagte sie leise. Shane musste sich zu ihr beugen, um sie zu verstehen.
    „Ich hab ihr gesagt, hab ihr gesagt, dass sie es ihr sagen soll, ja.“
    „Was?“
    „Sie hat die Vorhänge einfach aufgelassen. Und dann kamen die Geister. Die Augen von ihm waren nicht offen.“ Sie starrte irgendwohin.
    „Frank Copelands Augen?“
    „Ja.“
    Er wunderte sich über die direkte Antwort und fragte ebenso direkt:
    „Bedeutet das, dass er unehrlich war?“
    „Er hat die Toten nicht ruhen lassen. Er hat ihre Namen ausgesprochen.“
    „Was wollte er von Ihnen wissen, Grace?“ Sie sah an ihm vorbei.
    „Wollte er wissen, wer Bettys Vater ist?“
    Grace ließ die Augenlider halb über die Augen fallen und nickte.
    „Und, haben Sie Copeland gesagt, wer Bettys Vater ist?“
    Sie schüttelte träge den Kopf. „Man darf die Namen der Toten nicht aussprechen.“
    „Sie haben es ihm also nicht gesagt? Aber Sie wissen, wer es ist?“
    Es verging Zeit, bis Grace antwortete:
    „Das Auto war grün und groß. Sie wollte Wasser holen. Sein Haar war hell wie die Haut.“
    Shane fiel das Manuskript ein. Ein Mädchen ging Wasser holen und wurde vergewaltigt. Die Männer fuhren einen Lieferwagen. War es ein grüner Lieferwagen? Meinte Grace den? Er wandte sich wieder an sie:
    „Und der Mann mit dem grünen Auto, war das Morgan? Alfred Morgan?“
    Sie nickte kaum wahrnehmbar. Er atmete auf.
    „Danke, Grace, vielen Dank.“
    Sie schien ihn nicht mehr wahrzunehmen als er sich verabschiedete und ging. Sie sprachen verschiedene Sprachen, jeder sah die Welt auf seine Weise. So musste es auch Betty ergangen sein, als sie nach so vielen Jahren ihre Mutter getroffen hatte. Fünfzigtausend Jahre war diese Kultur fast unberührt gewesen. Und dann fielen vor zweihundertfünfzig Jahren die Fremden ein, wälzten in dieser kurzen Zeit fünfzigtausend Jahre gewachsene Kultur um, und wunderten sich dann, dass es den Aborigines nicht gelingen wollte, sich unauffällig in die neue Gesellschaft zu integrieren.
    Man müsste öfter mit anderen Augen sehen, dachte Shane und setzte die Sonnenbrille auf. Was sollte er jetzt tun? Alfred

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