Outback
Pferdehufe schlugen auf trockene Erde. Die Luft war heiß und die Sonne hatte das morgendliche Blau des Himmels versengt. Shane zog den Hut, den sie ihm gegeben hatte, tiefer in die Stirn.
„Ich könnte mir nie vorstellen, in der Stadt zu leben. Ich meine, ich bin oft dort, aber leben ...“, fing sie an. „Wenn John vor zwei Jahren nicht so schnell unsere Schafe verkauft hätte, hätten wir vielleicht heute die Farm nicht mehr. Er hat vorausgesehen, dass die Preise für Wolle sinken werden.“ Helens Pferd schnaubte.
„ John hat für alles immer eine Lösung, was ?“ Seine Bemerkung ignorierte sie.
Schon von weitem konnte Shane das Windrad sehen. Als sie näher kamen hörte er, wie der Wind an den rostigen Flügeln entlangschliff und sie in einer trägen Bewegung hielt. Vor dem Damm stiegen sie ab, führten die Pferde hinauf an den Rand des Wasserreservoirs. Im dunklen Wasser schwammen ihre Spiegelbilder wie Seerosen. Sie tränkten die Pferde. Shane wusste nicht, was das Gefühl in ihm geweckt hatte. War es ihre feuchte Haut oder ihr Haar oder einfach die Tatsache, dass er mit ihr allein war.
„Ich hätte nicht mit Ihnen ausreiten dürfen“, sage sie plötzlich.
Er zögerte und hörte die innere Stimme, die ihm verbot, sich einer Frau zu nähern, die in einen Fall involviert war, in dem er ermittelte. Doch auf einmal war ihm das egal. Helen zog die Hand nicht weg, als er sie berührte. Sie wandte ihr Gesicht nicht ab, als er sie ansah, nicht ihren Mund, als er sie küsste. Sie schmeckte nach Salz und in ihm wuchs ein solches Verlangen nach ihrem Körper, der sich an seinen drängte.
Und dann, abrupt, entzog sie sich ihm. „Wir müssen zurück.“ Sie ließ ihn stehen und stieg aufs Pferd.
Eine Weile ritten sie schweigend nebeneinander her. Er machte sich Vorwürfe, dass er es so weit hatte kommen lassen. Irgendwann fragte er sie:
„Hat Johns Bruder die Hälfte der Farm geerbt?“
Sie hielt ihr Pferd an und sah ihn verwundert an. „ Ja, natürlich. John hat ihn ausb ezahlt. Wir haben deswegen ziemliche Schulden.“
„Wie viel ist der Besitz wert?“
„Das kommt ganz auf den Markt an und wie viele Rinder wir haben, wie viel Wasser da ist ...“ Sie klang schnippisch.
„Wenn Betty Williams hätte beweisen können, dass Alfred Morgan auch ihr Vater war, hätte sie einen Anspruch auf das Erbe gehabt. Die Farm, das Land, Geld ... Sagen wir mal vier Millionen durch drei geteilt, macht wie viel?“
„Was soll das mit Betty Williams?“ Sie galoppierte an, und er bemühte sich, ihr zu folgen. „Eins Komma drei, macht siebenhunderttausend Dollar für John und Donald weniger “, sagte er atemlos, „i st fast schon eine weitere Million. Du und John, ihr habt zwei Kinder, die ein bisschen Sicherheit brauchen, außerdem wäre der Ruf der Familie zerstört und Donalds glänzende Politikerkarriere.“
Sein Pferd drängte sich eng neben ihres. Sie ließ ihr Pferd langsamer gehen.
„Hör zu“, erwiderte sie. Ihre Stimme war scharf. „Ich könnte jetzt deinem Pferd einen Schlag hinten drauf geben, und es würde mit dir durchgehen, bis du kopfüber aus dem Sattel fliegst. Im Gegensatz zu dir nutze ich aber meine Position nicht aus. Du hast mich nur geküsst, weil du mich ausfragen wolltest.“ Sie brachte ihr Pferd zum Stehen und stieg ab.
„Nein!“ Shane stieg ebenfalls ab. Er zog sie zu sich und presste seine Lippen auf ihren Mund. Seine Bartstoppeln schürften ihre Lippen auf, sie biss auf seine Lippen und er schmeckte sein Blut.
Zurück am Farmhaus sattelten sie ab. Im Schuppen drückte sie ihn an die warme Holzwand, suchte seinen Mund, doch wenige Sekunden später wich sie zurück.
„John muss gleich da sein.“
Er ging hinaus ins Sonnenlicht, roch die Mischung aus Tabak und Schweiß und sah in Johns Augen.
„He, Detective, was machen Sie denn hier?“ John lachte rau. Helen kam aus dem Schuppen. Sie schüttelte ihr Haar, und Shane fand, dass sie ziemlich erhitzt aussah.
„Darling?“ John sah seine Frau erstaunt an.
„Ich habe den Detective ein bisschen herumgeführt“, sagte sie rasch und fummelte an ihrem Haar herum. „Wir haben ja nichts zu verbergen.“ Sie schickte ein Lachen hinterher.
„Nein, Darling, natürlich nicht. Sehen Sie sich nur in aller Ruhe um, Detective, hier gibt es keine Leichen! Darling, hast du ihn schon in die Tiefkühltruhe kucken lassen, vielleicht werden Sie ja da fündig!“ Er lachte und ging an ihm vorbei in den Schuppen und schrubbte sich am
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