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Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Titel: Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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»Der Junge hatte Augäpfel wie Murmeln, und seine Mundhöhle war trocken wie Sohlenleder. Er muss tagelang unterwegs gewesen sein.«
    Die Bedienung kam mit dem Kaffee und dem Rührei zurück. Die Eier waren mit einem Stängel Petersilie dekoriert. Reacher griff danach und legte ihn auf den Tellerrand.
    Vaughan sagte: »Ich darf nicht mit meinem Dienstwagen aus Hope in Despair unterwegs sein.«
    »Was haben Sie sonst noch?«
    Sie schwieg einige Sekunden lang. Schlürfte nachdenklich einen kleinen Schluck von ihrem Kaffee. Dann sagte sie: »Ich habe einen alten Pick-up.«
    Er musste in der Nähe des Eisenwarengeschäfts auf dem Gehsteig der First Street warten. Sie hatte offenbar nicht die Absicht, ihn mit nach Hause zu nehmen, während sie sich umzog und das Fahrzeug wechselte. Verständliche Vorsicht, fand er. Sehen Sie sich doch an, hatte sie gesagt. Was sehen Sie? An negative Antworten auf diese Frage gewöhnte er sich allmählich. Der Laden hatte noch geschlossen. Sein Schaufenster war voller Werkzeug und Heimwerkerbedarf. Auf dem Gang hinter der Tür türmten sich Artikel, die später auf dem Gehsteig ausgestellt werden würden. Reacher fragte sich seit vielen Jahren, weshalb Eisenwarengeschäfte auf dem Gehsteig ausstellten. Das machte viel Mühe. Zweimal täglich langweilige körperliche Arbeit. Aber vielleicht diktierte die Kundenpsychologie, dass große Gebrauchsgegenstände sich im Freien besser verkauften. Oder vielleicht war das nur eine Frage der Verkaufsfläche. Er dachte kurz darüber nach, kam zu keinem bestimmten Ergebnis, trat dann vom Schaufenster weg und lehnte sich an den Pfosten mit dem Schild, das vor einem Fußgängerübergang warnte. Der Morgen war kalt und grau heraufgedämmert. Wolkenschleier schienen bis zur Erde zu reichen. Heute waren die Rockys überhaupt nicht zu sehen.
    Fast zwanzig Minuten später hielt ein uralter Chevrolet Pick-up gegenüber am Randstein. Kein rundlicher Klassiker aus den vierziger Jahren, kein futuristisches Space-Age-Design aus den Fünfzigern, auch kein muskulöser El Camino aus den sechziger Jahren. Nur ein schlichter amerikanischer Gebrauchtwagen, etwa fünfzehn Jahre alt, stumpfer blauer Lack, Stahlfelgen, keine Breitreifen.
    Vaughan saß am Steuer. Sie trug eine rote Windjacke, deren Reißverschluss bis unters Kinn hochgezogen war, und eine tief ins Gesicht gezogene khakifarbene Baseballmütze. Eine gute Tarnung. Reacher hätte sie nicht erkannt, wenn er nicht auf sie gewartet hätte. Er ging über den Zebrastreifen, stieg ein und setzte sich auf einen kleinen Kunstledersitz mit gerader Rückenlehne. Im Fahrerhaus roch es nach Benzin und kalten Auspuffgasen. Die Fußmatten unter seinen Schuhen waren mit Wüstenstaub bedeckt, von Alter und Abnutzung papierdünn. Reacher knallte seine Tür zu, und Vaughan fuhr los. Der Truck hatte einen asthmatischen Vierzylindermotor. Nur schnell hin und sofort wieder zurück, hatte er gesagt. Aber schnell würde offensichtlich ein relativer Begriff sein.
    Für die zu Hope gehörenden fünf Meilen Straße brauchten sie sieben Minuten. Hundert Meter vor der Gemeindegrenze sagte Vaughan: »Falls wir jemanden sehen, ducken Sie sich.« Dann gab sie mehr Gas, und die Dehnungsfuge rumpelte unter den Reifen hindurch, die jetzt auf dem gröberen Straßenbelag von Despair polterten.
    »Kommen Sie häufig hierher?«, fragte Reacher.
    »Wozu sollte ich?«, antwortete Vaughan.
    Auf der völlig geraden Straße herrschte kein Verkehr. Sie erstreckte sich mal steigend, mal fallend in dunstige Ferne. Vaughan fuhr genau sechzig. Eine Meile in der Minute, vermutlich die Höchstgeschwindigkeit, die sie ihrem alten Truck noch zumuten durfte.
    Nach sieben Minuten auf feindlichem Gebiet nahm sie etwas Gas weg.
    »Achten Sie auf das linke Bankett«, sagte Reacher. »Vier Steine in zwei Lagen.«
    Das Wetter war besser, war leuchtend grau geworden. Nicht hell, nicht sonnig, aber alles perfekt ausgeleuchtet. Keine Blendung, keine Schatten. Auf dem Bankett lagen alle möglichen Abfälle. Nicht allzu viele, aber genug, dass Reachers Steinmännchen nicht sofort wie ein Leuchtturm herausragen würde. Es gab Wasserflaschen aus Kunststoff, Bierflaschen, Getränkedosen, Papier und unbedeutende kleine Autoteile, alle auf dem endlosen niedrigen Wall aus Split, den Reifen zur Seite geschleudert hatten. Reacher drehte sich auf dem Beifahrersitz um. Niemand hinter ihnen. Niemand vor ihnen. Vaughan fuhr noch etwas langsamer. Reacher suchte das linke Bankett ab.

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