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Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher)

Titel: Outlaw - Child, L: Outlaw - Nothing to Lose (12 Reacher) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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ein.
    Er ging die Steinstufen hinauf und drückte gegen die Eingangstür. Sie war offen. Dahinter lag ein mit braunem Linoleum ausgelegtes quadratisches Foyer, das rechts in eine steile Treppe mündete. Die Wände waren braun gestrichen – mit einem Farbeffekt, der das Spiralmuster des Linoleums imitierte. Einen Viertelmeter unter der Decke hing eine nackte Glühbirne. Hier roch es nach Staub und Kohl. Im Erdgeschoss gab es vier Türen, alle grün, alle geschlossen. Zwei nach hinten hinaus, eine am Fuß der Treppe, die andere direkt gegenüber. Und zwei nach vorn hinaus, von denen eine die des Hausbesitzers oder des Hausmeisters sein musste. Nach Reachers Erfahrung wohnten solche Leute immer im Erdgeschoss und nach vorn hinaus, damit sie das Kommen und Gehen der Gäste oder Mieter verfolgen konnten. Für Hausbesitzer und Hausmeister war das sehr wichtig. Nicht zahlende Gäste, die sich ins Haus zu schleichen versuchten, mussten abgewiesen werden, und es kam vor, dass Leute versuchten, heimlich abzuhauen, bevor sie endlich ihre Mietrückstände bezahlten.
    Reacher beschloss, mit der Tür am Fuß der Treppe anzufangen. Dort war das Überwachungspotenzial am höchsten. Er klopfte an und wartete. Nach fast einer Minute wurde die Tür von einem hageren Kerl geöffnet, der zu einem weißen Hemd eine schwarze Krawatte trug. Der Mann musste an die siebzig sein. Sein Haar hatte die gleiche Farbe wie das Hemd, das nicht besonders sauber wirkte. Das war auch seine Krawatte nicht, aber er hatte sie sorgfältig gebunden.
    »Kann ich was für Sie tun?«, fragte der alte Knabe.
    »Sind Sie der Besitzer?«, fragte Reacher.
    Der alte Mann nickte. »Hat schon meiner Mutter gehört. Seit fast fünfzig Jahren in Familienbesitz.«
    »Ich suche einen Freund«, sagte Reacher. »Aus Kalifornien. Ich habe gehört, dass er hier wohnt.«
    Der Alte äußerte sich nicht dazu.
    »Junger Mann«, fuhr Reacher fort. »Anfang zwanzig. Sehr groß. Braun gebrannt, blonder Bürstenhaarschnitt.«
    »So einen gibt’s hier nicht.«
    »Bestimmt nicht?«
    »Hier wohnt überhaupt niemand.«
    »Aber er ist heute Nachmittag aus diesem Haus gekommen.«
    »Vielleicht wollte er jemanden besuchen.«
    »Wen besuchen, wenn hier niemand wohnt?«
    »Mich«, sagte der Alte.
    »Hat er Sie besucht?«
    »Weiß ich nicht. Ich war nicht zu Hause. Vielleicht wollte er zu mir und ist wieder gegangen, als ihm niemand aufgemacht hat.«
    »Wieso sollte er Sie aufsuchen?«
    Der alte Kerl überlegte einen Augenblick, dann sagte er: »Vielleicht wohnt er im Hotel und wollte Geld sparen. Vielleicht hat er gehört, dass Zimmer hier billiger sind.«
    »Wie steht’s mit einem weiteren Kerl, einen Kopf kleiner, drahtig, ungefähr gleichaltrig?«
    »Hier wohnt niemand, weder große noch kleine Kerle.«
    »Bestimmt nicht?«
    »Dies ist mein Haus. Ich weiß, wer hier wohnt.«
    »Wie lange steht es schon leer?«
    »Es steht nicht leer. Ich lebe hier.«
    »Wie lange ist’s her, dass Sie zuletzt Gäste gehabt haben?«
    Der Alte dachte wieder einen Augenblick nach, bevor er antwortete: »Ziemlich lange.«
    »Wie lange?«
    »Jahre.«
    »Wie können Sie dann davon leben?«
    »Kann ich nicht.«
    »Das Haus gehört Ihnen?«
    »Ich hab’s gemietet. Wie meine Mutter vor mir. Seit fast fünfzig Jahren.«
    Reacher fragte: »Kann ich die Zimmer sehen?«
    »Welche Zimmer?«
    »Alle.«
    »Wozu?«
    »Weil ich Ihnen nicht glaube. Ich denke, dass hier Leute wohnen.«
    »Sie denken, dass ich lüge?«
    »Ich bin von Natur aus misstrauisch.«
    »Ich sollte die Polizei rufen.«
    »Tun Sie das.«
    Der alte Kerl trat ins Halbdunkel zurück und nahm den Hörer seines Telefons ab. Reacher durchquerte das Foyer und rüttelte an der gegenüberliegenden Tür. Sie war abgesperrt. Als er zurückkam, sagte der alte Mann: »Bei der Polizei hat sich niemand gemeldet.«
    »Also sind wir allein«, sagte Reacher. »Besser wär’s, Sie würden mir Ihren Generalschlüssel aushändigen. Dann brauchen Sie später keine aufgebrochenen Schlösser reparieren zu lassen.«
    Der Alte fügte sich in das Unvermeidliche, zog einen Schlüssel aus der Tasche und gab ihn Reacher. Der Generalschlüssel war ein altes Messingding, durch dessen Loch eine ausgefranste Schnur gezogen war, an der noch die Öse eines alten Schlüsselanhängers baumelte.
    Im Erdgeschoss gab es drei Gästezimmer, im ersten Stock vier und im zweiten Stock ebenfalls vier. Insgesamt elf Zimmer. Alle elf waren identisch. Alle elf waren leer. In jedem Zimmer stand ein

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