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Owen Meany

Owen Meany

Titel: Owen Meany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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RISSE, UND BESTIMMT AUCH EIN PAAR RICHTIGE LÖCHER – LETZTES JAHR BIN
ICH IN EINS REINGEFALLEN. ICH KANN NICHT BESONDERS GUT EISLAUFEN, ABER ICH KÄME
GERNE MIT, WENN ICH AUCH EBEN ERST EINE GRIPPE GEHABT HABE UND BEI DIESEM
WETTER EIGENTLICH NICHT ZU LANGE DRAUSSEN BLEIBEN SOLLTE.«
    »Nein!« sagte Hester. »Wenn du eben erst eine Grippe gehabt hast,
solltest du drinnen bleiben. Wir sollten drinnen spielen. Wir müssen ja nicht
eislaufen gehen. Wir gehen sowieso ständig eislaufen.«
    »Genau!« stimmte Noah ihr zu. »Wir sollten drinnen spielen, wenn
Owen noch erkältet ist.«
    »Drinnen ist in Ordnung!« sagte Simon. »Owen soll erst seine Grippe
loswerden.« Vielleicht waren die drei erleichtert, daß Owen eben erst »eine
Grippe gehabt hatte«, weil sie dachten, das erkläre diese hypnotisierende,
schreckliche Stimme wenigstens zum Teil; ich hätte ihnen sagen können, daß
Owens Stimme nicht das Geringste mit seiner Grippe zu tun hatte – von der ich
im übrigen nichts gewußt hatte –, doch ich war so erleichtert, daß sie sich [107]  anständig benahmen, daß ich nicht das geringste
Verlangen verspürte, Owens Wirkung auf sie zu beeinträchtigen.
    »ALSO ICH FINDE AUCH, DASS DRINNEN AM BESTEN WÄRE«, meinte
Owen, »UND LEIDER KANN ICH EUCH WIRKLICH NICHT ZU MIR NACH
HAUSE EINLADEN, WEIL MAN BEI MIR DAHEIM EIGENTLICH GAR NICHTS ANFANGEN KANN,
UND WEIL MEIN VATER EINEN GRANITSTEINBRUCH HAT, IST ER ZIEMLICH PINGELIG, WAS
DIE WERKZEUGE UND DEN STEINBRUCH ANGEHT, ABER DAS IST JA EH ALLES DRAUSSEN. UND
DRINNEN WÄRE ES BEI MIR NICHT SO SCHÖN, WEIL MEINE ELTERN ZIEMLICH KOMISCH
SIND, WENN ES UM KINDER GEHT.«
    »Das geht schon in Ordnung!« rief Noah.
    »Macht nichts«, meinte auch Simon. »Hier in diesem Haus können wir
genug spielen.«
    »Alle Eltern sind ziemlich komisch«, sagte Hester begütigend, nur
mir fiel beim besten Willen nichts ein, was ich sagen konnte. In all den
Jahren, die ich Owen kannte, hatten wir das Thema, wie komisch seine Eltern
waren – nicht nur wenn es um Kinder ging – nie angeschnitten. Es schien eher so
zu sein, daß dies in der Stadt als allgemein bekannt vorausgesetzt wurde, und
man redete besser nicht darüber – höchstens ganz nebenbei, nur im Vorübergehen,
oder als beiläufige Bemerkung unter guten Freunden.
    »ALSO, ICH HAB MIR GEDACHT, WIR KÖNNTEN DIE KLEIDER
VON EUREM GROSSVATER ANZIEHEN – DU HAST IHNEN DOCH SCHON VON DEN KLEIDERN
ERZÄHLT ?« fragte er mich; doch das hatte ich nicht. Ich dachte,
sie würden so etwas entweder für ein Babyspiel oder für makaber halten, oder
beides; und sie würden die Kleider ganz bestimmt kaputtmachen, wenn ihnen klar
wurde, daß es nicht heftig genug zuging, wenn man sich die Kleider nur anzog – und sich vielleicht ein Spiel ausdenken, bei dem jeder die Kleider des anderen
herunterreißen mußte, und wer als letzter noch was anhatte, hatte gewonnen.
    »Großvaters Kleider?« fragte Noah ungewohnt ehrfurchtsvoll.
    [108]  Simon schüttelte sich; Hester
zupfte nervös an den lila Fäden herum, die noch an ihr hingen.
    Und Owen Meany – in diesem Augenblick unser Anführer – sagte: » DA GIBT ES AUCH NOCH DEN GROSSEN WANDSCHRANK, WO DIE KLEIDER DRIN
SIND. IN DEM IST ES MANCHMAL GANZ SCHÖN UNHEIMLICH, IM DUNKELN, UND WIR KÖNNEN
JA AUCH SPIELEN, DASS EINER SICH DA DRIN VERSTECKT UND JEMAND ANDERES MUSS IHN
DANN FINDEN – IM DUNKELN. DAS«, so sagte Owen Meany, »KÖNNTE DOCH GANZ INTERESSANT SEIN.«
    »Ja! Verstecken im Dunkeln!« sagte Simon.
    »Ich wußte gar nicht, daß das Opas Kleider sind, da drin«, meinte
Hester.
    »Meinst du, die Kleider spuken, Hester?« fragte Noah.
    »Halt den Mund!« gab Hester zurück.
    »Hester soll sich drin verstecken, im Dunkeln«, schlug Simon vor,
»und wir suchen sie dann abwechselnd.«
    »Ich will nicht, daß ihr im Dunkeln an mir rumgrabscht«, wehrte sich
Hester.
    »Hester, es geht doch nur darum, daß wir dich finden, ehe du uns
erwischst«, meinte Noah.
    »Nein, wer den anderen zuerst anfaßt, hat gewonnen!« rief Simon.
    »Wenn du mich anfaßt, zieh ich dich an deinem Doink, Simon«, drohte Hester.
    »He!« sagte Noah. »Das ist’s! So spielen wir es! Wir müssen Hester
finden, ehe sie uns am Doink zieht!«
    »Hesterlein, Lästerschwein! Hester the Molester! «
sagte Simon, was vorauszusehen war.
    »Aber nur, wenn ich mich vorher an die Dunkelheit gewöhnen kann!«
sagte Hester. »Ich muß einen Vorteil haben! Ich darf mich zuerst an das Dunkel
gewöhnen – und der, der mich

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