Paarungszeit: Roman (German Edition)
ich zu dir fahren wollte, nach Deutschland … Sie hat etwas rausgekriegt und mir einen Spion hinterhergeschickt …«
Jetzt konnte Therese die Geräusche identifizieren: Polizeisirenen, viele, Rufe, hysterisch. Was erzählte Matt jetzt von irgendwelchen Spionen und ob sie noch wisse, als er in der Fetisch-Bar …
»Matt, nicht jetzt, mei!«
Polizisten sprangen aus Einsatzwagen, regelten den Verkehr, sprachen in Funkgeräte, Fahrer stiegen in ihre Wagen, lenkten sie zur Seite, machten einem riesigen grünen Fahrzeug Platz, dreimal so groß wie der Düngewagen, ein Fahrzeug, das in Wackersdorf noch anders ausgesehen hatte, ihr aber trotzdem bekannt vorkam. Matt, neben ihr, sprach es auch schon aus: »Ein Wasserwerfer! Du liebe Güte!«
Die Musik verstummte, als sich das erste Rohr auf die Menge richtete.
Jessesmariaundjosef, womit hatte sie das verdient?
24.
P asst scho«, sagte mein Onkel.
Wir standen im dämmrigen Verkaufsraum der Tauchschule. Das Kleid hing auf einem Bügel neben den Trockentauchanzügen. Im Dämmrigen schimmerte es in all seinen Farbschattierungen: Elfenbein, Silberweiß, Creme. Es schien aus Millionen von seidigen, leuchtenden Schuppen zu bestehen, Stoffschuppen, bis in Kniehöhe, wo sich der Rock fischschwanzförmig in übermütigen Rüschen bauschte. Ein Meerjungfraukleid, elegant, stilvoll, erotisch. Das Kleid, von dem ich immer geträumt hatte. Auch jetzt kam ich mir vor wie im Traum. Wie sollte ich ihm nur danken? Und woher hatte er gewusst … Mein Onkel lächelte. »Hosts hoit irgendwann mal gsagt, nehm i an. Oder der Quirin hots erzählt. Und da hob i amoi a bisserl gegoogelt.«
Er hatte nicht nur gegoogelt, er war auch mehrmals in ein Geschäft nach Starnberg gefahren, das auch einen Maßschneider beschäftigte. Meine Kleidergröße habe er von Gina. »Und außerdem hob i da selber an Blick dafür, i hob scho so vui Weiberleit Taucheranzüge verpasst, weißt.«
»Aber … das … das muss furchtbar teuer gewesen sein.«
»Bist mein Patenkind, oder bists ned, Susn? Probiers hoit an, in Ruh, und sog Bescheid, ob ma was ändern muss.«
Ich nickte. Tränen in den Augen. Ich, die alte Heulsusn. Stand vor meinem Onkel, dem liebsten Onkel der Welt, der mir gerade das Kleid meiner Träume geschenkt hatte, und bemühte mich, mein Schluchzen zu unterdrücken.
Onkel Hartls Hand auf meiner Schulter.
»Susn, es is no oiwei ois guad ganga. Wenn ma nur auf sein Herz hört.«
Er legte mir das zellophanverhüllte Kleid in die Arme.
»I sog dem Quirin Bescheid, dass er di hoambringt. So a Kleid kannst übrigens zu jedem Fest tragen, ned nur zu a Hochzeit.«
Damit entschwand er durch die Tür, die zum Wohnhaus führte, ließ mich mit dem edel geschuppten Gewand allein.
»Spatzilein, ist es auch wirklich okay? Werden sie es verstehen? Aber weißt du, Thereses Rededuell …«
»Ja, Schatzelchen, ich weiß doch. Ich werde dich entschuldigen, es macht gar nichts, mein Vater hat sowieso so viele Geburtstagsgäste. Sogar der Kirchenchor singt.«
Welche Mühe wir uns gaben, seit dem Eklat auf dem Pfingstmarkt. Glücklicherweise war tags darauf der Streik ausgebrochen, und alle redeten nur noch von dem Wasserwerfer, der Neuenthal bedroht hatte. Auch jetzt noch, beinahe eine Woche später, tobte der Streit darüber, wer den Polizeieinsatz bezahlen sollte, und die Gerüchte über das Geknutsche am Porsche waren verstummt, wenigstens vorübergehend. Die Franzosen rüsteten sich zur Abfahrt, wollten nur noch das morgige Rededuell zwischen Therese Engler und Fredl Weidinger abwarten. Und danach würde es wieder ruhig werden im idyllischen Neuenthal am Brachsee, man würde sich vorbereiten auf das nächste große Ereignis: die Märchenhochzeit von Susn Engler und Timo Flantsch.
»Schatzimäuselein, nicht weinen, ich bleib doch nicht lange.« Timo zog mich in seine Arme. Wir redeten nicht mehr über vergangene Verfehlungen, auch nicht darüber, dass meine Ausrede, ich dürfe Thereses Rededuell nicht versäumen, ziemlich dürftig war. Wir erwähnten nicht, dass irgendwer irgendwem die Luft abschnürte, wir gönnten einander alle Freiheiten, respektierten unsere Hobbys und küssten uns, wann immer wir uns zwischen Tür und Angel trafen. Auch jetzt küsste Timo mich zärtlich, erst auf die Wange, dann auf den Mund.
»Wenn ich weg bin, darfst du auch ins Wohnzimmer, meine Süße! Also, bis später, ich ruf dich an.«
Vom Schlafzimmerfenster aus sah ich zu, wie er ins Auto stieg und losfuhr, ich
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