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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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schob ihn weg, eilte voraus und schloss die Tür zur Kaisersuite auf. Er könne gern die Nacht hier schlafen, sie gehe natürlich in ihre Wohnung. Dies sei das schönste Zimmer, mit Frühstück, und am besten zeige er sich nicht am Fenster, am Ende würde Fredl …
    »Der ist wahnsinnig eifersüchtig, dieser Fredl, ich kann ihn verstehen!« Schon hatte Matt sie wieder umfangen, zog sie aufs Bett, streifte ihren Hut ab, aber sie ließ seine Schulter los, setzte ihn wieder auf. »Verstehe«, murmelte er. Und sah sie an. Lächelnd. Mit breitgezogenen Hamsterbäckchen. »Therese. Ich … ich hab nicht gewusst, wie sehr ich dich vermisst habe.«
    Zart, sehr zart, strich er ihr über die Wange, und wieder der unpassende, aber sich aufdrängende Gedanke: Hätte er dies nicht früher sagen und tun können, vor den Hamsterbäckchen, oder wenigstens vor all diesen einsamen Cowgirl-Sonnenuntergängen am See? Viel wäre ihr erspart geblieben, auch die Gymnastikübungen mit dem Baywatch, der Pudding, den sie nachher mit gutem Gewissen löffelte, im nüchternen Licht des Kurklinik-Tagesraums. An das Puddingschälchen dachte sie, als Matt ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger einfasste, ein rotes Puddingschälchen aus Plastik, mit weißen Punkten, dann nur noch Lippen, Zähne, eine Zunge, die ihr entgegenkam. Wie weich seine Lippen waren, weicher als damals im Hüttendorf, sacklzement, konnte man denn auch an den Lippen zunehmen? Himmiherrgott, Therese, konzentrier dich, du wirst gerade geküsst! Draußen ein ankommendes Auto. Wer immer da kam, sollte sie denjenigen warnen? Zu spät.
    »Alkoholkontrolle!«, röhrte Fredl, zuschlagende Türen, Matts Finger, fahrig ihre Bluse aufknöpfend, den BH hochschiebend, Stimmengewirr, eine fremde Sprache. Gäste etwa, jetzt? Vorsichtig versuchte Therese, Matt wegzudrängen, aber er wollte nichts davon wissen, presste die Lippen in ihr Dekolleté. Mei, er würde doch nicht aus Versehen das kleine Kreuz an der Kette verschlucken, die sie vor vierzig Jahren zur heiligen Kommunion … Schritte, auf dem Flur.
    »Därese! Ich gloob, du hasd Gündschaft!«
    »Bleib hier!« Mit einem Ruck hatte Therese sich unter Matt hervorgewunden, zerrte ihren BH zurecht, knöpfte ihre Bluse zu, dann stürzte sie aus der Kaisersuite auf den Flur, vorbei an dem verdützden Üwe, die Treppen hinunter. Ein kurzer Blick in den Spiegel neben der Eingangstür: War ihr Lippenstift verschmiert? Nicht verschmiert, komplett weggeküsst! Und ihre Wangen leuchteten. Fredl, draußen, tobte, jemand klopfte an die Tür. Stimmen, durcheinanderredend. Sie riss die Tür auf.
    Die Frau neben Fredl war blond. Zierlich. Ihr Lippenstift, rosa, war nicht weggeküsst worden. Ihre Augenschminke, Therese erfasste es in dem Sekundenbruchteil, der ihr zur Verfügung stand, war perfekt. Hinter ihr zwei weitere Männer.
    »Du bleibst, wo du bist, Fredl!« Therese stellte sich breitbeinig in die Tür, rahmenfüllend. Hinter ihr Schritte auf der Treppe, wohl Üwe und Judda, doch sie drehte sich nicht um, denn die Frau redete, quasselte auf sie ein, schnell, in einer fremden Sprache. Hatte sie nicht eben Mattjö gesagt, und wieder: »Mattjö?«
    »Pardon, Madame.« Einer der Männer hinter der blonden Frau sah sie aus schmalen, grünen Augen an. Pardon madame, wer hatte das erst neulich zu ihr gesagt, und warum kam ihr der Blick so bekannt, geradezu vertraut vor?
    »Alkoholkontrolle, i hobs gewusst! Du bist am Steuer gesessen, i hobs gesehn!« Fredls ausgestreckter Zeigefinger. Therese fuhr herum. Was hatte Matt denn jetzt hinter ihr zu suchen, er sollte doch in der Kaisersuite bleiben! Und wieder rief die fremde Frau: »Mattjö!«, und von der Feuerwehrkneipe her antwortete Anderls übermotivierter Gockel, der, einmal geweckt, nicht so leicht zu stoppen war und den Christiane wegen seiner krähbedingten Heiserkeit Rod Stewart getauft hatte. Kruzifix, was konnte einem alles durch den Kopf huschen, in kürzester Zeit. Und jetzt trat der andere, jüngere Mann auf sie zu.
    »Entschuldigen Sie die Störung, Madame, wir sind auf der Durchreise und suchen noch drei Einzelzimmer.«
    »Mattjö!«
    »Kikeriki!«
    Mit drei großen Schritten war die blonde Frau an Therese vorbeigestürmt, hing an Matts Hals und drückte ihre Lippen auf seine. Benommen sah Therese, dass Matts Hemd noch aus der Hose hing. Ob sie genauso derangiert aussah? Und würde Fredl nicht sofort im ganzen Dorf verbreiten, was er gesehen hatte? Es galt, der Situation in aller Würde

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