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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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anstelle der vorsintflutlichen Hockklos eingebaut hatte. Auf jeden Fall war klar: Bei all diesen Erschütterungen und Wogen wäre es schwierig bis unmöglich, den Bauch einzuziehen. Was ich beim Sex des Öfteren getan hatte, jedenfalls im letzten halben Jahr, ebenso wie am Strand, wenn ich einen Bikini trug. Im Luftanhalten hatte ich Übung durch das Tauchen. Ich konnte minutenlang schlank aussehen, wenn ein Mann mich betrachtete oder berührte, und in einem unauffälligen Moment durch schnelle Schnappatmung meinen Körper mit dem notwendigen Sauerstoff versorgen. Vielleicht lag es ja nicht an Timos Schulstress, sondern an meiner Schnappatmung, dass … aber Moment … was um aller Welt tat er da?
    Sein Arm war auf meinem Bauch gelandet, und seine Hand streichelte sanft die Rundung, die ich sofort einzog. Aber er schlief doch, seine Augen waren geschlossen! Was flüsterte er, hatte ich richtig gehört? »Goldi«, »Flossi«, jetzt schob er mein Hemd hoch, seine Hand tastete sich zu meinen Brüsten vor. War es jetzt so weit, hielt er mich für einen Fisch und prüfte nach, ob ich schon Laichstreifen hatte? Oder meinte er doch mich? Im nächsten Moment passierten drei Dinge gleichzeitig:
    Ich fasste den bahnbrechenden Beschluss, mein Verhalten bei künftigen Sexualakten ein für alle Mal zu ändern, und atmete aus, um mich auf eventuelle Erschütterungen und Wogen vorzubereiten, egal, ob Timo mich für einen Fisch hielt oder nicht.
    Drei Weibchen verließen den Blumentopf und schossen auf Zopodil zu.
    Timo wachte auf, seine Hand auf meinen Brüsten, und schaute mich an, als sei er statt einer zierlichen Goldi-Flossi einem plumpen, aber hochgiftigen tropischen Steinfisch begegnet.

12.
    T herese war lange vor ihren Gästen erwacht. Auch lange vor Rod Stewart, Resis Hennenbeglücker. Mei, ging ihr dieser Gockel auf den Wecker! Würde er gleich I’m sailing singen? Auch dazu hatte sie schon Stehblues getanzt. Mit Fredl Weidinger. An jenem längst vergangenen Abend auf der Skifreizeit, an dem Therese Engler zunächst nicht aufgefordert worden war.
    Sie hatten das Deckenlicht ausgeknipst, nur zwei Birnen einer Stehlampe glühten noch, partymäßig verkleidet mit einer grünen und einer roten Folie. Ein Licht, das den Raum und die Tanzenden verzauberte, ein Möglichkeitslicht, in dem alles passieren konnte. Auch die große Liebe.
    In ihren ausgewaschenen Jeans und einem Hippiehemd aus dem Modeladen der Kreisstadt hatte Therese zugeschaut, wie Toni, gewagter gekleidet als sie, sich an die angesagtesten Jungen der Freizeit heranschmiss. Nach und nach begannen die Folien um die Glühbirnen zu qualmen und zu stinken, und die Tanzenden rückten enger zusammen, inzwischen waren nicht nur die tollen Kerle, sondern auch die unauffälligen netten Jungs mit Madln versorgt, dann auch die Streber, die Verklemmten, diejenigen, die man zur Not noch genommen hätte, die Pickligen und die Dicken. Die erste Folie schmolz von der Lampe, und das Lächeln der Übriggebliebenen wirkte immer bemühter, bedürftiger, ein Lächeln künftiger alter Jungfern. Und dann kam Fredl Weidinger mit seiner Taucheruhr und verbeugte sich vor Therese. Alles, was im Anschluss daran geschah, musste man in diesem Licht sehen: dem Licht der wieder hervorkommenden trüben Birne der Stehlampe hinter der geschmolzenen roten Folie.
    Und ebenso war es mit Matt. Man musste alles im richtigen Licht sehen. Im fahlen Licht der Morgendämmerung, die nach und nach die Sterne schluckte, musste man den gestrigen Kuss betrachten, das, was beinahe geschehen wäre. Hatte sie etwas überhört heute Nacht? Ein Klopfen an der Tür, ein vorsichtiges: »Therese, ich bin’s! Ich kann dir alles erklären!« Nein. Nichts hatte sie überhört. Und nichts hatte er erklärt. Nach einem langen und besitzergreifenden Kuss hatte die blonde Französin – Delphine de Brulée! In ihrer Pension! Mei! – wieder auf Matt eingeredet. Und wie! Jedes ihrer Mattjös hatte ein eingebautes Ausrufezeichen. Überhaupt klang fast alles, was sie sagte, explosiv. Und da sollte noch jemand sagen, die französische Sprache sei melodisch. Der bebrillte Mann hatte den Zettel ausgefüllt, während der andere alles schweigend beobachtete, aus schmalen, grünen Augen. Zu den Füßen etwas Unförmiges, ein Koffer war es nicht, oder doch, es war … Harrgottmarrgott! Ein Akkordeonkoffer. Deshalb war er ihr gleich so bekannt vorgekommen. Teifi! Er war es! Der Mann aus der Fetisch-Bar. In Männerkleidung.

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