Paarungszeit: Roman (German Edition)
dort im Chez Lutz, der Hochzeitslocation von Susn und diesem Flantsch.
»Chez Lutz, ich hätte wirklich gedacht, es ist ein französischer Inhaber«, sagte Matt jetzt. Er hatte einen Arm locker auf die Lehne ihres Rücksitzes gelegt, mit der anderen Hand steuerte er.
»Er ist aus der Großstadt, der Lutz. Bei mir im Café hat er angefangen. Letztes Jahr.« Sie dirigierte ihn über die alte Uferstraße, die eigentlich für Autos gesperrt war. Nur zur Sicherheit, wegen des Mohnauer Charmeurs.
»Ich hätte nie gedacht, dass eine solche Küche funktioniert. Ohne Fleisch. Und dazu bayerisch-international. Bewundernswert. Das Sojahendl Bay-Thai war wirklich ausgezeichnet.«
»In Neuenthal hats auch ned funktioniert.« Angesichts seiner Begeisterung unterdrückte sie ihre Bemerkung, dass die Mohnauer und die Touristen eben überkandidelt genug waren für diese Art Experiment, das ihrer Ansicht nach zu Yoga-Ananas und orientalischen Schleiertänzen passte. Aber vielleicht dachte sie tatsächlich zu provinziell.
»Er macht tatsächlich auf Haute Cuisine, mit Ersatz-Hühnchen, mon dieu!« Matt konnte sich gar nicht genug daran ergötzen. Ob er auch bemerkt hatte, dass Susn kaum etwas anrührte von dieser hot cuisine? Weder von den Tandoori-Brezn mit Wiesenkräuterschmand noch von den Masalaknödeln mit Sauerkrautchutney hatte sie probiert. Während Matt sich bemüht hatte, mit diesem Flantsch Konversation zu machen. Gezeigt hatte er ihm, wie man Wein verkostete, zugehört, wie er sich langatmig über sein Hobby, diese Fische, verbreitete. Um gleich darauf seiner Tochter charmante Komplimente zu machen, mit ihr über ihre Pläne für die Feier zu reden. Und schließlich nach ihrem Kleid zu fragen. Ein Dirndl, habe er gehört? Was bei ihrer Tochter nicht besonders gut ankam. Egal.
Im Laufe des Abends wurden sie alle lockerer, Matt legte sogar ganz offen seine Hand auf Thereses, und sie spürte, wie sie rot wurde, trank schnell einen großen Schluck Charmeur, und schließlich, sie wusste nicht mehr recht wie, kamen sie sogar auf alte Zeiten zu sprechen, auf Wackersdorf, natürlich nur in zarten Anspielungen. Nach dem Dessert, einem – zugegeben! – vortrefflichen Mango-Datschi, verabschiedeten die jungen Leute sich schnell, dieser Flantsch musste früh raus. Schmarrn. Morgen war Samstag. Matt und sie hatten noch einen Cappuccino getrunken und über den Abend geredet. Susn, wie hübsch sie war, aber auch so nervös, das sei wohl normal vor einer Hochzeit, sagte Matt, und sie hatte an ihre eigene Beinahe-Hochzeit gedacht und gespürt, dass Matt auch an alte Zeiten dachte. Mei und jetzt? Sie hatten noch gar nicht darüber geredet, wo Matt heute Nacht schlafen würde. Natürlich würde sie ihm ein Zimmer in ihrer Pension …
»Weißt du, Therese«, Matt nahm die Hand von ihrer Rückenlehne, umfasste das Lenkrad, »ich war einfach nicht mutig genug, damals.«
Er sah sie nicht an, und auch sie schaute geradeaus, auf die dunkle Straße. Tiefer versunken war der Mond in seinem Wolkenschaumbad, der See neben ihnen lag schwarz und still, nur von der Dorfstraße her flackerte ein bläuliches Fernsehlicht.
»Aber ich habe dafür bezahlt.«
Matt nahm mit charmeurbeschwingter Eleganz die letzte Kurve, peilte das Tor zum Parkplatz vor ihrer Pension an, und gerade noch sah sie es: das Motorrad. Die Gestalt darauf. Himmiherrgott!
»Ich habe meine Tochter nicht aufwachsen sehen, aber nicht nur das …«
»Halt an. Licht aus!«
Dreißig Sekunden später schlichen sie gebückt Richtung See, raschelten durchs das Gras des Pensionsgartens, ignorierten die Rufe »Alkoholkontrolle!« vom Parkplatz her.
»Komm!« Was hatte Matt jetzt in sich hineinzukichern, sie zog ihn mit sich, durch die Hintertür ihrer Pension, die sie abschloss. Und hier im dunklen Kellerflur – mei! –, was wollte Matt jetzt, er drückte sie überraschend an sich, wollte er sie etwa küssen? Verwirrt machte Therese sich los, und er folgte ihr über die Kellertreppe nach oben, über den leeren Flur, und – Kruzifix! – ausgerechnet vor dem Zimmer der Sachsen umklammerte er sie wieder, umarmte sie von hinten.
»Das wollte ich schon die ganze Zeit tun«, flüsterte er und presste wild seine Lippen in ihren Nacken.
»Üwe, jetzt schald mal üm«, hörte sie Juddas Stimme hinter der Tür, »jetzt gommt der Dadord aus Dräsden!«
»Der is nisch aus Dräsden, der is aus Leipzsch!«
»Egal, nü is Schlüss mit Frauendausch!«
»Matt, geh, ned doch …« Therese
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