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Paarungszeit: Roman (German Edition)

Paarungszeit: Roman (German Edition)

Titel: Paarungszeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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sagen, was ihre Wahlberaterin ihr gestern noch eingeschärft hatte? Eine Bürgermeisterin hänge ihre Plakate nicht selbst auf, sie solle jemanden dafür bezahlen.
    »Therese, du bist ein Produkt«, hatte sich Christiane wichtig getan, bei Lachs-Spinat-Sushi. Therese konnte nur hoffen, dass der Lachs nicht aus der Tiefkühltruhe des Neuenthaler Edekamarkts stammte. Nur Touristen fanden den Edekamarkt urig, Einheimische betrachteten ihn eher als kulturelles Zentrum und kauften bei Franzi nichts, was ein Haltbarkeitsdatum hatte. »Und dieses Produkt«, hatte Christiane Breitner weiter ausgeführt, »muss zielgruppengerecht verpackt werden. Dies betrifft jede Kleinigkeit, die du sagst oder tust, jeden Eindruck, den du hinterlässt. Es ist eine Show, Therese. Wir haben noch fünf Wochen und zwei Tage. Was wir als Nächstes brauchen, ist eine Wahlumfrage. Ich habe Gina schon damit beauftragt. Wir müssen wissen, wo wir stehen.«
    Beim bloßen Gedanken an das Ergebnis dieser Umfrage fing das Herz der Kandidatin Therese Engler heftig und bang zu pochen an, gebärdete sich, als ob es rauswollte aus ihrem Körper, vorübergehend auswandern in weniger aufregende Regionen. Oder lag es an Matts champagnerprickelnder Nähe?
    Hinter ihnen hatte sich das Publikum gesammelt, man folgte ihr und Matt, der den Handkarren mit den Plakaten hinter sich herzog und die Rückseite der Plakate mit Leim bepinselte, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. Klebend brachten sie die Geschäftsstraße hinter sich, gefolgt von einer stetig wachsenden Menschentraube. Franzi und Özcan Breithuber, Anderl und Resi hatten sich angeschlossen, ebenso Thereses Neffe Quirin, seine Freundin Gina und ein Schwarm Fliegen von der Schaufensterscheibe des Döner 24. Es war Resi, der die Frage entfuhr: Ob Therese etwa nackert sei auf dem Plakat?
    Aufgewühltes Gemurmel.
    »Naa, des is do ned die Therese!«
    »Freili. Des is Kunst.« Ausgerechnet Özcan Breithuber, das tapfere Schneiderlein, schlug sich auf ihre Seite! Ob er auch in der Umfrage für sie stimmen …
    »Geh, Özcan, Kunst!«, würgte Franzi ihn auch schon ab, die Arme in die Hüften gestemmt. »So a Strichmandl könnt i a malen!«
    »Des is koa Mandl ned.« Fredl war vom Motorrad abgestiegen, kam näher, um einen schneidigen Gang bemüht. »Es is a Weibsbild, des siagt ma doch genau!«
    »Und was für eins!« Ihr Neffe Quirin, mit unterdrücktem Lachen. Der Hundling!
    »Ein Schattenriss ist das. Echt stylish!« Gina, Quirins Freundin. Ein patentes Madl, diese Gina.
    »Des is koa Schatten, des is a Unverschämtheit, des verschandelt das ganze Dorf! Die Touristen bleim weg, wenn unser Dorf voller nackerter Weiber hängt!«
    »A geh, Fredl«, Anderl schüttelte wissend den Kopf, »in Mohnau, an der Bushaltestelle, hats wochenlang gehangen, die Reklame fürs Schlammboxen. Und? Sans wegbliam, die Touristen?«
    »Ein Spagatsprung im Schatten ist außerdem allemal besser als Schlammboxen.«
    Ihr Neffe! Ein strenger Blick von Gina brachte ihn zur Raison. Wirklich patent, das Madl.
    »Sehr gut, du polarisierst.« Matt legte ihr den Arm um die Schultern. »Und das Unbewusste der Herrschaften arbeitet auch schon auf Hochtouren.«
    »Nuu, gugge, da is ja ünser Schnorschellehrer!«
    »Üwe, mach doch mal n Bänoräma-Foddo! Cheese!«
    Die Neuenthaler Bevölkerung erstarrte, während Üwe knipste und Judda Konversation machte. Sie redete auf Quirin ein, ihren Surf- und Schnorchellehrer vom letzten Sommer, erzählte von einer Greuzfahrt in der Garibig.
    »Na ja, söö doll wars nisch, den ganzen Dag nischt als Blau, nischt wie Wasser!«
    »Nu, Judda!« Üwe ließ entrüstet die Kamera sinken, hielt einen Vortrag über die Fische am Gorallenriff und über die von Quirin gelernten Schnorscheldeschniggen, die sie angewendet und verfeinert hatten. Immer noch lag Matts Arm um Thereses Schultern, und jetzt schob er sie sanft in Richtung seines Autos.
    »Verschwinden wir am besten, lassen wir sie – wie sagt ihr hier? – ratschen!«

    Die Nacht duftete nach Blüten. Der Himmel hatte sich bewölkt nach dem strahlenden Frühlingstag, und der Dreiviertelmond tauchte in die Masse aus kleinen Wölkchen wie in ein Schaumbad. Matt wich vorsichtig einem Schlagloch aus. Wie besonnen er fuhr, nach dem Champagner und den beiden Karaffen Wein, den sie vorhin im Restaurant bestellt hatten. Die Hausmarke, den Mohnauer Charmeur. Es war dann doch noch ein recht netter Abend geworden, nach einigen Anfangsschwierigkeiten,

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