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Paarweise

Paarweise

Titel: Paarweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lermer
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Partnerschaft geradezu »überlebenswichtig« werden können, gehört die Erkenntnis, dass menschliche Gefühle paradox funktionieren: Bedrängt er sie, will sie nicht; engt sie ihn ein, läuft er weg … Ist aber einmal ein gewisses Band zwischen beiden vorhanden, erzeugt gegenseitige Freiheit sogar freiwillige Nähe. Wie bei einem Gummiband führt die Spannung mit zunehmender Entfernung voneinander zur Sehnsucht nacheinander! Willigkeit aus Freiwilligkeit!
»Du bist genau wie dein Vater/deine Mutter«: Vorwürfe dieser Art haben keine Chance, das Verhalten des Partners in positiver Richtung zu beeinflussen. Aus reinem Selbstschutz wird er sich verteidigen, und um das gekränkte Selbstwertgefühl zu stabilisieren, wird er den Partner abwerten. Jeder Partner will als eigenständiger, einmaliger und besonderer Mensch gesehen und so behandelt werden.
Streiten: Wenn sie weint oder schreit, heißt das nicht, dass sie sich so fühlt, wie er sich fühlt, wenn er einmal weint oder schreit. Wenn er schweigt, heißt das nicht, dass sie ihm gleichgültig wäre … Die Interpretation des Partner-Verhaltens kann nicht oft genug durch »positives Streiten« neu geübt werden. Denn was schwelt, das trennt. Jedes gemeinsame Abenteuer aber, wie etwa ein tüchtiger Streit, verbindet. Und: Streits vermeiden heißt, Versöhnungen vermeiden!
Man braucht immer zwei. Wenn jemand sich zu etwas verführen lässt, ist das genauso seine Verantwortung wie das aktive Tun. Das gilt für Streit, für Liebe oder Sexualität – und für die Versöhnung. Probleme oder Glück: Stets gilt,
jeder ist Ursache! Es ist alles richtig, was die Partner tun, solange sie sich jeweils selbst treu sind und der Partner tatsächlich freiwillig mitmacht. Gleichzeitig ist eine Liebe dann substanziell gesund, wenn sie nicht aus einer Opfer-Haltung besteht, sondern, um es mit Erich Fromm zu sagen: »Wenn er nur andere lieben kann, kann er überhaupt nicht lieben.« Gesunder Egoismus, gelebte Selbstbegeisterung beider Partner als Aufnahmeprüfung zum Führerschein für die Partnerschaft eröffnen eine neue Dimension: anstatt viel Energie durch Angst vor zu viel Nähe oder Angst vor dem Verlassenwerden zu vergeuden, täglich die Liebe zu feiern.
»Man kann doch wirklich erwarten, dass …«, »Also, ich würde in einem solchen Fall einfach …« – Eine verbreitete Falle besteht darin, von sich auszugehen. Kennzeichen einer Partnerschaft ist ein Gegenüber, eine eigenständige Persönlichkeit mit einer einmaligen Entwicklungsgeschichte, die sich vom eigenen Selbst deutlich unterscheidet. Eine elegante Variante könnte die Realitätswahrnehmung bereichern, eben nicht von sich auf den Partner zu schließen, sondern ihm vielmehr erwartungslos eine Art »Exoten-Bonus« zuzugestehen. Stellt man sich vor, der Partner wäre zum Beispiel Inder oder Indianer. Dann würde man sich bei Problemen sagen können »Er ist eben anders«. Man würde nicht in die Falle gehen, von sich auf ihn zu schließen. Man kann dem Partner diesen Bonus gewähren, selbst wenn er aus der gleichen Straße kommen sollte wie man selbst. Über diese kleine Strategie wird man der Tatsache mehr gerecht, dass Männer und Frauen sich in ihrem Denken, Fühlen, Wollen und Handeln stärker unterscheiden, als landläufig angenommen wird.

    Fallbeispiel: Die suggestive Kraft der Formulierung
    »Im letzten Jahr habe ich ja alles falsch gemacht«, sagte er mir in der Paartherapie, womit er allerdings die Klage seiner Frau ihm gegenüber meinte. Die beiden hatten sich auseinandergelebt, sie führte bereits eine außereheliche Beziehung und war aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen.
    Er war gleich offen für meinen Hinweis, dass sie ja durchaus dieser Ansicht sein mochte, aber seine Formulierung schlicht fatal war. Denn sein Unterbewusstsein hatte diese Äußerung als direkte Autosuggestion aufgesaugt, ganz im Sinne einer Art programmierter Selbstdefinition. Er programmierte sich durch diese Äußerung auf Schuldübernahme und würde beim nächsten Vorwurf seiner Frau diesen Satz direkt unbewusst abnicken. Und wie man aus der Mimik-Forschung weiß, kommunizieren wir im emotionalen Dialog unbewusst mit minimalsten Gesichtsmuskel-Reaktionen. Sie sind so schwach und dauern so kurze Zeit, dass sie bei keinem von beiden Dialogpartnern das Bewusstsein erreichen, wohl aber das Unterbewusstsein des Gegenübers umfassend über unsere Befindlichkeit informieren und das eigene autosuggestiv ausrichten (Ekman et al.

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