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Paarweise

Paarweise

Titel: Paarweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Lermer
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gegliederten Tagesablauf zurechtkommen. Hinzu kommt, dass der letzte Arbeitstag und die Anreise vielen Menschen besonders viel Stress verursachen. Aber darum geht es erst in zweiter Linie, wichtiger ist vor allen Dingen: Wie gestaltet man den Urlaub selbst, damit man hinterher nicht erholungsbedürftiger ist als vorher?
    Aktivurlaub ist in meinen Augen besser als passiver Erholungsurlaub, der Abenteuer-Urlaub befriedigender als der reine Konsum-Urlaub. Die Erkenntnisse, die hier ihre Anwendung finden, stammen vorwiegend aus der Stressforschung, einer Disziplin, die seit Entdeckung der Manager-Krankheit eine zentrale Bedeutung für die körperliche, seelische und
geistige Gesundheit gewann (Lermer 1989). Dabei muss Stress nicht immer schädlich sein, im Gegenteil. Zum Beispiel kann Stress Freude machen, oder die stressreiche Zeit wird durch entsprechende Erfolgserlebnisse belohnt. Diese gesunde Form von Stress nennt man Eustress, er ist sozusagen die Würze unseres Lebens im Gegensatz zur giftigen Form, dem Distress. So nennt man die energiezehrende Überforderung, in der unter Hektik und Druck die letzten Reserven des Menschen ausgelaugt werden, ohne ein angemessenes Erfolgserlebnis dafür zu ernten. Diese Art Stress macht krank. Eustress dagegen ist sogar gesünder, als gar nichts zu tun. Er wirkt geradezu gesundheitsfördernd. Deshalb heißt die Devise: Distress erkennen und in Eustress umwandeln. Was macht man aber in den Fällen, in denen gar keine Stressfaktoren erkennbar sind und trotzdem der ganze Urlaub einem plötzlich wie ein einziger »Riesenstress« vorkommt? Hier liegen meist unrealistische Erwartungen zugrunde.
    Fallbeispiel: Endlich Urlaub!
    Die Sekretärin Monika freute sich schon die ganze Zeit darauf, einmal rauszukommen aus dem öden Büroeinerlei. Endlich unter lustigen Menschen sein, tanzen, lange Nächte, reden miteinander, lachen, den nächsten Morgen lange ausschlafen dürfen, vielleicht sogar Frühstück ans Bett, Aperitif am Pool, Spiele am Strand – und das den ganzen Urlaub lang. Hauptsache: keine Planung und keine Termine, dafür viel Improvisation und Spontaneität. Ihr Freund Peter, Ingenieur mit vielen sportlichen Hobbys: Auch er wollte in seinem Urlaub viel erleben. Er hatte schon für beinahe jeden Tag
ein Programm vorbereitet. Endlich mal Ruhe von all dem Trubel, endlich einmal Ruhe vom Telefon und dafür Zeit für sich haben, die Natur genießen, morgens ganz früh raus, möglichst schon zum Sonnenaufgang; nicht viel reden, sich einfach frei fühlen, ohne Zwang …
    Sie strahlten nicht gerade, als sie losfuhren, weil es eben doch viel später mit der Abfahrt geworden war; sie war noch nicht fertig gewesen, und er wurde ungeduldig. Erst im Stau am Brenner hatten sie sich wieder etwas beruhigt und fingen eigentlich erst jetzt an, sich gemeinsam auf ihren Urlaub zu freuen. Die ersten beiden Tage liefen auch noch recht gut. Jeder war damit beschäftigt, sich zurechtzufinden, sich umzustellen und erst einmal richtig anzukommen.
    Doch auf einmal verfielen sie immer mehr ins Streiten. Mit kleinen Gereiztheiten fing es an, plötzlich steckten sie mittendrin in einer Urlaubskrise. Keiner von beiden wusste mehr, warum sie eigentlich gemeinsam in den Urlaub gefahren waren. Sie fasste sich ein Herz und bat ihn, mit ihr darüber zu reden. Es folgte ein langes Grundsatzgespräch. Dabei kam heraus, dass die Aggressionen, die sie jetzt auf einmal gegeneinander verspürten und die sie einander so fremd erleben ließen, die Folge ihrer sehr unterschiedlichen Erwartungen an ihren Jahresurlaub waren: Sie, ziemlich extravertiert, mochte Menschen, Abenteuer und Abwechslung und hasste nur eines: Langeweile. Er war eher introvertiert, liebte das Beschauliche und fühlte sich von zu viel Lärm und Trubel leicht überfordert. Das erinnerte ihn gleich wieder an die Hektik im Büro, es machte ihn einfach nervös.
    Zu diesen Unterschieden kam hinzu, dass er ein Morgentyp, sie
dagegen ein Abendtyp war. Erst als sie merkten, dass der Urlaub nur offenbarte, wie verschieden sie eigentlich waren, kamen sie sich wieder etwas näher. Sie mussten einsehen, dass jeder große Erwartungen an den Urlaub gestellt und vom anderen eigentlich das gleiche erwartet hatte. Sie beschlossen gemeinsam, den anderen mehr so sein zu lassen, wie er war und sprachen offen über ihre Wünsche und Erwartungen.
    Der Kompromiss sah so aus, dass abwechselnd jeder einen Tag so gestaltete, wie er wollte; dadurch waren beide bereit, am

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