Pacific Paradise - Boone Daniels 2
Gebäudekomplex untergebracht, der sich über drei Straßenzüge an der Ostseite des Harbor Drive erstreckt, mitten im Touristenviertel. Auf der anderen Straßenseite bestaunen Besucher die alten Segelschiffe, die jetzt zum Seefahrtsmuseum gehören, oder den stillgelegten Flugzeugträger, oder sie unternehmen Hafenrundfahrten und gehen in Anthony’s Fish Grotto essen. Weiter unten am Harbor Drive befinden sich die gigantischen Docks, in denen die großen Kreuzfahrtschiffe anlegen, Touristen ausspucken und in die Bars und Clubs des nahen Gaslamp District entlassen. Gerne steigen die Touristen auch in ein Fahrradtaxi oder schlendern über die Promenade, die sich an den Hafen schmiegt, in dem hunderte kleiner privater Segelboote liegen.
Aber das Gebäude der Kreisverwaltung selbst ist inmitten all dieser Vergnügungsangebote ein Mahnmal stumpfsinniger Bürokratie, fast wie eine strenge Bibliothekarin, die mahnend einen Finger an die Lippen hält.
Hier ist einiges los, Leute reichen Unterlagen ein, legen Prüfungen ab, lassen sich Lizenzen ausstellen, heiraten, alle möglichen Sorten schöner Scheiß, Boone muss mit dem Deuce mehrmals um den Block, bis er eine Parklücke findet.
Jetzt sitzt er vor einem Computer und geht Grundbuchänderungen durch, Steuerbescheide, Baugenehmigungen und gleicht diese mit Straßenkarten und Zeitungsartikeln über die große Senke ab. Das dauert bis in den Nachmittag,aber danach hat er eine Liste der achtzehn Eigentümer, deren Häuser zerstört worden sind.
Er geht sie durch und vergleicht sie mit seiner mentalen Kartei aller zwielichtigen Gestalten vor Ort. In Wirklichkeit sind nur sehr wenige Menschen bereit, für Geld zu töten, auch wenn es um sehr viel Geld geht. Nur sehr wenige Menschen sind überhaupt bereit zu töten, nicht mal »aus Leidenschaft«, und noch seltener sind sie bereit, den sagenumwobenen »kaltblütigen« Mord zu begehen.
Aber ein paar gibt es, die es eben doch tun würden, und in einer Stadt wie San Diego – der wichtigsten Einfallsschneise für den illegalen Drogenhandel seit der Teufel Eva den Apfel zusteckte – muss man auch Drogengeld berücksichtigen und an die teuren Häuser denken, die man sich in einer Stadt wie La Jolla davon kaufen kann. Die großen Drogenbarone – die meisten stammen aus Tijuana – sind natürlich Multimillionäre, und Multimillionäre investieren ihre Multimillionen gerne in die exklusivsten Wohngegenden. Hier hat man es mit Leuten zu tun, die bereit sind, wegen Peanuts zu morden und es auch schon getan haben. Jemanden zur Rettung einer Investition von drei oder vier Millionen Dollar aus dem Genpool zu entfernen stellt für sie ein denkbar geringfügiges Problem dar.
Aber Boone landet bei seiner mentalen Suche keine Treffer. Keiner der Eigentümer ist Drogenbaron, Mafioso oder sonstwie dubios, obwohl Boone sehr wohl weiß, dass sich hinter den eingetragenen Namen Strohmänner verbergen könnten. Weil das aber sowieso eine Sackgasse wäre, fragt er sich, wer sonst noch zu den potentiellen Verlierern gehört und den schwarzen Peter der Fahrlässigkeit zugeschoben bekommen haben könnte.
Wenn Hefley’s die Forderungsansprüche abwälzen wollten, überlegt er, wen würden sie verklagen? Und wenn ein Eigentümer mit einem zerstörten Haus von derVersicherung kein Geld bekommen haben sollte, wen würde er verklagen?
Entweder den Bauunternehmer oder die Kreisverwaltung.
Den Bauunternehmer wegen irgendeiner Art von Fahrlässigkeit oder den Landkreis, weil der Bau eines Hauses auf ungeeignetem Grund genehmigt wurde.
Den Landkreis kann man streichen – da gibt es kein Budget für Auftragskiller –, bleibt also der Bauunternehmer.
Boone verlässt die Kreisverwaltung und fährt nach Mira Mesa.
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Die Behörde für Baugenehmigungen des Landkreises San Diego befindet sich in einer äußerst unscheinbaren Straße einer unscheinbaren Vorstadtgegend in North County und wird allgemein nicht als das bezeichnet, was sie ist, sondern danach, wo sie sich befindet.
»Ruffin Road«.
Ruffin Road ist die Hölle. Die Bürokraten in der Ruffin Road verschleppen Baupläne über Jahre hinweg, verschusseln sie einfach, verlieren sie oder legen sie falsch ab, so dass sie nie wieder auftauchen. Bauunternehmer erklären Verzögerungen auf unbestimmte Zeit gerne mit Sätzen wie: »Ich war in der Ruffin Road«, oder: »Der Antrag liegt in der Ruffin Road«, was allgemein als Entschuldigung akzeptiert wird.
Die Einwohner von San Diego haben bereits
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