Pacific Paradise - Boone Daniels 2
Klimaanlage immer voll auf, weil das für die Computer besser sein soll. Und laut ist es außerdem – die Anlage rauscht, die Computer brummen. Monkey sitzt auf einem dieser komischen, rückenfreundlichen Hocker, auf denen man halb kniet, rollt auf Boone zu und greift nach der Griswalds-Tüte.
»Vanille. Hast du mir einen mit Vanillegeschmack mitgebracht?«
»Stammt der Papst aus Deutschland?«
Ein Blick genügt und man versteht, warum Monkey Monkey genannt wird. Seine Arme sind unnatürlich lang, besonders wenn sie an seinem schmalen kleinen Körper herunterhängen, und wahrscheinlich ist er der behaarteste Mensch auf der ganzen Welt, lockiges Haar rankt aus seinem Hemdkragen, vorne und hinten, dichtes Haar sprießt an seinen Armen und Fingerknöcheln. Die zotteligen Haare auf seinem Kopf beginnen allmählich auszudünnen, und an einigen Stellen sind silberfarbene Strähnen zu erkennen, aber seine Augenbrauen sind buschig, und sein Bart, der bis weitüber seine Wangenknochen hinaus fast schon bis in seine tiefsitzenden affenartigen Augenhöhlen reicht und von flaschenbodendicken Brillengläsern überschattet wird, ist pechschwarz.
Wie ein Affe, der einem Kind im Zoo durch die Gitterstäbe das Popcorn wegfrisst, reißt er die Tüte an sich und macht sich gierig über den Inhalt her. Wenige Sekunden später hat er den Mund voller Cupcakes, seine Lippen sind mit weißen Zuckergusskrümeln und Creme überzogen.
Er wird auch deshalb Monkey genannt, weil er ein echter Computeraffe ist. Was Monkey mit seinen kleinen behaarten Fingern auf der Tastatur nicht hinbekommt, das ist auch nicht zu schaffen. Seine Phalanx an Computern spuckt Daten über jedes jemals (legal) gebaute Gebäude im kompletten Landkreis von San Diego aus.
Aber der eigentliche Grund, weshalb er Monkey genannt wird, geht auf einen unglücklichen Vorfall zurück, als nämlich der Leiter der Verwaltung der Ruffin Road unbedingt eine Kopie einer alten Baugenehmigung brauchte, ihm aber Marvins Name nicht mehr einfiel. Er bat Shirley, »dem Mann im Keller, Sie wissen schon, dem Archivaffen« Bescheid zu geben. Immer wieder hat Monkey versucht, seinen Spitznamen auf »Monk« zu verkürzen, was er für eleganter und sehr viel passender hält, zumal er sich als eine Art Schriftgelehrter versteht, aber funktioniert hat es nie.
»Was willst du, Boone?«, fragt Monkey. Dankbarkeit oder schlicht Höflichkeit sind ihm fremd – er betrachtet die Welt mehr oder weniger als ständiges Quid pro quo, also warum sollte man sich für das Quo bedanken, wenn die Bitte um das Quid sowieso nicht auf sich warten lässt.
Boone reicht ihm die Liste der Immobilien. »Ich muss wissen, wer diese Häuser gebaut hat.«
»Du musst das wissen. Ich nicht.«
»Gut, Monkey, wie viel?«
»Hier sind achtzehn Immobilien aufgeführt«, sagt Monkey. »Zwanzig für jede.«
»Dollar?«
»Nein, Katzenkacke, du Armleuchter. Ja, Dollar.«
»Ich geb dir zehn.«
Monkey greift in die Tüte, holt sich den nächsten Cupcake heraus und schiebt ihn sich in den Mund. »Runden wir auf zweihundert auf, du knickriger Strandstreuner.«
»Ja, na gut, aber ich muss es jetzt wissen.«
»Du verlangst nicht wenig, was?«, sagt Monkey und rollt an seinen Computer zurück. »Bringst mir ein paar Cupcakes mit und denkst, du kannst frei über mich verfügen.«
»Griswalds.«
»Egal.« Er haut in die Tastatur.
»Das bleibt unter uns, Monkey«, sagt Boone.
»Wem soll ich das erzählen, du Idiot?«
Stimmt, denkt Boone. Monkey verlässt den Archivraum nur selten und hat, so weit bekannt, keine Freunde. Niemand kann ihn ausstehen. Eigentlich hat Boone Monkey fast schon ein bisschen ins Herz geschlossen, obwohl er nicht weiß, warum. Vielleicht ist es die Beharrlichkeit, mit er darauf besteht, unfreundlich zu sein, seine Weigerung, den eigenen Standard zu senken, oder zu heben, je nachdem.
Jetzt tippt er los und stöhnt wegen der Cupcakes und / oder aus professionellem Interesse an dem, was auf dem Bildschirm sichtbar wird, den er absichtlich von Boone weggedreht hat. »Mmmmmhhhh … ohhhh … aahhhh … das ist interessant.«
»Was ist interessant?«
»Noch gar nichts, du Arschloch«, antwortet Monkey. »Hmmmm … ohhhhh … ahhhh …«
So geht das geschlagene zehn Minuten.
»Suchst du Bauunternehmer oder holst du dir einen runter?«, fragt Boone. Shirley zumindest ist der Ansicht, nur dieLeidenschaft, mit der sich Monkey selbst befriedigt, kommt an seine Liebe zur Archivarbeit und seinen
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