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Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Pacific Paradise - Boone Daniels 2

Titel: Pacific Paradise - Boone Daniels 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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die Ansicht geäußert, Amelia Earhardt, Jimmy Hoffa und der heilige Gral ließen sich allesamt in der Ruffin Road finden, würde man nur einen Beamten einmal gründlich suchen lassen, und die Scherzkekse unter ihnen behaupten beharrlich, Osama Bin Laden verstecke sich nicht auf Bora Bora oder in Wasiristan, sondern sei, abgelegt unter »Vin Laden, Osama«, inden Untiefen der Aktenschränke der Ruffin Road auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
    Neben der Ruffin Road wirkt die KFZ-Zulassungsstelle wie der Schalter eines Drive-in-Burger-Restaurants. Jedem, der jemals ein Haus gebaut, umgebaut, abgebaut oder nach einem Brand oder einem Erdrutsch wiedererrichtet hat, kommt der Name Ruffin Road nur noch in ähnlich gedämpftem Tonfall über die Lippen wie früher »Seufzerbrücke«, »Tower von London« und »Inquisition«.
    Der Satz »Ich muss in die Ruffin Road« erzeugt Mitleid, in das sich allerdings auch die Erleichterung darüber mischt, dass es einen anderen und nicht etwa einen selbst erwischt hat.
    Kräftige Dachdecker – trinkfeste Raufbolde, die verächtlich grinsend auf den höchsten Gebäuden herumklettern – stehen zitternd vor den Schaltern in der Ruffin Road, kneten bildlich gesprochen ihre Hüte in den Händen und warten darauf, nein, hoffen flehentlich, dass einer der zuständigen Beamten ihre Pläne genehmigt und abstempelt. Verzweifelte Hausbesitzer werden bei ihrem fünften oder sechsten Anlauf, einen Anbau genehmigt zu bekommen, auf die Folter gespannt, während ein Großinquisitor vom Amt über der jüngsten Fassung der von ihnen eingereichten Baupläne brütet.
    An diesen tristen Ort begibt sich Boone, um die Namen der Unternehmen zu erfahren, die für den Bau der Häuser verantwortlich waren, die sich nun auf dem Grund des La Jolla Sinkhole befinden. Er tritt an den unangemessenerweise als »Empfang« gekennzeichneten Schalter, wo eine Frau mittleren Alters wacht, deren Haare in einer Farbe getönt sind, die in der freien Natur nicht vorkommt, und die ihre Brille an einer Kette um den Hals trägt.
    »Shirley.«
    »Ach, sieh an, wen haben wir denn da!«
    »Wie geht’s deiner Tochter, Shirley?«
    »Wieder draußen«, sagt Shirley. »Zum dritten Mal.«
    »Ausgezeichnet«, erwidert Boone.
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, sagt Shirley. »Trotzdem, vielen Dank für alles.«
    Elise hatte ein Meth-Problem und war zu allem Überfluss einem Gerichtstermin ferngeblieben. Shirley hatte Boone gebeten, sie zu finden, bevor der Kautionsvermittler oder die Polizei sie ins Gefängnis stecken konnten. Er spürte sie auf, brachte sie ins Krankenhaus, damit sie erst mal in einem Bett und nicht in einer Zelle entgiften konnte, danach setzte der Richter das Urteil aus und ließ sie direkt in die Entzugsklinik wechseln.
    »Kein Ding. Ist Monkey da?«
    »Wo soll er sonst sein?«
    Nirgends, denkt Boone, war eine rhetorische Frage. Monkey Monroe ist Leiter des Archivs in der Ruffin Road und kommt nur selten raus. Das Archiv ist sein persönlicher Schatz, den er beschützt und hütet wie Gollum seinen Ring. Manche Leute halten Monkey für einen Vampir, weil er sich niemals bei Tageslicht draußen blicken lässt.
    »Meinst du, er hat Zeit für mich?«
    Shirley zuckt mit den Schultern. »Er hat mal wieder schlechte Laune.«
    »Meinst du, du könntest vielleicht mal fragen?«
    Sie nimmt den Hörer in die Hand und wählt. »Marvin? Boone Daniels würde dich gerne sprechen … ich weiß nicht warum, er würde dich gerne sprechen … benimm dich zur Abwechslung wie ein menschliches Wesen, ja, Marvin?« Sie drückt sich den Hörer an die Brust und sagt: »Er will wissen, ob du ihm was mitgebracht hast.«
    »Cupcakes.«
    »Cupcakes, Marvin.« Sie lauscht eine Sekunde lang, dann sagt sie zu Boone. »Er will wissen, ob es gute sind oder bloß irgendein billiger Supermarktscheiß.«
    »Die guten«, sagt Boone. »Ich war bei Griswalds.«
    Er hebt die Tüte an, so dass sie sie sehen kann.
    »Er war bei Griswalds, Marvin. Okay. Okay.« Sie lächelt Boone an. »Du darfst runter.«
    »Willst du auch einen Cupcake?«
    »Hast du einen mehr gekauft?«
    »Selbstverständlich.«
    »Danke, Boone.«
    Er nimmt einen Cupcake – mit Schokocreme – aus der Tüte und stellt ihn auf den Schreibtisch. »Sag Elise einen schönen Gruß von mir.«
    »Warum geht ihr nicht mal zusammen aus?«
    »Nein, danke.«
    Er steigt in den Fahrstuhl und fährt runter ins Archiv.
    Wie immer ist es dort kälter als in der Blutbahn eines Kredithais – Monkey dreht die

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