Pacific Paradise - Boone Daniels 2
Blasingame ist Hauptgesellschafter von Paradise Homes.
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Boone sitzt draußen vor Blasingames Büro im Deuce.
Nicole kommt um 18.05 Uhr raus und geht direkt zur Happy Hour in eine Bar gegenüber. Kaum erstaunlich, wenn man bedenkt, für wen sie arbeitet, denkt Boone. Wenn ich für Blasingame arbeiten würde, was ich ja in gewisser Weise tue, dann bräuchte ich schon um zehn Uhr morgens die erste Happy Hour.
Boone wartet ein paar Minuten und geht rein.
Die Bar dient als Treffpunkt aller im näheren Umkreis tätigen Empfangsdamen, die meisten sitzen an einem langen Tisch, trinken, lassen ein bisschen Dampf ab, schimpfen über ihre Chefs und haben keine Lust, nach Hause in ihre leeren Wohnungen oder zu ihren Ehemännern zurückzukehren, die ihnen schneller als ursprünglich erhofft langweilig wurden.
Boone setzt sich an die Bar und bestellt ein Bier. Er behält das Baseballspiel mehr oder weniger im Auge, das über den Bildschirm des an der Wand befestigten Fernsehers flimmert, während Nicole ihr erstes und dann auch noch ein zweites Getränk zu sich nimmt. Beim dritten steht sie auf und geht an ihm vorbei zur Damentoilette, falls sie ihn erkannt hat, lässt sie sich nichts anmerken.
Sie kommt wieder zurück, trinkt aus, gibt ihren Freundinnen Geld und geht. Boone holt sie auf dem Parkplatz ein, wo sie in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel kramt.
»Nicole?«
»Kennen wir uns?«
»Ich bin Boone Daniels«, sagt er. »Ich war neulich bei Ihnen im Büro. Sie sollten jetzt nicht fahren.«
»Das geht schon, danke.«
»Ich würde ungern sehen, dass Sie Ihren Führerschein verlieren«, sagt er, »und sich oder jemand anderen verletzen.«
»Was glauben Sie, wer Sie sind?«
»Ich wäre gerne Ihr Freund«, sagt er.
»Das kann ich mir vorstellen.« Sie lacht, aber ohne einen Funken Humor. Es klingt hart und verbittert. Was wirklich schade ist, denkt Boone.
»Und Freunde lassen ihre Freunde nicht blablabla, Sie wissen schon«, sagt er. »Ich lade Sie auf einen Kaffee ein.«
»Die Anmache ist jedenfalls originell«, sagt sie. Sie lässt ihre Schlüssel in ihre Handtasche fallen. »Gegenüber ist ein Starbucks.«
Sie gehen rüber und er bestellt ihr einen großen Iced Caffè Latte und nimmt selbst einen Iced Chai Tea Latte. Sie wirft einen Blick auf sein Getränk und fragt lachend: »Sie sind wohl Gesundheitsfreak?«
»Hab schon eine Überdosis Kaffee intus.«
»Schwer im Stress, was? Wenn man sich zuviel zumutet, brennt die Zündschnur gleich an beiden Enden.«
»Könnte man so sagen.« Zwei Mordfälle – und in einem davon gelte ich als Verdächtiger. Ja, das ist Stress, da brennt die Zündschnur wirklich mindestens an beiden Enden. Wenn nicht an noch mehr, sofern das überhaupt möglich ist, sofern eine Zündschnur an mehr als an zwei Enden brennen kann. Was ein tolles Thema für die Dawn Patrol beim Warten zwischen den Wellen wäre – dann fällt ihm ein, dass er gar nicht mehr bei der Dawn Patrol ist und die Jungs von der Gentlemen’s Hour nicht drauf einsteigen würden. »Und, wie ist es so, für Bill zu arbeiten?«
»Raten Sie mal.«
»Eher nervig?«
»Allerdings und wie. Ein echtes Superarschloch.« Dann fängt sie sich wieder und setzt schnell hinzu: »Sie sind aber nicht so was wie ein Freund oder Geschäftspartner von ihm, oder?«
»Keins von beidem.«
»Kennen Sie Bill?«
»Ich arbeite an dem Fall seines Sohnes.«
»Oh.«
»Oh«, sagt Boone. »Wieso ist er so ein Superarschloch?«
»Das wissen Sie nicht?«
»Mich interessiert, was Sie denken«, sagt Boone.
»Na, da sind Sie der Erste«, sagt Nicole. »Bill zum Beispiel interessiert sich überhaupt nicht dafür, was ich denke. Es sei denn, ich würde mit den Titten denken.«
»Was nicht der Fall ist.«
»Nein.« Sie sieht zu ihrem Vorbau hinunter und fragt: »Hey, ihr, was denkt ihr da unten?«
Sie lauscht eine Sekunde lang und sagt: »Nichts.«
Beide lachen. Dann hängt sich Boone weit aus dem Fenster: »Hey, als ich vor ein paar Tagen bei Bill im Büro war, haben Sie ihn über die Sprechanlage an einen Termin erinnert.«
Aber man hängt sich nicht ungestraft aus dem Fenster, ebenso wenig wie man von einer Welle runtersteigt. Meistens ist das eine schlechte Idee. In diesem Fall ganz bestimmt. Sie sieht ihn an und sagt: »Sie blödes Arschloch.«
»Ich …«
»Sie wollen mein ›Freund‹ sein, ja? Ich scheiß drauf, Sie Freund.«
Sie knallt ihren Becher auf den Tisch und geht. Boone rennt ihr hinterher, während sie
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