Pacific Paradise - Boone Daniels 2
dazu, geht wieder nach draußen, setzt sich neben Dave in einen Liegestuhl und gibt ihm einen der Tacos.
Wenn, wie Dave glaubt, alles besser schmeckt, was nichts kostet, und Boones Motto zutrifft, dass »in einer Tortillaalles besser schmeckt«, dann ist Fisch, der nichts kostet, in einer Tortilla absolut überirdisch. Und tatsächlich muss man sagen, wer noch nie Fisch gegessen hat, der gerade eben noch im Ozean geschwommen ist, der hat noch nie gegessen.
Verbindet man das Ganze mit zwei eiskalten Dos Equis und dem Bärenhunger zweier ausgewachsener Männer, dann könnte das Leben nicht besser sein. Kommt eine laue Sommernacht dazu, mit gelbem Mond und Sternen so nah, dass man sie mit einer Steinschleuder treffen könnte, kommt man sich vor, als wäre man im Paradies. Wird das Ganze durch eine lebenslange Freundschaft ergänzt, kann man getrost den Konjunktiv streichen.
Das wissen beide.
Sie schweigen und genießen.
Als sie aufgegessen haben, fragt Dave: »Und wie läuft’s mit Pete?«
»Ganz gut.«
»Hast du den Deal schon perfekt gemacht?«
Boone antwortet nicht und sie lachen. Das ist ein alter Witz zwischen ihnen. Obwohl am Line-up ständig über Sex geredet wird, macht niemand den Mund auf, wenn es um bestimmte Frauen geht. Das tut man einfach nicht.
»Wenn du den Deal perfekt machst«, sagt Dave, »ist es sowieso vorbei.«
»Danke für die guten Wünsche.«
»Nein«, sagt Dave, »ich meine, jetzt habt ihr noch dieses ganze Ding, von wegen Gegensätze, die sich anziehen, eine sexuelle Spannung, die für euch arbeitet. Wenn die erst mal wegfällt … adios, mein Freund.«
»Ich weiß nicht«, sagt Boone.
»Wach auf«, sagt Dave. »Du und die Britenbraut, ihr seid total S.F.U.«
»S.F.U.?«
»Sozial und finanziell unverträglich«, erläutert Dave. »Sieist Downtown, du bist Pacific Beach. Sie isst gerne in teuren Restaurants, du stehst auf Jeff ’s Burger oder Wahoos. Sie fährt ab auf gute Küche, den angesagtesten Küchenchef, Degustationsmenüs, Fusion; dir sind Fischtacos, gegrillter Thunfisch und Erdnussbutter mit Marmelade in einer Tortilla lieber. Sie will sich in Schale schmeißen und ausgehen, du ziehst was Bequemes an und bleibst zu Hause …«
»Reicht, hab’s kapiert.«
»Das ist nur die soziale Seite, zur ökonomischen bin ich noch gar nicht gekommen«, sagt Dave. »Sie verdient an einem Tag mehr als du im ganzen Monat.«
»Es gibt Monate, in denen verdiene ich gar nichts.«
»Monate, in denen sie nichts verdient, gibt es nicht«, sagt Dave. »Du hast nicht die Kohle, sie dorthin auszuführen, wo sie gerne hingeht, und du wirst es dir nicht gefallen lassen, dass sie jedes Mal die Rechnung begleicht, egal für wie emanzipiert du dich hältst. Im Moment hält sie das alles noch für ganz befreit und postfeministisch, aber wenn dein Brett und ihre Welle erst Mal aufeinanderklatschen, wird es nicht lange dauern, bis sie sich fragt – und all ihre Kollegen und Kolleginnen werden sie dazu drängen –, ob du S.F.U. bist.«
Boone macht zwei weitere Biere auf und gibt Dave eins davon.
»Mahalo«, sagt Dave und dann: »Ich garantiere dir, eines Tages liegt ihr postkoital erschöpft auf dem Bett und sie wird ganz sachte die Möglichkeit in Betracht ziehen … nein, ich kann nicht.«
»Komm schon, spring.«
»Sie wird dich fragen, ob du nicht glücklicher wärst, wenn du Jura studieren würdest.«
»Um Gottes willen, Dave!«
»Und an diesem Tag, mein Freund«, sagt Dave, »wirst du Leine ziehen. Du bleibst nicht mal lange genug, um dichanzuziehen und deine Klamotten einzusammeln – ein neues T-Shirt kannst du dir immer besorgen. Du paddelst zurück, schlägst wild mit den Armen um dich wie ein ertrinkender Vollidiot, und alle kommen angerast und retten dich.«
»Das wird nicht passieren«, sagt Boone.
»Mh-hm.«
Jura? Jura?, denkt Boone. Der erste Schritt zum Anwalt? Jeden Tag in Anzug und Krawatte um neun Uhr im Büro erscheinen? Den ganzen Tag in Akten wühlen und mit Leuten streiten. Mit Leuten, denen streiten Spaß macht?
Entsetzlich.
Sie bleiben ein paar Minuten schweigend sitzen, trinken Bier, genießen die Nacht und die warme salzige Luft.
Der Sommer nähert sich allmählich seinem Ende, und mit ihm werden auch die träge See und die matten Tage verschwinden. Die Santa-Ana-Winde werden hereinwehen, die Brandung und die Feuergefahr zunehmen, und dann kommen die großen Wellen des Herbstes und kälteres Wetter und die Luft wird abkühlen und aufklaren.
Trotzdem haftet
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