Pacific Paradise - Boone Daniels 2
schafft es nicht, hier vorbeizufahren, ohne dass es ihm zu Herzen geht. Die Stelle ist so unfassbar schön, dass er sich wirklich glücklich schätzt, hier leben zu dürfen. Ein bisschen hebt das seine Laune und lässt ihn einen Moment lang vergessen, dass er gleich etwas tun wird, das er eigentlich nicht tun möchte.
In nördlicher Richtung auf der Torrey Pines Road, dann über den Camino Del Mar – so hat die Stadt Del Mar den Pacific Coast Highway genannt –, dann einen steilen Hügel hinauf, weg vom Ozean. Donna geht über ›Los‹, zieht zweihundert Dollar ein und landet auf einem Feld mit der Aufschrift Cuchara Drive 1457.
Als Boone die blinkenden roten Punkte auf seinem Navigationsgerät einholt und langsam die teure Vorortstraße entlangrollt, parkt ihr Wagen schon in der Einfahrt. Wer in einer solchen Gegend wohnt, hat Kohle – nicht unbedingt so viel wie Dan Nichols, aber schon ganz ordentlich. Viele Möglichkeiten auf der Straße zu parken gibt es hier nicht, und weil Boone nicht will, dass Donna den Deuce entdeckt, ist er froh, ein Stückchen weiter auf der gegenüberliegenden Seite einen freien Parkplatz zu finden.
Er kann Donna durch das Wohnzimmerfenster sehen, sie sitzt auf dem Sofa und genehmigt sich einen Drink. Neben ihr sitzt ein Mann, aber Boone sieht ihn nicht richtig. Boone rutscht tiefer und richtet das Abhörmikrophon auf das Haus.
Er prüft die Anzeige des Aufnahmegeräts, um sich zu vergewissern, dass er auf Empfang ist, und wartet. Es bringt nichts, ihnen beim Small Talk zuzuhören – das ist dann sowieso alles auf Band. Ein paar Minuten später steht sie auf. Das Licht im Wohnzimmer geht aus und ein anderes Licht, wahrscheinlich das im Schlafzimmer, geht an.
Boone setzt den Kopfhörer auf, um sich zu vergewissern, dass der Signalempfang deutlich ist.
Das ist er.
Es ist schrecklich.
Richtig schrecklich.
Boone fühlt sich wie ein minderbegabter, stummelschwänziger, aus dem Mund stinkender, wichsgesichtiger Resteficker, während er den Klängen ihres Liebesspiels lauscht. Donna mag’s dreckig – oder vielleicht denkt sie auch nur, dass der Typ drauf steht –, jedenfalls zeichnet das Band vor allem ihre Stimme auf. Kein Zweifel, dass sie es ist – und Boone ist froh, dass Dan es nicht hören muss.
Es tut ihm leid, dass er es selbst hören muss, aber so ist das nun mal. Möglicherweise kann er dadurch verhindern, dass Dan reinhören will. Er weiß jetzt schon, wie das Gespräch laufen wird:
»Boone, bist du sicher?«
»Ich bin sicher.«
»Vielleicht haben sie ja auch was ganz anderes gemacht.«
Zum Beispiel gemeinsam gestrickt, »Nur die Liebe zählt« im Fernsehen gesehen oder zusammen getischlert …
»Dan, ich hab’s gehört. Es war unverkennbar.«
Also hört er zu.
Der Kerl ist auch recht mitteilsam, sagt immer wieder ihren Namen und Boone nimmt den Kopfhörer ab, als wirklich keinerlei Zweifel mehr daran bestehen kann, was die beiden treiben. Er will damit nicht mehr zu tun haben als unbedingt notwendig.
Ihm fällt wieder ein, weshalb er Ermittlungen wegen Verdachts auf Ehebruch so hasst.
Sein Handy klingelt. Es ist Petra.
»Hallo, was machst du denn gerade?«
»Ich arbeite.« Du kennst uns superentspannte Surfjunkies doch – immer auf Achse. Unsere Wut treibt uns an.
Mit ungewohnt unsicherem Ton in der Stimme sagt Petra: »Tut mir leid, wegen heute Morgen, ehrlich. Ich habe mich danebenbenommen, es steht mir nicht zu …«
»Vergiss es.«
Verlegenes Schweigen, dann sagt Petra: »Na, und hast du Lust auf eine Pause oder so? Wir könnten uns einen Kaffee holen oder …«
»Ich observiere.«
»Ach so.«
»Ja. Ich kann hier nicht weg.«
»Na ja, ich könnte ja zu dir kommen«, sagt Petra. »Dir was mitbringen.«
»Das klingt echt verlockend«, sagt Boone. »Aber Pete, es heißt nicht ohne Grund Privatdetektiv.«
»Oh, ach so, natürlich. Tut mir leid. Dumm von mir.«
»Nein, nein. Aber es ist halt diese Sorte Fall.«
»Verstehe.«
Sei kein Arsch, denkt Boone. Sie hat gesagt, dass es ihr leid tut, was willst du noch? Hör auf, dich wie ein Riesenbaby zu benehmen. Also sagt er. »Wie wär’s mit morgen Abend? Ich glaube, mit dem Job bin ich bald durch, wahrscheinlich hab ich morgen frei.«
»Wir können ja sehen«, sagt Petra. »Ich weiß gerade garnicht, was bei mir im Terminkalender steht. Wobei, jetzt wo ich darüber nachdenke, kann sein, dass ich morgen schon mit ein paar Freunden verabredet bin. Feinschmecker … Dinner im Gaslamp District,
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