Pacific Paradise - Boone Daniels 2
sagt: »Ach, du Scheiße.« Allerdings, ach, du Scheiße.
80
Johnny Banzai wird gerufen.
Ehrlich gesagt ist er fast erleichtert, dass es nicht schon wieder ein Bandenmord ist, kein weiteres Abfallprodukt der Umstrukturierung des Baja-Kartells. Auf der anderen Seite sorgt der Mord an einem weißen Mann mittlerenAlters in einer hübschen Wohngegend in Del Mar für mehr Aufregung als tote mexikanische Gangster im Barrio Logan.
Er hält vor dem Cuchara Drive 1457.
Die Nachbarn warten auf dem Bürgersteig, wirken beunruhigt. »So was passiert hier normalerweise nicht« steht in ihren Gesichtern geschrieben. Ja, tut es aber eben doch, denkt Johnny, als er aus dem Wagen steigt. Gangster hacken sich gegenseitig die Köpfe ab, Surfer erschlagen andere Surfer, in »anständigen« Vierteln werden Männer erschossen, und all das findet hier statt.
»Wird eine schöne Scheiße werden«, brummt Harrington, als sie zum Haus hoch gehen.
Ganz genau, denkt Johnny. Die jüngste Mordwelle in San Diego ist schlecht für eine Stadt, die vom Tourismus lebt. Der Stadtrat beschuldigt den Bürgermeister, der Bürgermeister schiebt die Schuld auf Mary Lou, Mary Lou übergibt an den Polizeichef und von dort sickert die ganze Scheiße zu mir runter. Warum, fragt er sich in einem seltenen Anfall von Selbstmitleid, müssen sich die Leute ausgerechnet dann abschlachten, wenn ich Dienst habe?
Das Opfer liegt auf dem Rücken im Wohnzimmer.
Ein Einschussloch auf der Stirn, die Kugel wurde aus nächster Nähe abgefeuert.
Harrington untersucht die Haustür. Er sieht zu Johnny runter, der neben der Leiche hockt und schüttelt den Kopf. Sie arbeiten schon eine ganze Zeit lang zusammen, deshalb weiß Johnny, was das bedeutet – es gibt keine Einbruchsspuren an der Tür.
Das Opfer hat den Mörder hereingelassen.
»Eins, zwei, drei, aus und vorbei«, sagt Harrington.
Hat ganz den Anschein, denkt Johnny angesichts der Position der Leiche. Das Opfer hat die Tür geöffnet, der Schütze hat die Waffe gezogen, das Opfer gezwungen, einige Schritte zurückzuweichen, und geschossen. Kein plötzlicher,durch die Augusthitze bedingter Gewaltausbruch, sondern ein geplanter, »kaltblütiger« Mord.
Trotzdem, nach einem Auftragsmord sieht es nicht aus. Bestellte Killer erschießen die Zielperson normalerweise nicht zu Hause, sondern eher am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin. Und normalerweise nehmen sie die Leiche mit, verklappen oder vernichten sie irgendwo.
Womit wir’s hier zu tun haben, ist also wahrscheinlich ein Amateur, höchstwahrscheinlich ein Morddebüt von jemandem, der wütend genug war, eine Entscheidung zu treffen und durchzuziehen.
Die Jungs von der Spurensicherung treffen ein, Johnny macht ihnen Platz und geht nach draußen auf die Straße, um Harrington bei der Zeugenbefragung zu helfen. Nachbarn stehen auf jeden Fall genug herum, aber die meisten haben nichts von Belang zu erzählen.
Ein paar haben den Schuss gehört und die Notrufnummer gewählt.
Niemand hat jemanden kommen oder gehen sehen.
Ein älterer Mann von schräg gegenüber sagt, er habe kürzlich ein »komisches« Fahrzeug hier im Viertel gesehen.
Einen alten Dodge-Van.
Aus Angst vor Einbrechern hat er vorsorglich die Zulassungsnummer notiert.
Johnny kennt sie.
Das Boonemobil II.
Das heißt, der Deuce.
81
»Sunny! Hey!«
»Selber Hey! Was geht?« »Nicht viel«, sagt Boone. »Wo bist du?«
»Bondi Beach, Australien«, sagt sie. »Dachte, ich ruf mal an.«
Es ist toll, ihre Stimme zu hören. »Wie spät ist es da unten?«
»Ich weiß nicht«, sagt Sunny. »Hör mal, hab ich einen schlechten Zeitpunkt erwischt? Hast du was vor oder so?«
Frauen sind der Hammer, denkt Boone. Von wegen technisch ausgeklügelte Spionagegeräte – sie ist auf der anderen Seite der verdammten scheiß Erde und riecht übers Telefon, dass ich ein Date habe. Er würde nein sagen, aber sie haben schon seit langem verabredet, sich niemals anzulügen, also sagt er gar nichts.
»Du hast was vor, stimmt’s?«, fragt sie. »Um … äh, zehn Uhr abends? Boone, Baby, das endet in der Kiste.«
»Ich weiß nicht.«
»Wer ist es?«, fragt sie. »Die englische Betty? Wie heißt sie noch mal?«
Boone weiß, dass Sunny weiß, wie sie heißt. Aber er sagt: »Petra.«
»Und charmant, wie du bist, nennst du sie ›Pete‹«, sagt Sunny. »Ich wette, da steht sie drauf. Kann sich so richtig schön mädchenmäßig fühlen. Die ist es, stimmt’s?«
»Hör mal, das kostet dich ein
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