Pacific Paradise - Boone Daniels 2
haben ›Gelegenheit‹ und ›Mittel‹. Uns fehlt nur noch das Motiv, und das werden wir auch finden. Also halt einfach dicht bis zur Verhandlung und geh den Geschworenen richtig schön auf die Nüsse. Bitte.«
Sieht Harrington ähnlich, denkt Boone, sein Blatt total zu überschätzen. Mag sein, dass er was in der Hand hat – er kann nachweisen, dass Boone vor Scherings Haus gesehen wurde. Aber er hat keine Tatwaffe und wenn er eine findet, kann er sie unmöglich mit mir in Verbindung bringen. Was das Motiv angeht, es gibt keins, auch davon kann er sich verabschieden. Nein, Harrington reißt voreilig das Maul auf und Boone sieht sogar Johnny Bs Pokerface an, dass er genervt ist. Die sind weit davon entfernt, mich als Mordverdächtigen dingfest zu machen, und das wissen sie.
Johnny spielt die beste Karte aus, die er hat.
»Wenn du jemanden deckst«, sagt Johnny, »behinderst du laufende Ermittlungen in einem Mordfall, das wird dich mindestens deine Zulassung als Privatdetektiv kosten, selbst wenn du Glück haben und einer Anklage wegen Mordes entgehen solltest. Mach weiter so, Boone, dann bist du wegen Beihilfe dran.«
»Beihilfe, dass ich nicht lache«, sagt Harrington.
»Wenn du genug hast, um mich festzuhalten«, erwidert Boone, »dann tu’s. In dem Fall möchte ich einen Anwalt. Wenn nicht, dann gehe ich jetzt.«
Johnny schüttelt den Kopf.
»Bis später«, sagt Boone.
84
Boone tritt auf die Straße und geht rüber zum Taxistand vor dem US Grant Hotel. Er steigt in einen Wagen, legt den Kopf in den Nacken und atmet tief durch. Der Lauschangriff war schon schlimm genug, anderer Leute Sex mitschneiden, aber einen Mord einfädeln? Das ist eine komplett andere Sache, und er hätte nie geglaubt, dass er sich mal in so etwas verwickeln lassen würde. Es macht ihn gleichzeitig traurig und wütend.
Um die Uhrzeit braucht er nur wenige Minuten bis zu Nichols’ Haus. Boone bezahlt den Fahrer, steigt aus und klingelt. Dan kommt in T-Shirt und Jogginghose an die Tür und wirkt verschlafen.
»Boone, es ist ein bisschen …«
Boone packt ihn vorne am T-Shirt, drängt ihn ins Haus und tritt die Tür hinter sich zu. Er schiebt Dan in das riesige Wohnzimmer, drückt ihn über die Sofalehne und fragt: »Wo warst du heute Abend, Dan?«
»Was zum …«
»Wo du heute warst, Dan?«
»Hier«, sagt Dan. »Ich war hier.«
»Kannst du das beweisen?«
»Lass mich los, Boone.«
Boone lockert den Griff. Dan setzt sich aufs Sofa, reibt sich die Brust und sieht Boone leicht genervt in die Augen. »Was, glaubst du, wer du bist?«
»Ich bin der, den die Cops gerade am Wickel hatten«, sagt Boone, »weil sie dachten, ich hätte was mit dem Mord an Phil Schering zu tun.«
»Was?!«
Boone beobachtet ihn genau, sucht einen Ausdruck echter Überraschtheit in seinen Augen. Aber er kann nicht sagen, ob Dan wegen Scherings Tod geschockt ist oder deshalb, weil Boone so schnell davon erfahren hat. Aber geschockt ist er, daran besteht kein Zweifel.
»Schering wurde ermordet«, sagt Boone. »Warst du das?«
»Nein!«
»Du hast mich benutzt, hast mich den Liebhaber deiner Frau suchen lassen, damit du ihn umbringen kannst«, sagt Boone.
»Das würde ich nie tun, Boone.«
»Was?«
»Keins von beidem.«
Alles klar, denkt Boone. Am selben Tag, an dem er ihm mitteilt, dass Schering Donna poppt, wird Schering ermordet und Dan hat nichts damit zu tun?
»Blödsinn«, sagt Boone. »Ich hab dich angerufen, du bist ausgeklinkt, bist hingefahren und hast ihn erschossen. Wo ist die Waffe, Dan? Was hast du damit gemacht?«
»Nichts!«, schreit Dan. »Ich hab nie eine verfluchte Waffe besessen!«
»Zieh dir Schuhe an.«
»Wozu?«
»Ich bring dich aufs Revier«, sagt Boone. »Das kannst duden Bullen selbst erklären, dass du noch nie eine Waffe besessen hast.«
Dan erzählt Boone seine Geschichte.
Nach Boones Anruf ging er erst mal was trinken. Brütete ein bisschen, dachte noch mal über alles nach. Dann ging er nach Hause. Donna war da. Er stellte sie zur Rede, erwähnte aber die Aufnahmen nicht. Sie gab sowieso gleich alles zu.
Sie hatte Schering kennengelernt, als sie mit ihrer Freundin Renee bei Jake’s on the Beach in Del Mar Mittag essen war. Er hatte mit einigen Geschäftspartnern an einem anderen Tisch gesessen, und sie waren einander aufgefallen. Zunächst war es nur ein Blick gewesen, dann hatte sie zurückgelächelt. Sie hatten sich immer häufiger heimlich Blicke zugeworfen, bis das Essen vorbei war. Als sie draußen
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