Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
einem Tag auf den anderen war niemand mehr bereit, für Landparzellen, die eben noch Hunderte Dollar wert gewesen waren, auch nur 25 Dollar auszugeben. Das San Diego College of Letters schloss seine Pforten und der American Driving Park fiel allmählich der salzigen Luft, der heißen Sonne und dem allgemeinen Niedergang zum Opfer.
Wyatt Earp zog weiter nach Los Angeles.
Ein paar engagierte Sturköpfe behielten ihre Grundstücke und bauten Cottages, von denen sich einige bis heute zwischen den Hotels und Eigentumswohnanlagen halten, die den Ocean Boulevard wie Festungen säumen. Größtenteils aber ging Pacific Beach den Bach runter.
Wie heißt es so schön? Wenn du glaubst, es geht nicht mehr, kommt irgendwo ein Lichtlein her.
Oder ein Zitronengarten.
Die Stadtplaner von Pacific Beach hatten kaum etwas außer Erde und Sonne, und der Garten gedieh. Um die Jahrhundertwende erklärte sich die Gemeinde selbst zur »Welthauptstadt der Zitronen«. Eine Zeit lang funktionierte das. Dort, wo heute Häuserreihen stehen, wuchsen die Zitronenbäume, bis verbilligte Schifffahrtspreise und gelockerte Einfuhrgesetze Sizilien zur Weltzentrale der Zitronen machten. Die Zitronenbäume von Pacific Beach waren nicht mehr das Wasser wert, das zu ihrer Pflege benötigt wurde, und die Gemeinde musste wieder nach einer neuen Identität suchen.
Earl Taylor entdeckte sie. Earl kam 1923 aus Kansas und kaufte Land. Er baute den alten Dunaway Drugstore, der sich heute an der Ecke Cass Street und Garnet Avenue befindet, eine Straßenecke weiter östlich von Boones derzeitigem Büro, und eröffnete noch eine Reihe anderer Geschäfte.
Dann lernte er Earnest Pickering kennen, die beiden taten sich zusammen und bauten Pickering’s Pleasure Pier.
Pleasure Pier, ganz genau.
Am Ende der heutigen Garnet Avenue stach der Pier in den Ozean, aber es war kein Pier, an dem Schiffe anlegten; es war ein Pier fürs, na ja … Vergnügen eben – mit allerhand Rummelattraktionen, billigem Essen und einem Ballsaal mit Korkboden.
Am 4. Juli 1927 wurde der Betrieb mit Flaggen, Fanfaren und Feuerwerk eröffnet und war ein Riesenerfolg. Und weshalb auch nicht? Die Idee war wunderbar schlicht und hedonistisch – die Schönheit des Ozeans in Verbindung mit einem Strand voller Frauen in »Schwimmanzügen«, ungesundem Essen und den nächtlichen Vergnügungen der wilden Zwanziger: illegaler Alkohol, Jazz, Tanz und anschließend Sex in den Strandhotels, die links und rechts des Piers wie Pilze aus dem Boden schossen.
Alles war gut, nur hatten Earl und Earnest vergessen, die Pfahlkonstruktion unter dem Pier mit Teeröl zu versiegeln, weshalb »schwimmende Parasiten« die Dinger auffraßen (böse Zungen behaupten, Pacific Beach leide immer noch unter dem Befall schwimmender Parasiten – womit die Surfer gemeint sind). Pickering’s Pleasure Pier bröselte in den Ozean und musste nur ein Jahr nach seiner Eröffnung aus Sicherheitsgründen schließen. Die Party war vorbei.
Mit unfehlbarem Sinn für genaues Timing rappelte sich Pacific Beach gerade rechtzeitig zu Beginn der großen Wirtschaftskrise wieder auf.
Abermals wurden Zelte errichtet, aber die Wirtschaftskrise traf San Diego nicht so schwer wie den Rest des Landes, weil der Marinestützpunkt im Hafen die Arbeitslosigkeit senkte. Und viele liebten Pacific Beach damals gerade deshalb, weil es gewisse Dinge dort nicht gab: viele Menschen, Häuser, Verkehr. Sie liebten PB, weil es eine verschlafene,freundliche kleine Stadt mit einem der besten Strände der Vereinigten Staaten war. Der Strand war kostenlos und für jedermann frei zugänglich, es gab keine Hotels oder Eigentumswohnanlagen oder abgesperrte private Zufahrtsstraßen.
Es war eine Nase, die Pacific Beach dann für immer veränderte.
Um genau zu sein, die empfindliche Nase von Dorothy Fleet.
1935 befand sich ihr Ehemann Reuben im Besitz eines Unternehmens namens Consolidated Aircraft, das im Auftrag der Regierung der Vereinigten Staaten Wasserflugzeuge entwarf und baute. Das Problem war nur, dass das Unternehmen in Buffalo saß und man Wasserflugzeuge schlecht auf Wasserflächen landen lassen konnte, die meistens vereist waren. Also beschloss Reuben, den Firmensitz ins warme, sonnige Kalifornien zu verlegen, und stellte seine Frau Dorothy vor die Wahl zwischen San Diego und Long Beach. Dorothy mochte Long Beach wegen der »stinkigen Ölquellen« in der Nähe nicht und entschied sich für San Diego. Fleet baute seine Fabrik auf einem Gelände in
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