Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
der Nähe des Flughafens, wo er und seine achthundert Angestellten die großartige PBY »Catalina« entwickelten.
Flugzeuge hatten großen Anteil an der Entstehung des modernen Pacific Beach, denn die japanischen Bomber, die Pearl Harbor trafen, ließen die Consolidated-Fabrik zu Hochtouren auflaufen. Fleet, der sich nun plötzlich mit der Aufgabe betraut sah, Tausende von Catalinas sowie den neuen B-24-Bomber herzustellen, holte ebenso viele Arbeiter nach Pacific Beach – Anfang 1942 waren es 15 000, bei Kriegsende 45 000. Sie arbeiteten rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, und lieferten während des Kriegs 33 000 Flugzeuge aus.
Irgendwo mussten die Arbeiter leben, und dieGrundstücke in Pacific Beach waren der perfekte Ort für rasch hochgezogene billige Unterkünfte.
Und es gab nicht nur Consolidated Aircraft, denn San Diego war Hauptquartier der Pazifikflotte geworden, und so verwandelte sich das Gebiet zwischen den Marinestützpunkten im Hafen von San Diego und den Ausbildungszentren in Elliott und Pendleton in eine einzige Militärstadt. Die Einwohnerzahlen kletterten von 200 000 im Jahr 1941 auf 500 000 nur zwei Jahre später. Die Regierung ließ in Pacific Beach eine Reihe von Wohnsiedlungen bauen – Bayview Terrace, Los Altos, Cyanne –, und viele der Männer und Frauen, die ursprünglich nur vorübergehend dort leben wollten, reisten nie wieder ab. Viele Matrosen und Marinesoldaten, die ihre Einsätze an der Pazifikfront vor oder hinter sich hatten und in San Diego zwischenstationiert waren, kamen später wieder und bauten sich dort ein neues Leben auf.
Wenn man sich vom Strand aus ins Landesinnere bewegt, spürt man, wie lebendig die Arbeitermentalität in weiten Teilen von PB noch immer ist – anders beispielsweise als in La Jolla, dem schicken nördlichen Nachbarort – und wie viel von dem auf Gleichheitsprinzipien pochenden Selbstverständnis überlebt hat, das aus jenen vom Krieg überschatteten Tagen der beengten Wohnverhältnisse, Lebensmittelrationierungen und Hinterhofpartys stammt. Die Einwohner von PB, bekannt für ihre Gelassenheit, stören sich nicht im Geringsten daran, dass zwei ihrer Hauptstraßen eigentlich falsch geschrieben werden: Felspar müsste Feldspar und Hornblend Hornblende heißen, aber sofern sie es überhaupt wissen, ist es ihnen egal (so viel zum San Diego College of Letters). Sowieso weiß keiner, warum die wichtigsten Ost-West-Achsen der Stadt nach Edelsteinen benannt wurden. Ein halbherziger Versuch vielleicht, PB als Juwel an der Westküste zu preisen. Übrigens erkennt man Einheimischean der Aussprache der Garnet Avenue. Wer Garnet korrekt auf der ersten Silbe betont, gibt sich unverzüglich als Zugereister zu erkennen, denn die Einheimischen sagen allen Regeln zum Trotz »Garnette«.
So oder so – fährt man auf der Garnet Avenue in westlicher Richtung, stößt man direkt auf Pickerings alten Pleasure Pier, der jetzt Crystal Pier heißt und ebenfalls zu den Wahrzeichen von PB gehört, die durch Catalina und B-24 einen neuen Aufschwung erfuhren. Mittelgang und Ballsaal verschwanden und wurden von weißen Häuschen mit blauen Dächern abgelöst, die den Pier an seiner Nord- und Südkante säumen und weiter draußen den Fischern den Platz überlassen, die, wie man hört, gelegentlich auch mal Surfer am Haken haben, die zwischen den Pfählen hindurchgleiten wollten.
Aber Spaß und Vergnügen sind als Konzept geblieben.
PB ist der einzige Strand in Kalifornien, an dem man noch trinken darf. Zwischen der Mittagszeit und zwanzig Uhr abends darf man sich unverzagt einen auf die Lampe gießen, was PB zur Partystadt der Vereinigten Staaten in der Kategorie Strand werden ließ. Hier ist immer Party: am Strand, an der Strandpromenade, in den Bars und den Clubs an der Garnet zwischen Mission Boulevard und Ingraham Street.
Die einschlägigen Hotspots heißen Moondoggies, PB Bar & Grill, Tavern und Typhoon Saloon, der Sundowner gehört auch dazu. Am Wochenende – eigentlich an allen Abenden im Sommer, Frühjahr und Herbst – ist Garnet Avenue rappelvoll mit jungen Menschen, viele davon Einheimische, aber auch jede Menge Touristen, die in Deutschland, Italien, England, Irland, Japan oder Australien von der Party gehört haben. Man stelle sich eine betrunkene, rallige Versammlung von Vertretern der Vereinten Nationen vor, dann weiß man, dass die Barleute auf der Garnet Avenue vermutlich schon mehr zum Weltfrieden beigetragen haben als jederBotschafter, der je draußen
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