Pacific Private - Winslow, D: Pacific Private
bekommt, eines der vier Dinge zu tun.
»Aber beunruhigt Sie der Gedanke nicht, dass Sie schlafen könnten, wenn Teddy zurückkommt?«, fragt Petra.
»Nein«, sagt Boone, »Sie werden mich ja wecken.«
»Was, wenn ich auch einschlafe?«
Boone lacht.
»Was, wenn …«
»Sie sollten sich diese Was-wenns abgewöhnen«, sagt Boone. »Die bringen Sie noch um.«
52
Sunny breitet die Matte auf dem sauber gewienerten Boden ihres kleinen Hauses in Pacific Beach aus und legt sich hin.
Der alte Bungalow liegt nur einen halben Straßenzug vom Strand entfernt. Es war das Haus ihrer Großeltern. Sie hatten es in den zwanziger Jahren gekauft, als sich normale Menschen noch leisten konnten, so zu leben. Ihr Großvater war vor langer Zeit gestorben. Ihre Großmutter erst vor wenigen Jahren, nach einem langen, traurigen Kampf gegen Alzheimer.
Eleanor Day war eine bemerkenswerte Frau gewesen. Sunny erinnert sich gerne an lange Strandspaziergänge mit ihr und daran, wie sie zusammen Sandburgen bauten und ihre Großmutter Sunny ihr erstes Surfboard kaufte und sie »Gidget« nannte, nach dem Mädchen aus dem Fernsehen. Sunny liebte es, bei ihrer Grandma am Strand zu wohnen. Für sie war es der schönste Ort auf Erden.
Sunny besuchte sie oft im Heim. An manchen Tagen wusste Eleanor, wer Sunny war. An anderen verwechselte sie ihre Enkelin mit ihrer Tochter oder ihrer Schwester oder einer alten Freundin aus dem College. Sunny machte das traurig, aber es hielt sie nicht davon ab, sie zu besuchen.
Sunny wusste ja, wer Eleanor war.
Sunny wohnte in einem kleinen Apartment, als sie die Nachricht erhielt, dass ihre Großmutter gestorben war. Die Dawn Patrol kam zur Beerdigung, und niemand war überraschter als Sunny, als ihr der Notar erklärte, sie habe den alten Bungalow geerbt.
Ihre Großmutter hatte gewollt, dass Sunny ihn bekam, weil sie wusste, dass sie sich darüber freuen würde.
Und natürlich freute sie sich.
Er steckt für sie voller Erinnerungen, voller Liebe.
Jetzt holt sie ein paar Mal tief Luft und beginnt mit den Pilatesübungen, die zu ihrem täglichen Tagesablauf gehören.Eine Stunde lang ist sie konzentriert bei der Sache – dehnen, drehen, anstrengende Aerobicübungen, zum Abschluss wieder dehnen.
Dann geht sie zu dem alten Surfboard, das sie auf zwei Ziegelsteine gelegt hat. Sie legt sich auf das Board, springt auf die Knie, anschließend sofort auf die Füße. Sie legt sich wieder hin. Hundert Mal macht sie das, bis die Bewegung so geschmeidig, kraftvoll und automatisch wie möglich abläuft. Ihr Herz klopft, ein feiner Schweißfilm bedeckt ihre Haut, sie geht zu den Gewichten und hebt einige davon an, arbeitet zuerst mit ihrem Oberkörper und den Armen. Zum Paddeln und für die plötzlichen Tempowechsel, wenn man auf eine große Welle steigt, braucht man Kraft in den Armen und der Schulter. Dann arbeitet sie mit der Trapez- und der Nackenmuskulatur, wodurch sie im schlimmsten Fall, wenn sie kopfüber durchgeschleudert wird, verhindern kann, dass sie sich das Genick bricht.
Danach bindet sie sich Gewichte an die Fußknöchel und hebt im Liegen die Beine an, nimmt eine Langhantel und macht Kniebeugen und stärkt so ihren Quadriceps femoris, ihre Waden und Oberschenkel, was ihr hilft, sich bei großen Wellen auf dem Brett zu halten. Beim Schwimmen sind ihre langen Beine ein Vorteil, aber sie werden zum Nachteil, wenn es darum geht, Halt auf dem Brett zu finden. Sie muss darauf achten, dass sie stahlhart sind.
Sunny ist eine wunderbar durchtrainierte Athletin: Sie ist 1,80 Meter groß, kräftig gebaut, sie hat die breiten Schultern einer Schwimmerin, so gut wie kein Körperfett und dazu diese wahnsinnig langen Beine.
»Du bist eine Gazelle«, sagte Dave the Love God einmal, als er sie beobachtete, wie sie aus dem Wasser kam.
»Keine Gazelle«, korrigierte ihn Boone. »Eine Löwin.«
Sunny hatte Boone immer dafür geliebt, dass er das gesagt hatte. Na ja, wegen einer Menge Dinge, aber das hätte schon ausgereicht, ihn zu lieben.
Sie hält ihren Körper mit Laufen, Schwimmen, Gewichtheben und Dehnübungen einwandfrei in Schuss. Um ehrlich zu sein, der ideale Surferkörper ist es nicht. Die meisten Weltklassesurferinnen sind kleiner und kompakter gebaut – sie haben es leichter, das Gleichgewicht zu bewahren und die blitzschnellen Wendungen und Umsetzungen zu bewerkstelligen, mit denen man Wettkämpfe gewinnt.
Aber Sunny hat vor, ihre Größe zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Ein großer Körper, denkt sie,
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