Päpste pupsen nicht (German Edition)
die Pasta geschmuggelt und die hat dann in der Wirkung nachgelassen. Aber wahrscheinlich war das wirklich nur ein Trick von ihm, um zu zeigen, dass er über allen anderen steht. Keine Ahnung. Was gibt’s denn zu essen?«
Ich blieb auf dem Teppich sitzen.
Es wurde immer sonderbarer. Nicht nur, dass die Stare Figuren flogen, als trainierten sie für eine Kunstflugstaffel. Jetzt brachten sie auch noch alles durcheinander. Der Ministerpräsident hatte kurz vergessen, wer er sein wollte. Und war stattdessen einfach so gewesen, wie er wirklich war. Die Welt hatte begonnen, sich auf den Kopf zu stellen. Dann nahm ich das Telefon und verschwand in meinem Zimmer.
»Hallo, hier Smilla … Kann ich Eloise sprechen? Danke.«
»Ja?«
»Hast du gerade ferngesehen? Nein?« Ich erzählte ihr alles, was ich gerade im Fernsehen mitbekommen hatte. »Und dann warnte er die Leute davor, ihm ihre Stimme zu geben, stell dir das mal vor.«
»Lustig. Aber was hat das mit den Starenschwärmen zu tun?«
»Okay. Klar, das habe ich vergessen: Es hat gerauscht, der Ministerpräsident hat kurz hochgeschaut und etwas gesehen. Dann ging es los. Das müssen die Vögel gewesen sein. Irgendwas geht da vor.«
Kleine Pause. Dann hörte ich im Hörer:
»Das kann doch nicht sein, oder?«
»Smilla?!« Das war Papa, der gerufen hatte. »Hast du das Telefon? Wie oft hab ich dir schon gesagt …« Den Satz brauche ich wohl nicht weiterschreiben. Papa schien es jedenfalls ziemlich eilig zu haben mit seinem Telefonat.
Am nächsten Morgen stand ich wieder am Müllcontainer und wartete auf den Schulbus aus dem Vatikan. Francesco machte seine Pförtnerloge auf und die dicke Frau mit dem Hund schleppte sich über den Bürgersteig. Dann kam Benito. Er hatte einen blauen Turnbeutel dabei und konnte mich hinter dem Container nicht sehen. Aber ich sah ihn. Ich beobachtete, wie er auf die Uhr schaute, stehen blieb und etwas aus seinem Schulranzen hervorzog: eine Art Karte, einen Stadtplan vielleicht.
»Ey, Benito, kaum aus dem Haus und schon verlaufen? Zur Schule geht’s immer der Wampe nach«, rief ich über die Straße. Benito fand das nicht lustig. Ich hatte erwartet, dass er irgendetwas im Benito-Stil zurückbrüllen würde wie: »Wenn du fertig gefrühstückt hast, dann mach bitte den Deckel von der Mülltonne zu, Smiley. Es stinkt.« Aber es kam nichts. Benito verstaute seinen Stadtplan wieder in der Tasche und verschwand hastig in Richtung Via Ottaviano, zur Straßenbahn. Genau dahin, wo jetzt der Schulbus um die Ecke kam.
Eloise saß wie immer auf der hintersten Bank und war unausgeschlafen. Ein Müllauto der Stadtreinigung versperrte die Straße und hievte mit großem Radau einen Container hoch. »Ich habe nie verstanden, weshalb Leute es immer so sauber haben wollen. Dabei geht das überhaupt nicht«, sagte sie.
»Wie meinst du das?«
»Es geht nicht. Wenn man einen Teller Pasta isst, wird der Teller schmutzig. Wenn man den Teller mit einer Papierserviette sauber macht, wird die Serviette schmutzig und dann der Mülleimer, in den du die Serviette reinwirfst. Und wenn der Mülleimer entleert wird, wird die Müllabfuhr schmutzig.«
»Du kannst den Teller ja auch abwaschen«, sagte ich.
»Klar, aber dann wird das Wasser schmutzig und die Spülbürste auch. Das heißt also: Man kann nichts richtig sauber halten. Der Schmutz wandert nur.«
Ich schaute aus dem Busfenster und war froh, so eine Freundin zu haben. Schmutz, der immer nur herumwandert – das konnte nur Eloise einfallen. Als wir über den Tiber fuhren, stand da eine Gruppe Männer am Zeitungskiosk und brüllte sich wild herumfuchtelnd an. Jedenfalls sah es so aus. Wahrscheinlich redeten sie nur über Fußball. Gestern hatten die zwei wichtigsten Klubs der Stadt gegeneinander gespielt, und das ist für die Römer der wichtigste Tag des Jahres. So als hätte die ganze Stadt im Lotto gewonnen – oder verloren. Je nachdem. Ich spiele auch gern Fußball, aber mit Jungs geht das nicht. Die brauchen nur einen Ball zu sehen und verwandeln sich in überdrehte Kampfroboter. Ich konnte die Schlagzeile der Zeitungen am Kiosk nicht lesen. Aber es musste irgendetwas passiert sein. Denn die Männer brüllten und fuchtelten jetzt auch an allen anderen Kiosken, an denen wir vorbeifuhren.
7. Kapitel
Ein Heiliger hat einen furchtbar schlechten Tag, und ich erfahre, dass auch Lehrerinnen ein Doppelleben führen
Die Schweizer Schule liegt in der Nähe vom römischen Hauptbahnhof, aber das merkt
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